Nichtöffentliche Gemeinderatssitzung: Haben Bürger einen Anspruch auf Einsicht in das Protokoll?

  • 1 Minuten Lesezeit

Es wäre zu schön, durch Einsicht des Sitzungsprotokolls nichtöffentlicher Gemeinderatssitzungen in die Welt der geheimen Beratungsinhalte einzutauchen. 

Das dachte sich jedenfalls ein klagender Bürger, der hierfür vor den Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg zog. Die Erfolgsaussichten waren für unseren Rechtsanwalt Schleifer (Hauptmann-Uhl & Kollegen, Göppingen) absehbar.


Öffentlich ist öffentlich

Dass Einwohner die Niederschriften öffentlicher Sitzungen einsehen können, ist klar. Denn das ergibt sich schon unmittelbar aus § 38, Abs. 2, Satz 4 Gemeindeordnung Baden-Württemberg.

Es bestehen auch keine Bedenken hiergegen, denn der Inhalt der Sitzung wurde dann öffentlich behandelt. Das Protokoll fasst den besprochenen Inhalt zusammen.


Hintertür Protokoll? Wenn nichtöffentlich öffentlich wird

Gibt es die berühmte Hintertür? Ein Bürger hat sich auf die Suche begeben. Er verlangte Einsicht in die Niederschrift einer nichtöffentlichen Sitzung. Er hat dazu argumentiert, ihm stehe aufgrund § 1, Abs. 2 Landesinformationsfreiheitsgesetz ein solcher Anspruch zu. Das würde zu einer Verpflichtung der Gemeinden führen, die Beratungsgegenstände aus nichtöffentlichen Sitzungen den Bürgern zugänglich zu machen. 

Es fällt auf: der ursprüngliche Zweck der Geheimhaltung nichtöffentlicher Sitzungen würde völlig unterlaufen.


Das sagt der Verwaltungsgerichtshof

Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hat nun entschieden, dass ein solcher Anspruch auf Einsicht in Sitzungsunterlagen aus nicht öffentlichen Gemeinderatssitzungen nicht besteht. § 1, Abs. 2 des Landesinformationsfreiheitsgesetzes kann hierzu nicht herangezogen werden.

Die Regelung der Gemeindeordnung Baden-Württemberg, das Einsicht nur in Niederschriften über öffentliche Sitzungen zu erfolgen habe, gehe dem Informationsanspruch des Bürgers aus dem Landesinformationsfreiheitsgesetzes vor. § 38, Abs. 2, Satz 4 Gemeindeordnung Baden-Württemberg sei eine Spezialform, die den Zugang zu amtlichen Informationen vorrangig und abschließend regelt. Ein Anspruch auf Einsicht in Sitzungsniederschriften aus nichtöffentlichen Gemeinderatssitzungen besteht demnach nicht. Das erscheint auch sinnvoll. 

Die Hintertür bleibt damit geschlossen, die Vertraulichkeit der nichtöffentlichen Gemeinderatssitzungen gewahrt.


Ihr Experte

Florian Schleifer ist Rechtsanwalt in der Kanzlei Hauptmann-Uhl und Kollegen in Göppingen. Er vertritt Körperschaften des Öffentlichen Rechts und Privatpersonen gerichtlich und außergerichtlich im öffentlichen Recht.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Florian Schleifer

Beiträge zum Thema