Nachteile für Minderheitsgesellschafter

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Machtgefüge in der GmbH

Der Minderheitsgesellschafter einer GmbH ist schnell in der Zwickmühle, wenn es zum Streit mit dem Mehrheitsgesellschafter kommt. In unserem YouTube-Video skizzieren wir die wesentlichen Nachteile eines Minderheitsgesellschafters und erklären das Machtgefüge in der GmbH.

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Struktur in der GmbH

Unternehmerische Entscheidungen in der GmbH werden im Wesentlichen auf zwei Ebenen gefasst:

Das daily business und die dafür nötigen Entscheidungen liegen in der Hand der Geschäftsführer. Die wesentlichen und strukturellen Weichenstellungen werden dagegen in der Gesellschafterversammlung gestellt. Hier entscheiden die Gesellschafter. Die Entscheidungen in der Gesellschafterversammlung werden durch Mehrheitsbeschlüsse herbeigeführt. In der GmbH regiert grundsätzlich der Mehrheitsgesellschafter oder eine Gruppe von Gesellschaftern mit Stimmenmehrheit.


Bitte beachten Sie: Mit der Stimmenmehrheit können folgenschwere Entscheidungen immer auch gegen die Interessen der Minderheitsgesellschafter gefasst werden.

Bedeutung des Stimmengewichts im Gesellschafterkreis.

Um es auf den Punkt zu bringen: Wer die Stimmenmehrheit hat, bestimmt nicht nur über wichtige Grundsatzfragen auf der Gesellschafterebene. Er kann auch in Eigenregie die Geschäftsführer auswählen und einstellen und diese auch wieder rauswerfen.

Kurzum: Der Mehrheitsgesellschafter bestimmt also die Spielregeln. Man muss sich vor Augen führen, dass der Geschäftsführer immer in einem Abhängigkeitsverhältnis zum Mehrheitsgesellschafter steht. Das heißt auch, dass der Geschäftsführer im Zweifel im Interesse des Mehrheitsgesellschafters handelt und damit primär auch seine finanziellen Interessen im Auge haben wird.


Anders als in der Aktiengesellschaft ist der Geschäftsführer in der GmbH weisungsgebunden. Er muss damit immer den Weisungen des Mehrheitsgesellschafters Folge leisten.  Und mit dieser Kontrolle der Geschäftsleitung hat der Mehrheitsgesellschafter immer eine große Macht und Einfluss auf die finanziellen Interessen des Minderheitsgesellschafters.

Strukturelle Unterlegenheit des Minderheitsgesellschafters im Konflikt


Wenn alle das Gleiche wollen und ein Interessengleichlauf im Kreis der Gesellschafter besteht, interessiert keinen der Gesellschaftsvertrag oder irgendwelche Machtstrukturen. Wenn es dagegen zum Streit kommt, hat der Minderheitsgesellschafter das große Nachsehen.


Alle wesentlichen Regelungen in der Gesellschafterversammlung, aber auch wichtige Entscheidungen auf der Geschäftsführerebene können vom Mehrheitsgesellschafter so entschieden werden, dass der Minderheitsgesellschafter finanziell den Kürzeren zieht.


Wenn ein Gesellschafterkonflikt eskaliert, kommt es nicht selten dazu, dass der Mehrheitsgesellschafter den Minderheitsgesellschafter in letzter Konsequenz sogar aus der GmbH ausschließt. Insbesondere in Streitsituationen kann der Mehrheitseigner mit seiner Stimmmacht Fakten schaffen, die sich vor Gericht nur schwer zurückdrehen lassen.

Materiell-rechtliche Nachteile für den Minderheitsgesellschafter

Nachfolgend finden Sie einen Überblick über die typischen Nachteile eines Minderheitsgesellschafters in der GmbH:

Ein gefürchtetes Risiko für den Minderheitsgesellschafter ist das sogenannte „Aushungern“. Damit ist die Situation gemeint, in der der Mehrheitsgesellschafter seine Stimmenmehrheit nutzt, um Gewinnausschüttungen zu verhindern. Spricht sich die Mehrheit in der Gesellschafterversammlung gegen eine Gewinnausschüttung aus, dann gibt es auch keine, egal wie hoch der Gewinn in der GmbH ausfällt.

Der Mehrheitsgesellschafter kann mit einer solchen Gewinnthesaurierung die finanziellen Interessen der Minderheitsgesellschafter stark beeinträchtigen, vor allem, wenn der Minderheitsgesellschafter auf die Gewinnausschüttungen angewiesen ist und z.B. von der GmbH kein Gehalt bezieht.

Ist der Minderheitsgesellschafter auch Geschäftsführer, können Angriffe auf die Geschäftsführerposition des Minderheitsgesellschafters diesen in finanzielle Not bringen. Die Abberufung und Kündigung des Geschäftsführervertrags können mit einfacher Mehrheit beschlossen werden. Wenn der Minderheitsgesellschafter über keine vertraglich festgeschriebenen Sonderrechte oder langjährige Kündigungsfristen verfügt, kann er durch Abberufung und Kündigung mächtig unter Druck geraten.

Aber es kommt noch bunter, wenn der Mehrheitsgesellschafter selbst Geschäftsführer der GmbH ist. Im Unternehmensalltag kommt es oft vor, dass dem Mehrheitsgesellschafter-Geschäftsführer ein überzogenes Gehalt gezahlt wird, das dann den Gewinnanteil des Minderheitsgesellschafters mindert. Hier wird die angesprochene Superpower sichtbar, denn der Mehrheitsgesellschaft kann mit seinen Stimmen über seine Gehaltshöhe selbst entscheiden.

