Nacktfotos und Sexvideos landen im Internet – Welche Ansprüche können bestehen?

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Es kommt immer wieder vor, dass Nacktfotos oder Sexvideos vom Ex-Freund, vom Ex-Partner oder von anderen Personen ohne Einwilligung im Internet hochgeladen werden oder dass mit der Veröffentlichung solcher Fotos und Videos gedroht wird. Teils aus Rache, teils als Mobbing, teils um die andere Person zu Handlungen zu zwingen (z.B. noch mehr Nacktfotos schicken) oder teils, um mit der Veröffentlichung Geld zu verdienen. Welche zivilrechtlichen Rechte und Ansprüche in einem solchen Fall bestehen können, erfahren Sie in diesem Artikel.

Neben den zivilrechtlichen Ansprüchen können zudem verschiedene Straftatbestände verwirklicht sein. Um mehr über die strafrechtliche Situation und potentielle Strafen zu erfahren, folgen Sie gerne diesem Link: Nacktfotos und Sexvideos landen im Internet – strafbar?

  • Löschungsanspruch

Grundsätzlich besteht ein Recht darauf, dass intime Fotos oder Videos vom Ex-Partner gelöscht werden. Nach der Rechtsprechung des BGH besteht nach Beziehungsende sogar dann ein Anspruch auf Löschung intimer Bild- und Filmaufnahmen, wenn der Ex-Partner weder eine Weitergabe noch eine Veröffentlichung der Fotos/Videos beabsichtigt, sondern die Aufnahmen nur für sich privat betrachten und aufbewahren will. Das Recht auf Löschung besteht selbst dann, wenn die Fotos mit Einverständnis entstanden sind oder sogar ausdrücklich erwünscht waren (vgl. BGH, Urteil vom 13.10.2015, Az. VI ZR 271/14).


Nach einer Veröffentlichung der Fotos/Videos im Internet besteht ein Anspruch auf Löschung der Aufnahmen, und zwar sowohl gegen den Betreiber der entsprechenden Internetseite/Plattform (z.B. Twitter, Facebook, YouPorn etc.) als auch gegen die Person, die die Fotos/Videos dort hochgeladen hat. Ein solcher Anspruch ergibt sich aus §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 S. 2 BGB analog aufgrund der Verletzung des Persönlichkeitsrechts.


  • Unterlassungsanspruch

Abgesehen von einem Löschungsanspruch besteht in der Regel zudem ein Anspruch auf Unterlassung zukünftiger Veröffentlichungen, da die Rechtsprechung bereits nach einer erstmaligen Veröffentlichung von einer Wiederholungsgefahr ausgeht.


Ist ein Anwalt eingeschaltet worden, wird dieser den Verbreitenden in der Regel abmahnen und ihn mit einer kurzen Frist zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung auffordern. Wird eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben und werden anschließend trotzdem noch Nacktfotos/Sexvideos der betroffenen Person hochgeladen, besteht wegen dem Verstoß gegen die Unterlassungserklärung ein Anspruch auf Zahlung der versprochenen Vertragsstrafe. Diese beläuft sich meist auf mehrere tausend Euro.


Wird vom Verbreitenden die geforderte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung nicht oder nicht fristgerecht abgegeben, kann gegen ihn im gerichtlichen Eilverfahren oder in einem Hauptsacheverfahren auf Unterlassung geklagt werden. Sofern die Klage erfolgreich ist und der Verstoß vom Verurteilten wiederholt wird, kann gegen ihn nicht nur ein Ordnungsgeld, sondern auch Ordnungshaft verhängt werden.


  • Auskunftsanspruch

Auch Auskunftsansprüche über den genauen Umfang der erfolgten Rechtsverletzung können den Betroffenen zustehen. Der Auskunftsanspruch wird aus § 242 BGB abgeleitet und kann insbesondere dann geltend gemacht werden, wenn nicht klar ist, ob das intime Material noch auf anderen Seiten veröffentlich wurde oder ob der Ex-Partner oder Dritte noch im Besitz weiterer Bilder sind.

