OLG Hamburg setzt Zeichen: 4.000 Euro Schadensersatz nach Schufa-Eintrag

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Negativeinträge bei der Schufa und weiteren Auskunfteien führen zwangsläufig zu erheblichen Beeinträchtigungen. Dies erkennt auch der EuGH in seinem Urteil vom 07.12.2023 (verb. Rs. C-26/22 und C-64/22) an, wenn er schreibt, dass Negativeinträge als „negativer Faktor bei der Beurteilung der Kreditwürdigkeit“ dienen und betroffenen Personen hierdurch erheblich erschwert wird, ihre „Grundbedürfnisse zu decken“.

Betroffene Personen fragen sich daher oftmals im Falle von unberechtigten Negativeinträgen, ob sie Schmerzensgeld (immateriellen Schadensersatz) fordern können. Im Rahmen eines von der Kanzlei AdvoAdvice geführten Verfahrens hatte das Oberlandesgericht Hamburg nunmehr die Gelegenheit, hierzu eingehend Stellung zu nehmen (Urt. v. 10.01.2024 – Az. 13 U 70/23).

Was war passiert?

Der Betroffene führte bei der Barclays Bank ein Kreditkartenkonto. Nachdem der Betroffene das Konto kündigte, forderte die Barclays Bank noch einen Betrag von 1.472,54 €. Der Betroffene wandte gegen die Rechtmäßigkeit der Forderung diverse Gründe ein und bestritt die Forderung.

Daraufhin meldete die Barclays Bank die Forderung bei der Schufa Holding AG im Dezember 2019 als Negativeintrag ein. Der Betroffene ging mit anwaltlicher Hilfe der Kanzlei AdvoAdvice gegen die Eintragung bei der Schufa Holding AG vor. Diese brachte den Eintrag sodann kurzfristig zur Löschung.

Vier Monate später meldete die Barclays Bank die Forderung erneut bei der Schufa Holding AG ein. Infolgedessen wurde dem Betroffenen von seiner Hausbank eine Kreditkarte gesperrt und ein angefragter Kredit wurde mit Verweis auf den Negativeintrag bei der Schufa Holding AG abgelehnt.

Nach erneuter Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe der Kanzlei AdvoAdvice wurde der Negativeintrag bei der Schufa Holding AG erneut zur Löschung gebracht. Zudem wurde von der Barclays Bank immaterieller Schadensersatz gefordert. Nachdem diese eine Zahlung verweigerte, wurde für den Betroffenen Klage vor dem Landgericht Hamburg eingereicht.

Wie entschieden die Gerichte?

Die Barclays Bank war außergerichtlich nicht bereit die Schadensersatzansprüche zu begleichen. Insofern war eine Klage vor dem LG Hamburg notwendig.

Barclays Bank in erster Instanz zur Zahlung verurteilt

Das Landgericht Hamburg (Urteil v. 19.04.2023) hatte bereits in der ersten Instanz einen immateriellen Schadensersatzanspruch von 2.000,00 € zuerkannt. Es hielt dabei fest, dass der Negativeintrag rechtswidrig war und beide Meldungen an die Schufa Holding AG nicht hätten erfolgen dürfen. Zum Eintrag schrieb das LG Hamburg:

Es lag kein berechtigtes Interesse der Beklagten oder eines Dritten im Sinne von Art. 6 Abs. 1 lit. f) DSGVO vor. Die von der Beklagten geltend gemachte Forderung war zwischen den Parteien streitig und nicht tituliert, so dass eine Einmeldung an die SCHUFA nicht hätte erfolgen dürfen.“


Diesen Ausführungen hat sich das OLG Hamburg später explizit angeschlossen. Es ist also für die Rechtmäßigkeit von Einträgen erheblich, ob die Forderung bestritten ist oder nicht.


Das Urteil war ein erster wichtiger Zwischenerfolg, um die Rechtswidrigkeit der Meldung festzustellen und Schadensersatz auch tatsächlich zu erhalten.


Schadensersatz nicht hoch genug – Berufung


Gegen das Urteil des LG Hamburg wurde durch den Betroffenen Berufung eingelegt, da der Schaden aus Sicht des Klägers deutlich höher liegt. Das Oberlandesgericht Hamburg entschied nunmehr, dass im konkreten Fall ein Schadensersatzanspruch von 4.000,00 € gerechtfertigt ist.


Dabei hat das Oberlandesgericht zunächst festgestellt, dass der Betroffene aufgrund des Negativeintrags und durch die Darstellung als unzuverlässiger Schuldner in seinem sozialen Ansehen beeinträchtigt wurde und dies bereits für sich einen erheblichen Nachteil darstellt.

