Nachfolge durch Schenkung des Unternehmens (interne Nachfolge)

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1. Nachfolge frühzeitig planen

In tausenden Betrieben steht ein Generationswechsel an. Bei Familienunternehmen und inhabergeführten Firmen kommt vorrangig die Nachfolge durch ein Familienmitglied in Betracht, soweit ein geeigneter Kandidat (m/w/d) im Familienkreis vorhanden ist. 

Rechtlich umgesetzt wird die Nachfolge in diesem Fall regelmäßig durch Schenkung des Unternehmens. Hierzu wird ein Schenkungsvertrag (auch: Überlassungsvertrag) abgeschlossen. Dabei sollte der Inhaber (m/w/d) zugleich seine Altersversorgung regeln.

Wichtig ist, dass der Inhaber die Nachfolge rechtzeitig angeht, da von der Planung bis zur Umsetzung in der Regel bis zu 5 Jahre vergehen können.

Hierbei ist es von Vorteil, die Nachfolge durch Schenkung im Wege der vorweggenommenen Erbfolge zu Lebzeiten des Inhabers durchzuführen, und nicht erst durch Vererbung im Todesfall, da die Nachfolge zu Lebzeiten unter Einbeziehung aller Beteiligten bestmöglich rechtssicher gestaltet werden kann.

2. Steuern vermeiden

Da es bei einer Unternehmensnachfolge um erhebliche Vermögenswerte geht, sollte die Belastung mit Schenkungsteuer durch steuerliche Beratung und Gestaltung soweit möglich vermieden werden. Im Wesentlichen stehen hierfür zwei Instrumente zur Verfügung:

  1. die Freibeträge (§ 16 ErbStG) und
  2. die Verschonungsabschläge für Betriebsvermögen (§§ 13a-c ErbStG).

a. Freibeträge

Der Gesetzgeber gewährt bestimmte Freibeträge, auf die keine Schenkungsteuer anfällt. Die wichtigsten Freibeträge sind:

  1. Ehegatten/Lebenspartner: 500.000 EUR
  2. Kinder: 400.000 EUR
  3. Enkel: 200.000 EUR

Wissenswert ist, dass die Freibeträge alle 10 Jahre neu gewährt werden, sodass sie bei kluger Planung mehrfach ausgeschöpft werden können, z.B. durch schrittweise Übertragung des Vermögens.

b. Verschonungsabschläge für Betriebsvermögen

Um die Zerschlagung von Betrieben und den damit einhergehenden Verlust von Arbeitsplätzen aufgrund Belastung mit Erbschaftsteuer zu vermeiden, privilegiert das Gesetz in bestimmten Fällen die Übertragung von Betriebsvermögen.

Hierbei kann gewählt werden zwischen der Regelverschonung von 85% des Betriebsvermögens und der Optionsverschonung von 100% des Betriebsvermögens, wobei an letztere höhere Anforderungen gestellt werden.

Um die Verschonungsabschläge in Anspruch nehmen zu können, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt werden:

  1. die Lohnsumme fällt nicht,
  2. das Verwaltungsvermögen ist nicht zu groß, und
  3. die Behaltensfristen von fünf bzw. sieben Jahre werden eingehalten.

Für große Unternehmen ab einem Wert von 26mio EUR gelten Sonderregeln.

Soweit die Freibeträge für die Nachfolge nicht ausreichen, sollten die Voraussetzungen der Verschonungsabschläge und deren mögliche Gestaltbarkeit eingehend steuerlich geprüft werden.

3. Versorgung des Inhabers

Der Inhaber sollte im Rahmen der Übergabe unbedingt seine Altersabsicherung prüfen und bei Bedarf im Schenkungsvertrag regeln. Da bei einer Nachfolge im Familienkreis regelmäßig kein Kaufpreis gezahlt wird, kommen vor allem zwei mögliche Formen der Altersversorgung in Betracht:

  1. Rente:  der Nachfolger zahlt eine monatliche Rente an den Inhaber. Die Rente kann vertraglich an die Entwicklung der Inflation angeglichen werden, damit der Inhaber keine Kaufkraftverluste hinnehmen muss.
  2. Gewinnbeteiligung:  der Inhaber kann eine Gewinnbeteiligung an dem Unternehmen erhalten, z.B. durch Einräumung eines Nießbrauchs. Hierbei trägt der Inhaber sowohl die Chancen als auch die Risiken der geschäftlichen Entwicklung des übergebenen Betriebs.

Soll der Inhaber noch für eine gewisse Übergangszeit als Ansprechpartner zur Verfügung stehen, kann er einen Beratervertrag erhalten.

Details hierzu können Sie in diesem Rechtstipp nachlesen.