Hier ein Beispiel dafür aus der Rechtsprechung: LG Frankfurt am Main, Urteil vom 21.12.2017 - 2-03 O 130/17.


  • Schadensersatzanspruch 

Infolge der Veröffentlichung von Nacktbildern und Nacktvideos können darüber hinaus auch Schadensersatzansprüche bestehen. Dieser Anspruch wird von der Rechtsprechung vor dem Hintergrund von Prävention und Genugtuung gewährt, wenn durch das bloße Aussprechen einer Unterlassungsverpflichtung der Schutz des verfassungsrechtlich garantierten Persönlichkeitsrechts nicht hinreichend gewährt wird. Bei schwerwiegenden Verletzungen des Persönlichkeitsrechts, die nicht in anderer Weise ausgeglichen werden können, wird daher von den Gerichten eine Geldentschädigung zugesprochen.


Bei der Beurteilung der Schwere und des Eingriffs sind grundsätzlich alle Umstände zu berücksichtigen, insbesondere die Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, also das Ausmaß der Verbreitung der rechtswidrigen Veröffentlichung, der Grad der Identifizierbarkeit, die Hartnäckigkeit der Verletzung, die Nachhaltigkeit und Fortdauer der Interessen- und Rufschädigung der Verletzten sowie auch Anlass und Beweggrund des Handelnden. Die Spannen der zugesprochenen Schmerzensgelder sind daher sehr groß und es ist wichtig, dass alle relevanten Umstände des Einzelfalls von einem auf IT-Recht spezialisierten Rechtsanwalt in das Verfahren eingebracht werden. Hierzu einige Beispiele aus der Rechtsprechung:


- Landgericht Kiel (27.04.2006, Az. 4 O 251/05): Schmerzensgeld in Höhe von 25.000 EUR
- Oberlandesgericht Hamm (20.02.2017, Az. 3 U 138/15): Schmerzensgeld in Höhe von 7.000 EUR
- Landgericht Frankfurt a.M. (20.05.2014, Az. 2-03 O 189/13): Schmerzensgeld in Höhe von 1.000 EUR
- Oberlandesgericht Oldenburg (06.04.2018, Az. 13 U 70/17): Schmerzensgeld in Höhe von (nur) 500 EUR, da die abgebildete Frau selbst die Bilder gefertigt und zuvor weitergeleitet hatte
- Landgericht Düsseldorf (16.11.2011, Az. 12 O 438/10): Schmerzensgeld in Höhe von 5.000 EUR
- Oberlandesgericht Oldenburg (11.08.2015, Az. 13 U 25/15): Schmerzensgeld in Höhe von 15.000 EUR

  • Anspruch auf Erstattung der Rechtsanwaltskosten

Bei Einschaltung eines Rechtsanwalts kann zuletzt auch ein Anspruch auf Erstattung der erforderlichen und angemessenen Anwaltskosten bestehen, denn zu den nach § 249 Abs. 1 BGB zu ersetzenden Kosten der Rechtsverfolgung gehören grundsätzlich auch die Kosten eines mit der Rechtsdurchsetzung befassten Rechtsanwalts (vgl. BGH NJW-RR 2007, 713).


Fazit

Wenn die Veröffentlichung oder auch „nur“ die Weitergabe von intimen Fotos oder Videos erfolgt ist, ist es – sowohl als Opfer, als auch als Täter oder sonstiger Beteiligter – ratsam, sich kompetent anwaltlich beraten zu lassen. Fehler und Versäumnisse, gerade in diesem sensiblen Bereich, können sich ein Leben lang rächen.


Bei Fragen oder Beratungsbedarf können Sie gerne mithilfe des untenstehenden Formulars oder über die auf unserer Homepage (https://www.faecherstadt-rechtsanwaelte.de/benedikt-klas) angegebenen Wege Kontakt zu mir aufnehmen.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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