Eine andere Form von sog. verdeckten Gewinnausschüttungen zugunsten des Mehrheitseigners stellt die Zahlung von überhöhten Zinsen für ein Gesellschafterdarlehen oder überhöhte Mieten für vom Mehrheitsgesellschafter an die GmbH vermietete Immobilien dar.

Der Minderheitsgesellschafter nimmt auch finanziellen Schaden, wenn der Mehrheitsgesellschafter mit von ihm beherrschten Firmen von der GmbH vergünstigt Dienstleistungen oder Produkte bezieht.

Wenn der Minderheitsgesellschafter mal einen Beschluss durchzusetzen versucht, steht er vor neuen praktischen Problemen: Will der nicht an der Geschäftsführung beteiligte Minderheitsgesellschafter eine Gesellschafterversammlung erzwingen, so kann er das zwar erreichen, wenn er eine Beteiligung von mehr als 10 % besitzt.

In der Praxis läuft dieses Recht aber oft leer, weil die vom Mehrheitsgesellschafter beherrschte Geschäftsführung Versammlungen mit unliebsamen Tagesordnungspunkten vereiteln oder der Minderheitsgesellschafter in die Verwirkung getrieben wird.

Ja, hier bekommen Sie so richtig Lust auf eine Minderheitsbeteiligung…

Aber Scherz beiseite: Sie müssen sich vergegenwärtigen: Nur wer die Nachteile kennt, kann erfolgreiche Vorsorge betreiben.

Man fragt sich, ob das GmbH-Recht gar keinen Minderheitenschutz vorsieht? Tatsächlich gibt es einen gewissen Minderheitenschutz. Man muss aber wissen, dass erhebliche Schutzlücken im Gesetz bestehen.

Prozessuale Nachteile des Minderheitsgesellschafters

Die Gerichte weisen immer wieder darauf hin, dass der Mehrheitsgesellschafter mit seiner Stimmenmehrheit seine Macht nicht missbrauchen darf. Die Gerichte üben eine sog. Missbrauchskontrolle aus.  Diese erweist sich jedoch nicht selten als stumpfes Schwert.

In diesem Zusammenhang muss man folgenden Mechanismus kennen: Der Mehrheitsgesellschafter wird in der Gesellschafterversammlung immer den Versammlungsleiter stellen. Dieser Versammlungsleiter wird die Beschlüsse immer im Sinne des Mehrheitsgesellschafters feststellen. Die strittigen Beschlüsse sind dann bis zu einer gerichtlichen Entscheidung verbindlich. Ein finales Gerichtsurteil im Beschlussmängelstreit kann aber Jahre in Anspruch nehmen.

Hier nun ein Beispiel, um das Problem zu verdeutlichen:

Der Geschäftsführervertrag des Minderheitsgesellschafters wird mit den Stimmen des Mehrheitsgesellschafters außerordentlich mit sofortiger Wirkung gekündigt. Der betroffene Minderheitsgesellschafter behauptet zu Recht, es gäbe gar keinen Kündigungsgrund und erhebt beim Landgericht Anfechtungsklage gegen den Kündigungsbeschluss.

Da aber der Kündigungsbeschluss vom Versammlungsleiter positiv festgestellt wurde, wird die Kündigung trotz anhängiger Anfechtungsklage sofort wirksam. Das heißt, die Gehaltszahlungen werden sofort eingestellt. Die Situation kann erst durch ein rechtskräftiges Gerichtsurteil korrigiert werden – und das kann viel Zeit beanspruchen.

Der weitere systematische Nachteil eines Minderheitsgesellschafters bei der Beschlussanfechtung ist folgender:  

Bei der Anfechtungsklage gegen feindliche Beschlüsse des Mehrheitseigners, sei es die Verweigerung der Gewinnausschüttung oder die Kündigung eines Geschäftsführervertrags, muss immer der Minderheitsgesellschafter als Kläger die Prozesskosten vorfinanzieren.

Er trägt auch die Darlegungs- und Beweislast, dass die Beschlüsse missbräuchlich sind. Indessen hat der Mehrheitsgesellschafter den riesigen Vorteil, dass nicht er, sondern die GmbH verklagt wird und nicht er, sondern die GmbH die Kosten trägt.

Die gesamte prekäre Situation lässt sich wie folgt zusammenfassen:

Das Gesetz und die höchstgerichtliche Rechtsprechung weisen dem Mehrheitsgesellschafter viele systematische Vorteile zu, die nicht nur die Interessen des Minderheitsgesellschafters verletzen können, sondern auch eine gerichtliche Verteidigung erschweren.

Bitte beachten Sie aber: Der Minderheitsgesellschafter kann sich eigentlich sehr gut durch einige wenige Regelungen im Gesellschaftsvertrag schützen. Deshalb: Augen auf vor Abschluss des Gesellschaftsvertrages.


Nachdem Sie erfahren haben, welche Nachteile mit der Position eines Minderheitsgesellschafters verbunden sind, stellt sich die Frage, wie sich der Minderheitsgesellschafter schützen kann. Einen kurzen Überblick zum Schutz des Minderheitsgesellschafters finden Sie in dem nachfolgenden YouTube-Video zusammengefasst:

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ROSE & PARTNER – Hamburg, Berlin, Hannover, München, Köln, Frankfurt a.M., Köln

Dr. Boris Jan Schiemzik, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

Der Verfasser dieses Artikels, Dr. Boris Jan Schiemzik ist mit seinem Team auf das Gesellschaftsrecht und Corporate Litigation spezialisiert.

Weitere Informationen zum Gesellschaftsrecht und Streitigkeiten mit Geschäftsführern finden Sie hier: Informationen zum Gesellschafterstreit



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