Negativzinsen – Urteil des Landgerichts Tübingen im Januar 2018 erwartet

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Das Landgericht Tübingen hatte am 8. Dezember 2017 in einem gegen eine Volksbank gerichteten Verfahren über die Rechtsfrage zu verhandeln, ob die Bank bei laufenden Verträgen über Privateinlagen einseitig durch Änderung der AGB (Allgemeine Geschäftsbedingungen) einen negativen Zinssatz festlegen darf. Über das Verfahren wurde in der Presse u. a. von der Frankfurter Allgemeinen Zeitung berichtet.

Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg greift in dem Verfahren vor dem Landgericht Tübingen eine entsprechende Klausel in den AGB einer Volksbank an. Das Landgericht Tübingen hat sich in der mündlichen Verhandlung noch nicht abschließend geäußert. Es hat jedoch erkennen lassen, dass es die Vereinbarung von Negativzinsen bei neuen Verträgen grundsätzlich als zulässig erachtet, während es die nachträgliche einseitige Einführung ohne Zustimmung des Kunden als problematisch bewertet.

Wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung in einem Artikel vom 9. Dezember 2009 berichtet, haben zahlreiche Volks- und Raiffeisenbanken bereits negative Zinssätze für höhere Guthaben – meist ab einem sechsstelligen Betrag – eingeführt. Danach verlangen etwa die Raiffeisenbank Gmund, die Sparda-Bank Berlin, die Volksbank Stendal und die VR-Bank Mittelsachsen negative Zinssätze auf Guthaben ab 100.000 €. Die Raiffeisenbank Naabtal beginnt bei 250.000 €, bei der Hamburger Volksbank und der Skatbank werden ab 500.000 € Negativzinsen verlangt. Die Dresdner Volksbank sieht danach einen Negativzinssatz ab einem Guthaben von einer Million Euro vor. Auch einige Sparkassen haben bereits Negativzinsen oder, was wirtschaftlich die gleiche Wirkung hat, Gebühren auf hohe Guthaben eingeführt. Einige Banken sollen die Klauseln über die Negativzinsen bereits zurückgezogen haben.

Nach Auffassung von Rechtsanwalt Dethloff ist die Einführung von Negativzinsen jedenfalls bei einer laufenden Kontoverbindung ohne die Einwilligung der Kunden unzulässig. Die Sparer gehen auch bei einem flexiblen Zinssatz selbstverständlich davon aus, dass die Zinsen auf das Sparguthaben nicht unter den Wert von Null sinken können. Andernfalls würde sich der vereinbarte Vertragstypus insgesamt ändern. Denn Zinsen sind nach den Vorgaben des Bürgerlichen Gesetzbuches nur für den Darlehensnehmer vorgesehen, nicht jedoch für den Sparer, der ja gewissermaßen selbst als Darlehensgeber der Bank das Geld leiht. Gemäß § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB hat der Darlehensnehmer den geschuldeten Zins zu zahlen. In der Konstellation des Sparvertrages nimmt jedoch die Bank sozusagen die Rolle des Darlehensnehmers ein. Daher wäre nach Auffassung von Rechtsanwalt Dethloff eine Regelung über negative Zinsen, welche faktisch eine Zinszahlungspflicht des Darlehensgebers bedeuten würde, mit dem Grundgedanken der gesetzlichen Regelung nicht vereinbar und gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB eine solche Regelung in den AGB folglich unwirksam.

Selbst wenn man die einseitige Einführung von Negativzinsen in den AGB einer Bank grundsätzlich als zulässig ansehen würde, wäre der danach verlangte Zinssatz an den gesetzlichen Vorgaben des § 315 BGB zu messen. Denn eine einseitige Leistungsbestimmung darf grundsätzlich nur nach billigem Ermessen erfolgen. Die Bank müsste nach dieser Regelung belegen, dass die Zinsanpassung der Billigkeit entspricht.

Bankkunden, denen negative Zinssätze auf Privateinlagen abverlangt werden, sollten diese Praxis nicht ungeprüft hinnehmen. Sie sollten den Rat eines Fachanwalts für Bank- und Kapitalmarktrecht einholen und ggf. mit anwaltlicher Hilfe in Verhandlung mit der Bank treten. Wenn die Bank nicht nachgibt, ist auch ein gerichtliches Vorgehen möglich.

Möglicherweise wird ein erstes Urteil, welches das Landgericht Tübingen für Ende Januar 2018 angekündigt hat, für die Bankkunden mehr Rechtssicherheit schaffen. Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht Ingo M. Dethloff wird die Entwicklung der Rechtsprechung genau beobachten und weiter darüber berichten.


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