Ohne Fahrradhelm unterwegs im Alltagsradverkehr – na und ???!!!

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Das Oberlandesgericht (OLG) Nürnberg musste sich anlässlich eines Verkehrsunfalls zwischen einer (ohne Fahrradhelm fahrenden) Fahrradfahrerin und einem Pkw, einmal mehr mit der kontrovers diskutierten Frage beschäftigen, ob das Nichttragen eines Helms ein Mitverschulden der verletzten Fahrradfahrerin begründet. Mit Urteil vom 20.08.2020, Az.: 13 U 1187/20 hat das OLG diese Frage vereint.

Sachverhalt:

Eine 27-jährige Frau fuhr mit ihrem Fahrrad ohne Fahrradhelm an einer Kreuzung geradeaus. Der beklagte Autofahrer wollte mit seinem Pkw nach rechts abbiegen, wobei es zu einer Kollision und zu Verletzungen bei der Fahrradfahrerin kam. Sie erlitt unter anderem eine Kalottenfraktur, eine Subarachnoidalblutung, eine Kopfplatzwunde und eine Prellung der Lendenwirbelsäule. Gerichtlich machte die Fahrradfahrerin nun Schmerzensgeldansprüche geltend. Der beklagte Autofahrer und dessen Versicherung wandten hiergegen unter anderem ein, dass sich die Fahrradfahrerin nicht verkehrsgerecht verhalten habe, indem diese trotz Kenntnis des Verletzungsrisikos keinen (Fahrrad-)Helm getragen habe.

Entscheidung:

Das OLG verwies im Rahmen seines Urteils zunächst auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 17.06.2014, in dem der BGH urteilte, dass jedenfalls bis zum Jahr 2011 grundsätzlich kein Mitverschulden dadurch begründet wurde, dass ein Radfahrer bei einem Unfall keinen Helm getragen hat. Sodann stellte das OLG fest, dass auch der heutige Erkenntnisstand hinsichtlich der Möglichkeiten, dem Verletzungsrisiko durch Schutzmaßnahmen zu begegnen, noch nicht den Schluss rechtfertigt, dass ein Radfahrer sich nur dann verkehrsgerecht verhält, wenn er einen Helm trägt. Anlass für die Annahme eines Mitverschuldens durch das Nichttragen eines Schutzhelms könnte nach Auffassung des BGH nur dann vorliegen, wenn im Unfallzeitpunkt nach allgemeinem Verkehrsbewusstsein das Tragen eines Helms beim Fahrradfahren zum eigenen Schutz erforderlich ist. Es sei, so dass OLG, jedoch gerichtsbekannt, dass ein derartiges allgemeines Verkehrsbewusstsein nach wie vor nicht besteht. Nach Kenntnis des OLG nutze die bei weitem überwiegende Mehrheit (rund 80 %) der erwachsenen Bevölkerung nach wie vor keinen Helm beim Fahrradfahren, insbesondere nicht innerorts im Alltagsradverkehr. 

Fazit:

Durch das Tragen eines Fahrradhelms kann das Verletzungsrisiko bei Unfällen erheblich reduziert werden. Zumindest im Alltagsverkehr von Erwachsenen Radfahrern begründet das Nichttragen eines Helms indes (noch) kein Mitverschulden und kann daher nicht zu einer Kürzung der Schadensersatz-/Schmerzensgeldforderung führen. Anders kann dies schon jetzt zum Beispiel bei fahrradfahrenden Kindern im Alltagsverkehr oder im Bereich des sportlichen Radfahrens aussehen. Zudem wird abzuwarten sein, ob zukünftig mehr Radfahrer einen Helm tragen werden. Die Problematik wird die Gerichte daher weiterhin beschäftigen.

Martin Volkmann

Rechtsanwalt

Fachanwalt für Arbeitsrecht

Fachanwalt für Verkehrsrecht

Fachanwalt für Versicherungsrecht


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