4. Übertragung des Unternehmens auf den Nachfolger

Das Unternehmen wird durch einen Schenkungsvertrag (auch: Übergabevertrag oder Überlassungsvertrag) auf den Nachfolger übertragen. Hinsichtlich der rechtlichen Umsetzung ist im Wesentlichen zwischen Einzelunternehmen und in Form von Gesellschaften (z.B. GmbH) organisierten Betrieben zu unterscheiden:

a. Einzelunternehmen

  1. Die zur Firma gehörenden Vermögensgegenstände werden einzeln auf den Nachfolger übertragen (sog. Asset Deal). 
  2. Für die Übertragung von Verträgen und Verbindlichkeiten ist es erforderlich, dass die die Vertragspartner bzw. Gläubiger zustimmen
  3. Es findet in der Regel ein sog. Betriebsübergang gem. § 613a BGB statt, bei dem die Mitarbeiter kraft Gesetzes auf den Nachfolger übergehen.
  4. In bestimmten Fällen kann es sich anbieten, das Unternehmen im Vorfeld in eine (haftungsbeschränkte) Gesellschaft umzuwandeln.

b. Gesellschaften

  1. Wird das Unternehmen durch eine Gesellschaft betrieben, ist es in der Regel sinnvoll, die Anteile an der Gesellschaft auf den Nachfolger zu übertragen (sog. Share Deal).
  2. Aufgrund der Anteilsübertragung kommt es zu einer Gesamtrechtsnachfolge. Hierbei übernimmt der Nachfolger den Betrieb mit sämtlichen Vermögensgegenständen, allen Verträgen sowie den Mitarbeitern.
  3. Sind an der Gesellschaft weitere Gesellschafter beteiligt, wird ggf. deren Mitwirkung für die Nachfolge benötigt, z.B. die Zustimmung zur Anteilsübertragung bzw. der Verzicht auf Vorkaufsrechte.

c. Form

Bei Einzelunternehmen ohne Grundbesitz, Anteilen an Personengesellschaften und Aktien genügt im Ergebnis grundsätzlich die privatschriftliche Form

Dagegen muss der Schenkungsvertrag bei GmbH-Anteilen und Einzelunternehmen mit Grundbesitz zwingend notariell beurkundet werden.

5. Minderjährige Nachfolger

Kinder bis 6 Jahre sind geschäftsunfähig und müssen durch ihre Eltern vertreten werden (§ 104 BGB). Im Alter zwischen 7 und 17 Jahren sind Kinder beschränkt geschäftsfähig und können nur dann selbst handeln, soweit das Geschäft lediglich rechtlich vorteilhaft ist, was bei einer Unternehmensnachfolge häufig nicht der Fall ist, sodass sie ebenfalls durch ihre Eltern vertreten werden müssen (§§ 106, 107 BGB). 

Im Bereich von Unternehmensnachfolgen ist das Vertretungsrecht der Eltern jedoch auf verschiedene Weise gesetzlich beschränkt:

a. Ergänzungspfleger

Insbesondere wenn die Eltern ebenfalls an dem Unternehmen beteiligt sind, können die Eltern nach dem Gesetz von der Vertretung ihres Kindes ausgeschlossen sein, sodass sie es nicht wirksam beim Abschluss des Schenkungsvertrages vertreten können (§§ 1629 Abs. 2, 1824 BGB). 

In diesen Fällen muss durch Antrag beim zuständigen Familiengericht für den Abschluss des Schenkungsvertrags ein Ergänzungspfleger bestellt werden. Hierbei können die Eltern Vorschläge für die Person des Ergänzungspflegers unterbreiten, denen das Gericht regelmäßig folgt.

b. Zustimmung des Familiengerichts

Unabhängig vom Erfordernis, ggf. einen Ergänzungspfleger bestellen zu müssen, muss die Nachfolge in bestimmten Fällen durch das Familiengericht genehmigt werden, insbesondere wenn der Nachfolger ein Erwerbsgeschäft oder Anteile an einer Personen- oder Kapitalgesellschaft erwirbt, die ein Erwerbsgeschäft betreibt (§§ §§ 1643 Abs. 1, 1852 BGB). Der Antrag wird beim zuständigen Familiengericht gestellt.

Grundsätzlich nicht genehmigungspflichtig ist der Erwerb eines Gesellschaftsanteils, wenn der Zweck der Gesellschaft in der Verwaltung eigenen Vermögens besteht.

6. Einbeziehung weiterer Familienmitglieder

Die Nachfolgeregelung sollte die familien- und erbrechtlichen Folgen insbesondere im Hinblick auf den Ehegatten und die Kinder des Inhabers mitberücksichtigen:

  1. Sind mehrere Pflichtteilsberechtigte (in der Regel: Ehegatte und Kinder) vorhanden, so kann der Schenker bestimmen, dass der Nachfolger sich den Wert der Schenkung auf seinen Pflichtteil anrechnen lassen muss (§ 2315 BGB), soweit der Nachfolger nicht ohnehin durch notariellen Vertrag auf seinen Pflichtteil verzichtet (§§ 2346 Abs. 2, 2348 BGB). 
  2. Sind mehrere Kinder vorhanden, kann der Schenker festlegen, inwiefern der Nachfolger den Wert der Schenkung im Erbfall an seine erbenden Geschwister ausgleichen muss oder nicht (§ 2050 BGB - eine Ausgleichungspflicht gilt auch im Verhältnis zu Pflichtteilsberechtigten, § 2326 BGB). Zur Schonung der Liquidität des Unternehmens wird diese Ausgleichspflicht regelmäßig ausgeschlossen.
  3. Die Zuwendung des Unternehmens an den Nachfolger kann Pflichtteilsergänzungsansprüche der weiteren Pflichtteilsberechtigten (in der Regel: Ehegatte und Kinder) auslösen, wenn die Zuwendung innerhalb von 10 Jahren vor dem Erbfall vollzogen wurde (§ 2325 BGB). Für den Anlauf der Frist gelten Besonderheiten, wenn der Inhaber sich bestimmte Rechte vorbehält. Ist die Schenkung an den Ehegatten erfolgt, so beginnt die Frist nicht vor Auflösung der Ehe.
  4. Zur Herstellung von Rechtssicherheit sollten die weiteren Pflichtteilsberechtigten im Idealfall Pflichtteilsverzichte (§ 2346 Abs. 2 BGB) ggf. gegen Zahlung einer Abfindung abgeben. Der Pflichtteilsverzicht kann gegenständlich beschränkt werden und sich nur auf das übertragene Unternehmen, nicht jedoch auf sonstiges Vermögen beziehen. Ein Pflichtteilsverzicht muss notariell beurkundet werden (§ 2348 BGB).
  5. Die weiteren Pflichtteilsberechtigten können als Ausgleich einmalige oder laufende Geldzahlungen oder sonstige Zuwendungen wie Immobilien erhalten. Diese können zwecks deren Reduzierung auf Pflichtteilsansprüche (§ 2315 BGB) und Pflichtteilsergänzungsansprüche (§ 2327 Abs. 1 BGB) angerechnet werden.
  6. Es kann vereinbart werden, dass der Nachfolger seine Geschwister von möglichen Unterhaltsansprüchen des übergebenden Elternteils (§§ 1601 ff. BGB) im Fall von dessen späterer Bedürftigkeit freihalten muss.
  7. Je nach Lage des Falles sollten ggf. Regelungen in Bezug auf einen möglichen Zugewinnausgleichanspruch des Ehegatten (§ 1378 BGB) getroffen werden, z.B. Nichtberücksichtigung des übertragenen Unternehmens beim Zugewinn (§ 1375 BGB) oder Anrechnung von Zuwendungen an den Ehegatten auf seine Zugewinnforderung (§ 1380 BGB).

7. Zustimmung des Ehegatten

Ist der Inhaber im gesetzlichen Güterstand verheiratet, so ist § 1365 BGB zu beachten, es sei denn, die Geltung dieser Vorschrift wurde ehevertraglich ausgeschlossen. Dasselbe gilt für eingetragene Lebenspartner.

Nach § 1365 BGB muss der andere Ehegatte Verfügungen über das Vermögen im Ganzen zustimmen. Eine Verfügung über das Vermögen im Ganzen liegt vor, wenn das zu verschenkende Unternehmen mind. 85% bis 90% des Vermögens des Inhabers darstellt.

In diesem Fall sollte die Zustimmungserklärung des anderen Ehegatten in den Schenkungsvertrag aufgenommen werden.

8. Widerrufsvorbehalt des Inhabers

In den meisten Fällen ist es sinnvoll, dass sich der Inhaber vertraglich durch Vereinbarung eines Widerrufsrecht absichert. Das Widerrufsrecht ermöglicht dem Inhaber, die Nachfolge rückgängig zu machen

Aufgrund der weitreichenden Folgen sollten die Widerrufsgründe entsprechend wichtig sein und klar im Schenkungsvertrag geregelt werden, z.B. der Nachfolger wird vertragsbrüchig oder begeht Straftaten gegen den Inhaber, die Nachfolge führt zu steuerlich untragbaren Ergebnissen, der Nachfolger verstirbt vor dem Inhaber etc.

9. Begleitung bei der Nachfolge

Die Nachfolge stellt einen einmaligen Vorgang im unternehmerischen Leben dar. Aufgrund der komplexen Gemengelage von Gesellschafts-, Familien-, Erb- und Steuerrecht sollten sich die Beteiligten durch einen erfahrenen Berater begleiten lassen.

Als in Nachfolgen erfahrene Rechtsanwälte begleiten wir Sie gerne auf diesem Weg, besprechen die optimalen Lösungsmöglichkeiten mit Ihnen und setzen die Nachfolge rechtssicher um. Melden Sie sich gerne jederzeit bei uns, wenn Sie Fragen zum Thema Nachfolge haben.


Mit besten Grüßen, RA Dr. Rainer Freudenberg, LL.M.

Foto(s): Freudenberg Law


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