Nacktfotos und Sexvideos landen im Internet – strafbar?

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Es kommt immer wieder vor, dass Nacktfotos oder Sexvideos vom Ex-Freund, vom Ex-Partner oder von anderen Personen ohne Einwilligung im Internet hochgeladen werden oder dass mit der Veröffentlichung solcher Fotos und Videos gedroht wird. Teils aus Rache, teils als Mobbing, teils um die andere Person zu Handlungen zu zwingen (z.B. noch mehr Nacktfotos schicken) oder teils, um mit der Veröffentlichung Geld zu verdienen. Diese Handlungen können mehrere Straftatbestände erfüllen.

Neben der Strafbarkeit können zudem zivilrechtliche Schadensersatz-, Unterlassungs- und Löschungsansprüche bestehen. Um mehr über die zivilrechtlichen Ansprüche zu erfahren, folgen Sie gerne diesem Link: Nacktfotos und Sexvideos landen im Internet – Welche zivilrechtlichen Ansprüche können bestehen?

  • Strafbarkeit nach § 201a StGB (Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs und von Persönlichkeitsrechten durch Bildaufnahmen)

Derjenige, der intime Fotos und/oder Videos eines anderen ohne dessen Einwilligung im Internet veröffentlicht, macht sich nach § 201a StGB strafbar. Demnach ist es nicht nur verboten, von einer anderen Person, die sich in einer Wohnung oder einem gegen Einblick besonders geschützten Raum befindet, unbefugt ein Foto oder Video zu machen und dadurch den höchstpersönlichen Lebensbereich der abgebildeten Person zu verletzen (sogenannter „Spanner-Paragraph“).


Ebenfalls mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe wird gemäß § 201 a Abs. 1 StGB bestraft, wer solche intimen Fotos und Videos zwar befugt aufgenommen hat, sie dann aber wissentlich unbefugt anderen Personen zugänglich macht, also etwa auf Internetplattformen hochlädt oder sie in WhatsApp-Gruppen teilt. Dasselbe gilt gemäß § 201 a Abs. 2 StGB, wenn jemand unbefugt von einer anderen Person eine Bildaufnahme, die geeignet ist, dem Ansehen der abgebildeten Person erheblich zu schaden, einer dritten Person zugänglich macht.


Da es sich bei § 201a StGB um ein sogenanntes Antragsdelikt handelt, kann die Polizei gemäß § 205 StGB nur tätig werden, wenn die betroffene Person einen Strafantrag gestellt hat oder wenn die Strafverfolgungsbehörde wegen des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung ein Einschreiten von Amts wegen für geboten hält. Die dreimonatige Strafantragsfrist beginnt gemäß § 77 b Abs. 2 StGB erst dann zu laufen, wenn die betroffene Person von der Tat und der Identität des Täters Kenntnis erlangt.


Rechtsprechungsbeispiele zu § 201a StGB: LG Stuttgart, Beschluss vom 13.02.2023 – 5 Qs 8/23 sowie BGH, Beschluss vom 29.07.2020 - 4 StR 49/20.


  • Strafbarkeit nach § 177 Abs. 2 Nr. 5 StGB (Sexuelle Nötigung) 

Wird die Veröffentlichung von Nacktbildern als Drohmittel verwendet, um sexuelle Gefälligkeiten zu erhalten, kann dieses Verhalten als sexuelle Nötigung strafbar sein. Gemäß § 177 Abs. 2 Nr. 5 StGB ist es verboten, eine Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu nötigen. Dies gilt laut dem Oberlandesgericht Hamm (Urteil vom 09.04.2019 - 3 RVs 10/19) auch dann, wenn es letztlich gar nicht zu einem Treffen zwischen den Betroffenen gekommen ist.


  • Strafbarkeit nach § 240 StGB (Nötigung)

Wird die Veröffentlichung von Nacktbildern als Drohmittel verwendet, um eine Handlung der auf den Bildern zu sehenden Person zu erzwingen (z.B. die Zusendung weiterer Nacktfotos), kann dieses Verhalten als Nötigung strafbar sein. Denn wer einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt, wird gemäß § 240 StGB mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit einer Geldstrafe bestraft. Rechtsprechungsbeispiel: LG Paderborn, Urteil vom 19.09.2019 - 05 KLs 32/18.


  • Bei Minderjährigen: Strafbarkeit nach § 184c StGB (Verbreitung, Erwerb und Besitz jugendpornographischer Inhalte)

Ist die Person, die auf den Fotos oder Videos zu sehen ist, minderjährig, kann auch der Straftatbestand des § 184c StGB einschlägig sein. Demnach ist es strafbar, einen jugendpornographischen Inhalt herzustellen, zu verbreiten oder der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.


