Neues BGH-Urteil im VW-Dieselskandal: Restschadensersatz möglich für Neuwagenkäufer

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Der Bundesgerichtshof (BGH) hat im VW-Dieselskandal ein weiteres wichtiges Urteil gefällt. So legten die Karlsruher Richter am 21. Februar 2022 (Az. VIa ZR 8/21 und VIa ZR 57/21) fest, dass für geschädigte VW-Kunden, die im Dieselskandal zu spät oder noch gar nicht rechtlich gegen den Hersteller vorgegangen sind, dennoch Anspruch auf finanzielle Entschädigung besteht. 

VW-Dieselskandal: BGH-Urteil ermöglicht Anspruch gegen Hersteller

Der BGH urteilte, dass betroffene VW-Dieselbesitzer, deren Anspruch nach § 826 BGB nach drei Jahren verjährt ist, ein Anspruch gegen den Hersteller aus § 852 Satz 1 BGB zusteht. Grundvoraussetzung ist, dass das Auto neu gekauft wurde. In diesem Fall kann Volkswagen zur Zahlung vom sogenannten »Restschadenersatz« verpflichtet sein, obwohl die Forderungen schon verjährt sind. Im Falle von Gebrauchtwagen hatte der BGH vor wenigen Wochen einen Restschadensanspruch ausgeschlossen. 

Verbraucheranwalt: VW kann den Dieselskandal nicht ohne Weiteres aussitzen

»Wir begrüßen das verbraucherfreundliche Urteil des BGH«, sagt Rechtsanwalt Helmut Dreschhoff von der Verbraucherkanzlei BRR Baumeister Rosing. »Denn Hersteller wie VW versuchen nach wie vor, den Dieselskandal bis zur Verjährung auszusitzen, wodurch zahllose Dieselbesitzer auf mangelbehafteten Fahrzeugen sitzenbleiben. Das BGH-Urteil zeigt nun, dass die Konzerne es sich doch nicht ganz so leicht machen können.« 

Die beiden Verfahren drehten sich um den EA189-Skandalmotor

In den beiden Verfahren ging es konkret um einen Neuwagen VW Golf Cabrio Life TDI sowie einen Neuwagen VW EOS 2.0 L TDI. Beide Fahrzeuge sind mit dem VW-Dieselskandal-Motor EA189 ausgestattet, der anhand einer eingebauten Software erkennt, ob sich das Fahrzeug auf einem Prüfstand befindet und in diesem Fall vom regulären Abgasrückführungsmodus in einen Stickoxid-optimierten Modus umschalten kann. 

Im September 2015 gelangte der VW-Dieselskandal an die Öffentlichkeit, woraufhin erstmals über den betreffenden EA189-Motor in den Medien berichtet wurde. In der Folge entwickelte der Volkswagen-Konzern ein Software-Update für die vom Dieselskandal betroffenen Fahrzeuge, welches die beiden Kläger aufspielen ließen. 

BGH im VW-Dieselskandal: Ansprüche sind in diesem Fall nicht verjährt

Beide VW-Kunden zogen schließlich im Jahr 2020 vor Gericht, um Schadensersatzansprüche im Dieselskandal geltend zu machen. Jedoch hatten die jeweiligen Landes- und Oberlandesgerichte die Klagen abgewiesen. In beiden Fällen bestand zwar dem Grunde nach ein Anspruch nach § 826 BGB gegen VW, allerdings war dieser Anspruch nach Ansicht der Richter verjährt. 

Im ersten Fall hieß es hierzu: Wenn der Kläger im Jahr 2015 nichts von der Betroffenheit seines Fahrzeugs im sogenannten Dieselskandal mitbekommen habe, habe seine Unkenntnis auf grober Fahrlässigkeit beruht. Auch im zweiten Fall hieß es, die Klägerin habe im Februar 2016 aufgrund eines Informationsschreibens des Herstellers Kenntnis nicht nur vom Dieselskandal allgemein, sondern auch von der individuellen Betroffenheit ihres Fahrzeugs erfahren. 

BGH-Urteil: Kläger haben Anspruch auf Restschadensersatz nach § 852 Satz 1 BGB

Der BGH urteilte nun, dass nach Verjährung des Anspruchs aus § 826 BGB den Klägern aber ein Anspruch auf Restschadensersatz nach § 852 Satz 1 BGB zusteht. Demnach kann es auch nach Eintritt der Verjährung noch Ansprüche geben, wenn »der Ersatzpflichtige durch eine unerlaubte Handlung auf Kosten des Verletzten etwas erlangt« hat. VW argumentierte, dass dies »Erlangte« nur den reinen Gewinn betreffe, der BGH hingegen entschied nun anders. 

BGH im Dieselskandal: VW habe sich »bösartig bereichert«

Rechtsanwalt Helmut Dreschhoff von der Verbraucherkanzlei BRR Baumeister Rosing: »Der BGH urteilte, dass VW sich ›bösartig bereichert‹ hat. Somit läuft die Berechnung wie beim eigentlichen Schadenersatz: VW ist verpflichtet, den Kaufpreis größtenteils zurückzuerstatten, beim Kauf über einen Händler wird nur dessen Gewinnmarge abgezogen. Der Kunde hingegen muss sein Auto abgeben und sich die gefahrenen Kilometer anrechnen lassen.«  

Betroffene VW-Kunden sollten sich unbedingt rechtlich beraten lassen

»Betroffene Dieselfahrer, die ein Neufahrzeug gekauft hatten, können jedenfalls immer noch auf Restschadenersatz klagen«, so Dreschhoff. »Die Frist hierfür läuft nach zehn Jahren ab Kauf ab. Das jüngste BGH-Urteil betrifft VW-Dieselfahrzeuge, die zwischen Februar 2012 und September 2015, also dem Zeitpunkt des Bekanntwerdens des Dieselskandals, gekauft wurden. Die betreffenden Fahrzeuge sind bereits mindestens sechseinhalb Jahre alt, daher haben sie in vielen Fällen schon sehr hohe Kilometerstände. Da die Gerichte vom Schadensersatz einen Nutzungsersatz abziehen, sollten sich betroffene VW-Kunden unbedingt rechtlich beraten lassen, ob ein Vorgehen gegen den Hersteller wirtschaftlich Sinn macht. Vermutlich aber schon, denn nach dem aktuellen BGH Urteil ist damit zu rechnen, dass VW wieder Vergleiche mit Einmalzahlungen anbietet.« 

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Foto(s): BRR Baumeister Rosing Rechtsanwälte


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