OLG Hamm: Audi AG muss Käufer eines Audi 3-Liter Euro 6 Schadenersatz leisten

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Die Audi AG hat den Käufer eines vom Abgasskandal betroffenen Audi SQ 5 3,0 TDI Euro 6 sittenwidrig geschädigt. Dies hat das Oberlandesgericht Hamm mit Urteil vom 23.11.2020 (Az. 8 U 43/20) entschieden. Der Käufer hatte das Fahrzeug im November 2018 bei einem Vertragshändler gekauft. Dabei wurde er nicht über die im Fahrzeug verbaute unzulässige Abschalteinrichtung informiert. Dies hat die Audi AG nach Auffassung des Gerichts billigend in Kauf genommen. Das Urteil wurde von Rechtsanwalt Philipp Neumann (Kanzlei 2vier2) erstritten. Es ist noch nicht rechtskräftig. Die Revision beim BGH wurde nicht zugelassen.

„Aufheizstrategie“ stellt unzulässige Abschalteinrichtung dar

Nach den Feststellungen des Kraftfahrtbundesamtes (KBA) verfügt das Fahrzeug über eine Aufheizstrategie. Diese reduziert fast allein unter Prüfbedingungen den Stickoxidausstoß gemäß dem Grenzwert. Dies veranlasste das Gericht dazu, von einer unzulässigen Abschalteinrichtung auszugehen. Da die Audi AG die Anordnung des Rückrufs selbst befolgt hat, erachtete das Gericht den Einwand der Herstellerin, die Abgassteuerung im Fahrzeug sei als zulässig anzusehen, als unbeachtlich. Mit dem Urteil des EuGH vom 17.12.2020 (Az. C 693-18) dürften die Argumente zur Zulässigkeit der Abschalteinrichtung der Audi AG endgültig hinfällig sein.

Das OLG Hamm beurteilte das Verhalten der Audi AG als sittenwidrig, auch wenn die Audi AG ihre Händler über den Rückruf im Jahr 2018 informiert hatte. Die Audi AG hatte die Öffentlichkeit nicht selbst "proaktiv" informiert. Zudem hatte sie nicht sichergestellt, dass die Händler die Käufer auch tatsächlich informieren. Damit nahm das die Audi AG in Kauf, dass Käufer geschädigt werden, so das Gericht. Folglich könne sich die Audi AG auch nicht auf die Rechtsprechung des BGH zu späten Käufen der Modelle mit dem Motor EA 189 berufen (vgl. BGH, Urt. v. 30.07.2020, Az. VI ZR 5/20).

Vertragshändler verhielt sich ebenso arglistig

Nach Auffassung der Richter handelte ebenso der Vertragshändler der Audi AG arglistig. Dieser hatte das  Fahrzeug als mangelfrei übergeben,ohne vorher zu prüfen, ob das Fahrzeug von einem Rückruf betroffen ist. Folglich war der Kläger berechtigt, unmittelbar vom Kaufvertrag zurückzutreten.

Urteil mit Breitenwirkung

Das Urteil ist für mehrere Modelle des VW-Konzerns relevant. Die „Aufheizstrategie“ ist laut Rückrufbescheiden des KBA in verschiedenen 3-Liter-Dieselmodellen der Marke Audi Euro 6 (Audi A 4, Audi A 5, Audi A 8 sowie Audi Q 5 und Audi Q 7) verbaut. Zudem findet sich diese auch in den Diesel-Modellen des Porsche Macan und des VW Touareg. Weiterhin rückt das Urteil ebenso den Fokus auf das Verhalten der Autohändlern. Diese dürfen danach nicht ungeprüft Fahrzeuge veräußern, ohne zu einem Rückruf Nachforschungen anzustellen.  

Rechtsanwalt Philipp Neumann der Kanzlei 2vier2 vertritt neben Aktionären im Abgasskandal seit 2016 auch Käufer manipulierter Dieselfahrzeuge gegen verschiedene Hersteller (VW, Audi, Porsche, Daimler). Als Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht ist Rechtsanwalt Philipp Neumann seit 15 Jahren in der Prozessführung tätig und vertritt Mandanten in Bank- und Kapitalmarktstreitigkeiten sowie komplexen Rechtsstreitigkeiten.



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