Neuschuldenfalle - Dienstwagen in der Insolvenz

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Viele Arbeitnehmer haben in den vergangenen Jahren als Personalbindungsmaßnahme Dienstwagen zur Privatnutzung zur Verfügung gestellt bekommen. Das ist sicher eine gute Sache, sofern man nicht plant einen Insolvenzantrag zu stellen. In der Insolvenz drohen oft sehr unangenehme Überraschungen.

Selbst im Falle einer Insolvenz wird das Nettoeinkommen vor Abzug von 1% des brutto-PKW-Wertes als Grundlage für die monatliche Pfändung weiterhin verwendet. Dadurch kann es vorkommen, dass die tatsächliche Auszahlung des Gehalts nach der Lohnpfändung durch den Insolvenzverwalter deutlich unterhalb der gesetzlichen Pfändungsfreigrenze für Schuldner liegt. Diese Situation tritt ebenfalls ein, wenn Lohnpfändungen vor einem Insolvenzverfahren gegen zahlungsunfähige Arbeitnehmer durchgesetzt werden.

Um dies besser zu veranschaulichen, nehmen wir das Beispiel eines Arbeitnehmers ohne Unterhaltspflichten, der neben seinem Gehalt einen Dienstwagen erhält. Sein Bruttogehalt beträgt monatlich 1900€. Der Neupreis (Bruttolistenpreis) des als Firmenfahrzeug verwendeten PKW beträgt 40.000€, weshalb das Bruttogehalt um 1% des Wertes, also um 400€, auf 2300€ erhöht wird. Nach Abzug von Steuern und Sozialabgaben würde das Nettogehalt normalerweise etwa 1600€ betragen. Allerdings wird die Auszahlung um die zuvor hinzugefügten 400€ reduziert, sodass der Arbeitnehmer tatsächlich nur 1200€ als Auszahlung erhält.

Während des Insolvenzverfahrens dient der theoretische Nettolohn in Höhe von 1600€ als Grundlage für die Pfändung durch den Insolvenzverwalter. Laut der aktuellen Pfändungstabelle (Stand 2023) ergibt dies eine monatliche Pfändung von 202,89€. Obwohl die gesetzliche Pfändungsfreigrenze bei 1.426,11€ liegt, bleiben dem Schuldner in diesem speziellen Fall lediglich rd. 1.000,00€ monatlich zur Verfügung. Aus diesem unpfändbaren Einkommen müssen dann weiterhin die laufenden Fixkosten wie Miete, Versicherung etc. bestritten werden. Dadurch entsteht oft eine finanziell untragbare Situation für den insolventen Arbeitnehmer, der einen Dienstwagen besitzt.

Bitte beachten Sie, dass in obigem Beispiel die Fahrtkostenversteuerung nicht berücksichtigt ist, welche in gleicher Weise behandelt wird. Das heißt, wenn der Fahrweg zwischen Wohnung und Arbeit weit ist, steigt das theoretische Nettogehalt noch weiter. 

Kann das Fahrzeug auch für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte benutzt werden, erhöht sich grundsätzlich der (nach der 1 %-Methode ermittelte) Wert für jeden Kalendermonat um 0,03 % des obigen Listenpreises für jeden Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte.

Wird dem Arbeitnehmer ein betriebliches Kraftfahrzeug dauerhaft zur Nutzung für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte überlassen, so findet die 0,03 %-Regelung auch Anwendung für volle Kalendermonate, in denen das Fahrzeug tatsächlich nicht für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte genutzt wird.

Zu obigem Beispiel kommt jetzt noch die einfache Entfernung von 20 km hinzu. 

Der monatliche geldwerte Vorteil für die Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte beträgt 240 € (20 km x 0,03 Prozent x 40.000 EUR). D.h. auf die obige Bruttolohnberechnung kommen jetzt noch 240€ hinzu. Daraus resultiert ein höheres Netto. Dieses wird aber bei der Pfändung berücksichtigt, obwohl der Betrag von 240€ ebenfalls vor der Auszahlung vom Arbeitgeber abgezogen wird. 

Um es kurz zu machen: das Auto ist für die monatliche Liquidität eines Insolvenzschuldners mit geringerem Einkommen idR. tödlich. Man sollte mit dem Arbeitgeber und ggf. mit einem Steuerberater vor Antragsstellung einen Lösungsweg suchen. Ein über Mutter, Vater, Schwester, Bruder oder sonst jemanden geleastes kleines Auto, dessen Raten man im Monat bezahlt und zusätzlich ein monatlicher steuerfreier Tankgutschein vom Arbeitgeber ist vermutlich die sinnvollere Lösung. Oder ein vollelektrisches Auto als Dienstwagen, da dabei die Steuersätze viel niedriger sind.

Foto(s): Thorsten Klepper

Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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