Neues zu Ausschlussfristen

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Die regelmäßige Verjährungsfrist im Bürgerlichen Gesetzbuch beträgt drei Jahre, §§ 195, 199 BGB. Wird ein Anspruch erst später geltend gemacht, kann sich der zur Leistung verpflichtete Schuldner auf die Einrede der Verjährung berufen, er muss dann nicht mehr leisten. 

Die Geltendmachung der Ansprüche kann jedoch mittels Vereinbarung einer Ausschlussfristenregelung im Arbeitsvertrag auf einen kürzeren Zeitraum limitiert werden. Insbesondere für Arbeitgeber sind solche Ausschlussfristen daher von großer Bedeutung. 

Mit den Anforderungen an die Wirksamkeit derartiger Ausschlussfristen mussten sich die Gerichte jedoch bereits des Öfteren befassen.

Im folgenden Fall stritten die Parteien über Vergütung und Urlaubsabgeltung. Im Arbeitsvertrag war folgende Verfallfristenregelung enthalten:

  1. Alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, verfallen, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich geltend gemacht worden sind.
  2. Lehnt jedoch die Gegenpartei den Anspruch ab oder erklärt sie sich nicht innerhalb von vier Wochen nach der Geltendmachung des Anspruchs, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb von drei Monaten nach der Ablehnung oder dem Fristablauf gerichtlich geltend gemacht worden ist.
  3. Ausgenommen von den vorstehenden Verfallfristen sind Ansprüche, die auf vorsätzlichem sowie grob fahrlässigem Verhalten beruhen sowie unabdingbare gesetzliche Ansprüche. 

Nachdem er ordentlich gekündigt wurde, begehrte der Kläger mit Schreiben vom 04.04.2016 Gehalt für den Monat März 2016, da das Arbeitsverhältnis erst Ende März beendet war. 

Nachdem die außergerichtliche Geltendmachung nicht fruchtete, machte er seinen Anspruch mit der erst am 12.08.2016 anhängig gewordenen Klage geltend. Die Beklagte beantragte Klageabweisung mit der Begründung, dass der Gehaltsanspruch aufgrund der arbeitsvertraglichen Ausschlussfrist wegen nicht rechtzeitiger Geltendmachung verfallen sei. Das LAG hat dieser Ansicht zugestimmt und die Klage insofern abgewiesen.

Neben der Frage, ob der Vergütungsanspruch des Klägers jedoch tatsächlich in Gänze verfallen ist, stellt sich u. a. die weitere Frage, ob Nr. 3 der Verfallklausel intransparent war, weil die ausgenommenen „unabdingbaren“ gesetzlichen Ansprüche nicht näher bezeichnet wurden.

Das BAG kam mit Urteil vom 30.01.2019 – Az.: 5 AZR 43/18 u. a. zu folgendem Ergebnis:

Der Vergütungsanspruch des Klägers sei nicht in Gänze verfallen:

Für jede im Streitzeitraum geleistete Arbeitsstunde habe der Kläger nämlich nach § 1 Abs. 2 i. V. m. §§ 20, 1 Abs. 1 MiloG Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn von – im Streitzeitraum – EUR 8,50 brutto je Zeitstunde.

Unabhängig davon, ob Nr. 3 der obigen Verfallklausel den Anspruch auf Mindestlohn von der Verfallklausel ausnimmt, könne jedenfalls die Geltendmachung dieses Anspruchs nach § 3 S. 1 MiLoG nicht beschränkt oder ausgeschlossen werden.

Ferner sei der Mindestlohn vom Streitgegenstand einer auf Vergütung für geleistete Arbeit gerichteten Klage umfasst.

Der den gesetzlichen Mindestlohn übersteigende vertragliche Entgeltanspruch sei zwar wegen nicht rechtzeitiger gerichtlicher Geltendmachung verfallen. Der Kläger hätte für den den Mindestlohnsockel übersteigenden Teil des vertraglichen Entgeltanspruchs die Frist zur gerichtlichen Geltendmachung nach Nr. 2 der Verfallfrist einhalten müssen.

Hinsichtlich des Mindestlohns selbst habe der Kläger jedoch weiterhin einen Anspruch.

Ferner verstoße Nr. 1 und Nr. 2 der Verfallklausel nicht gegen § 307 Abs. 1 S. 2 BGB und auch Nr. 3 der Verfallfristenregelung sei nicht intransparent, da durch Auslegung zu ermitteln sei, welche Ansprüche mit „unabdingbaren gesetzlichen Ansprüchen“ gemeint sind. 

Die Klausel verstoße auch nicht gegen § 3 MiLoG. Der Anspruch auf gesetzlichen Mindestlohn sei unabdingbar und gehöre damit zu den durch Nr. 3 der Verfallklausel ausgenommenen „unabdingbaren gesetzlichen Ansprüchen“.

Fazit: Der Mindestlohn stellt einen unabdingbaren gesetzlichen Anspruch dar, der nicht durch Verfallfristen eingeschränkt oder ausgeschlossen werden kann. Der Anspruch auf Mindestlohn verfällt demnach nicht.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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