Jugendpornographisch sind nach der aktuellen deutschen Rechtslage Fotos oder Videos, die sexuelle Handlungen von, an oder vor einer vierzehn, aber noch nicht achtzehn Jahre alten Person, die Wiedergabe einer ganz oder teilweise unbekleideten vierzehn, aber noch nicht achtzehn Jahre alten Person in „aufreizend geschlechtsbetonter Körperhaltung“ oder die „sexuell aufreizende Wiedergabe“ der unbekleideten Genitalien oder des unbekleideten Gesäßes einer vierzehn, aber noch nicht achtzehn Jahre alten Person zeigen. Bestraft wird dies gemäß § 184 c Abs. 1 StGB mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe.


Ein Rechtsprechungsbeispiel hierzu und zu § 177 StGB: LG Paderborn, Urteil vom 19.09.2019 - 05 KLs 32/18.


  • Strafbarkeit nach §§ 241, 185 StGB (Bedrohung, Beleidigung)

Wenn es im Rahmen solcher Auseinandersetzung zu Bedrohungen oder Beleidigungen kommt, können außerdem die Straftatbestände der §§ 241, 185 StGB erfüllt sein. Für die Strafverfolgung einer Bedrohung ist kein Strafantrag erforderlich, anders liegt dies bei der Beleidigung. Wird diesbezüglich kein Strafantrag gestellt, dürfen die Ermittlungsbehörden nicht tätig werden, siehe Urteil des OLG Karlsruhe vom 18.01.2023 - 2 Rv 34 Ss 589/22 zum Beginn der Strafantragsfrist bei Beleidigungen in sozialen Netzwerken.


  • Strafbarkeit nach § 33 KUG

Selbst wenn die auf den veröffentlichten Fotos abgebildete Person nicht nackt ist, kann eine Strafbarkeit nach § 33 Kunsturheberrechtsgesetz (KUG) vorliegen. Denn gemäß § 33 KUG wird Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer [widerrechtlich] ein Bildnis verbreitet oder öffentlich zur Schau stellt. Diese Norm gilt jedoch nicht für die reine Anfertigung oder den bloßen Besitz des intimen Materials ohne Veröffentlichung und die Tat wird ebenfalls nur auf Antrag verfolgt.


So wurde vom Amtsgericht Berlin-Tiergarten gegen einen Polizisten, der heimlich von ihm angefertigte Fotos und Videos von seinen Kolleginnen beim Sport mit sexuell herabwürdigenden und beleidigenden Kommentaren auf einer Pornowebseite veröffentlicht hatte, nicht nur ein Strafbefehl mit einer Gesamtgeldstrafe in Höhe von 180 Tagessätzen erlassen (Az. 232b Cs 271 Js 1357/17 (87/18)), sondern er wurde auch aus dem Polizeidienst entfernt (siehe OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 30.08.2021 - OVG 80 D 2/21).


  • Strafbarkeit nach § 42 BDSG

Last but not least ist auch eine Strafbarkeit nach dem Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) möglich. Gemäß § 42 Abs. 2 BDSG wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wer personenbezogene Daten, die nicht allgemein zugänglich sind, ohne hierzu berechtigt zu sein, verarbeitet oder durch unrichtige Angaben erschleicht und hierbei gegen Entgelt oder in der Absicht handelt, sich oder einen anderen zu bereichern oder einen anderen zu schädigen. Solche Taten werden gemäß § 42 Abs. 3 StGB nur auf Antrag verfolgt, wobei zur Stellung eines Strafantrags neben dem/der Verletzten auch der für die Sicherheit der Fotos Verantwortliche sowie die Datenschutzaufsichtsbehörde berechtigt ist.


Fazit

Wenn die Veröffentlichung oder auch „nur“ die Weitergabe von intimen Fotos oder Videos erfolgt ist, ist es – sowohl als Opfer, als auch als Täter oder sonstiger Beteiligter – ratsam, sich kompetent anwaltlich beraten zu lassen. Fehler und Versäumnisse, gerade in diesem sensiblen Bereich, können sich ein Leben lang rächen.


Bei Fragen oder Beratungsbedarf können Sie gerne mithilfe des untenstehenden Formulars oder über die auf unserer Homepage (https://www.faecherstadt-rechtsanwaelte.de/benedikt-klas) angegebenen Wege Kontakt zu mir aufnehmen.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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