Zudem wirkte sich schadensersatzerhöhend aus, dass der Betroffene weitere negative Konsequenzen aufgrund des nicht gewährten Kredits und der Sperrung der Kreditkarte erlitten hat. Sodann wird das Oberlandesgericht Hamburg und kritisiert das Verhalten der Barclays Bank mit deutlichen Worten (Urteil hier abrufbar):


Danach muss zum einen dem Umstand, dass auf Seiten der Beklagten jedenfalls bedingter Vorsatz angenommen werden muss, besondere Bedeutung beigemessen werden. Die Beklagte hat die erste Meldung vorgenommen, obwohl der Kläger die Forderung auf ihren eigenen Hinweis hin, dass eine Meldung an die Schufa (nur dann) erfolgen werde, sofern er die Forderung nicht bestritten habe, mit Schreiben vom 1.12.2019 (…) ausdrücklich bestritten hat. Auch die zweite Meldung erfolgte trotz weiteren Bestreitens durch den Kläger (…), seiner Aufforderung zur Löschung und einer zwischenzeitlich erfolgten Löschung durch die Schufa selbst (…). Ein solches Verhalten kann nicht anders gedeutet werden, als dass die Beklagte wissentlich und jedenfalls unter billigender Inkaufnahme des als möglich erkannten pflichtwidrigen Erfolges ihre Pflichten aus der DSGVO verletzt hat. Hinzu kommt, dass die Beklagte sich trotz Aufforderung durch den Kläger und Darlegung der Rechtswidrigkeit der Meldung geweigert hat, den Negativeintrag zu widerrufen.“


Vor diesem Hintergrund erkannte das Oberlandesgericht Hamburg einen Schadensersatzanspruch von insgesamt 4.000,00 € an.


Einschätzung von AdvoAdvice


Dr. Rohrmoser, Partner der Kanzlei AdvoAdvice und Prozessvertreter vor dem Oberlandesgericht Hamburg, begrüßt die klare Entscheidung und kommentiert das Urteil wie folgt: „Das OLG Hamburg hat in dieser Entscheidung wichtige Aspekte klargestellt, die sich positiv auf den Verbraucherschutz auswirken. Es ist klargestellt, dass es eine weitreichende Bedeutung hat, wenn eine Forderung bestritten hat und dass eine anschließende Meldung als (bedingt) vorsätzlicher Verstoß gegen die DSGVO gewertet werden kann.“


Erst kürzlich hat das OLG Hamburg (Urt. v. 30.08.2023 - 13 U 71/21) in einem weiteren von der Kanzlei AdvoAdvice geführten Verfahren Schadensersatz in Höhe von 1.000,00 Euro pro Datenübermittlung an die Schufa Holding AG zugesprochen. Als Nachteil wurde lediglich eine Verschlechterung des Scorewertes sowie eine Datenübermittlung an eine Bank festgestellt und schreibt dann:


Ferner hat die Beklagte die rechtswidrigen Meldungen kurzfristig nach Aufforderung durch den Prozessbevollmächtigten des Klägers gegenüber der Schufa widerrufen. Darüber hinaus ist jedenfalls an dieser Stelle zu berücksichtigen, dass die Meldungen letztlich auch keine weiteren negativen Konsequenzen für den Kläger hatten.“


Das OLG Hamburg ist damit weiter auf einem Kurs, welcher den in Hamburg ansässigen Unternehmen wie der Barclays Bank nicht schmecken dürfte. Neben der Gefahr von Bußgeldern sollten die Banken auch das Risiko von Schadensersatzzahlungen nicht unterschätzt werden, da nach einer einmal erfolgten Meldung nicht beeinflusst werden kann, wie hoch dieser tatsächlich ausfällt.


Fazit und Handlungsempfehlung 

Insgesamt stärkt das Oberlandesgericht Hamburg mit seiner Entscheidung die Betroffenenrechte der DSGVO. Wichtig ist bereits die Feststellung des Gerichts, dass bereits die Beeinträchtigung des sozialen Ansehens durch den Negativeintrag ohne Hinzutreten weiterer Umstände einen Schaden begründet und das Bestreiten einer Forderung ausreicht, um das berechtigte Interesse an einer Meldung entfallen zu lassen.

Die Entscheidung mahnt die an einer Einmeldung beteiligten Unternehmen darüber hinaus zur sorgfältigen Prüfung, ob die Voraussetzungen für eine Einmeldung im Einzelfall tatsächlich vorliegen. Betroffene bekommen mit dem Schadensersatzanspruch zudem ein wirksames Mittel in die Hand, um eingetretene Nachteile und Beeinträchtigungen auszugleichen.

Wenn Sie also mit einer Forderung einer Bank oder eines anderen Unternehmens konfrontiert werden, sollten Sie diese Forderung zunächst bestreiten, um einen etwaige Schufa-Eintrag zu verhindern oder zumindest einen späteren Schadensersatzprozess vorbereiten zu können. Zudem sollten Nachteile wie Kreditkündigungen und abgelehnte Verträge gut dokumentiert werden.

Negativeinträge gehen immer mit  erheblichen Schwierigkeiten für betroffene Personen einher. Sollten auch Sie Probleme mit Einträgen in Auskunfteien haben, dann wenden Sie sich an die Kanzlei AdvoAdvice Rechtsanwälte als führende Experten auf diesem Gebiet unter info@advoadvice.de. Die Kanzlei AdvoAdvice berät und unterstützt schon seit mehreren Jahren Betroffene bei der Löschung von Negativeinträgen und der Geltendmachung von immateriellen Schadensersatzansprüchen.

Weitere Informationen zum Thema Schufa und Datenschutz finden Sie hier.

Unsere Experten in Sachen Datenschutz und Schufa-Recht Dr. Sven Tintemann und Dr. Raphael Rohrmoser erreichen Sie auch unter 030 921 000 40.

Foto(s): AdvoAdvice

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