OLG Koblenz: Schadensersatz im Abgasskandal auch bei Autokauf 2017

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Rund 200.000 Kläger sind im VW-Musterverfahren durch das Sieb gefallen und erhalten kein Vergleichsangebot von VW. Ein Grund dafür: Sie haben ihr vom Abgasskandal betroffenes Auto erst nach dem 31.12.2015 gekauft. Damit fallen sie aus den eng geknüpften Voraussetzungen für die Musterklage heraus. „Das bedeutet aber nicht, dass sie keine Schadensersatzansprüche haben. Auch wenn sie ihr Fahrzeug erst nach Bekanntwerden des Abgasskandals im Herbst 2015 gekauft haben, wurden sie von VW geschädigt und haben gute Chancen, ihre Schadensersatzansprüche durchzusetzen. Das zeigt auch ein aktuelles Urteil des Oberlandesgerichts Koblenz“, sagt Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung.

Das OLG Koblenz hat mit Urteil vom 3. April 2020 entschieden, dass der Kläger, der im Oktober 2017 einen von den Abgasmanipulationen betroffenen VW Passat mit dem Dieselmotor EA 189 gebraucht gekauft hatte, Anspruch auf Schadensersatz hat (Az.: 8 U 1956/19). Gegen Rückgabe des Fahrzeugs müsse VW den Kaufpreis abzüglich einer Nutzungsentschädigung für die gefahrenen Kilometer erstatten.

Auf den VW Passat des Klägers war nach dem Bekanntwerden des Abgasskandals und Rückruf durch das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) ein Software-Update aufgespielt worden. Der Mangel sei dadurch allerdings nicht beseitigt worden, argumentierte der Kläger und machte Schadensersatzansprüche geltend.

Nachdem seine Klage in erster Instanz noch gescheitert war, hatte sie vor dem OLG Koblenz Erfolg. Durch die Verwendung unzulässiger Abschalteinrichtungen habe VW die Käufer vorsätzlich sittenwidrig geschädigt. Dass der Kläger erst 2017, also rund zwei Jahre nach Bekanntwerden des Abgasskandals, den Kaufvertrag abgeschlossen hat, ändere an dem sittenwidrigen Verhalten von VW nichts, so das OLG Koblenz. Denn dieses sei auch nicht durch die Veröffentlichung einer Ad-hoc-Mitteilung im September 2015 noch durch späteres Verhalten von Volkswagen im Abgasskandal entfallen, führte das OLG aus.

Der Schaden sei auch nicht durch ein aufgespieltes Software-Update beseitigt. Denn dies setze voraus, dass die bestehenden Defizite vollständig beseitigt worden wären. Dies sei aber nicht der Fall, so das OLG weiter.

Die Kenntnis des Klägers, dass sein Fahrzeug von den Abgasmanipulationen betroffen ist, könne weder durch die Ad-hoc-Mitteilung, die sich ohnehin nicht an die Endkunden richte, noch durch eine freigeschaltete Suchmaske zur Eingabe der FIN im Internet, vorausgesetzt werden. Zumal die Suchmaske lediglich davon spreche, dass ein Dieselmotor von der Optimierungssoftware betroffen sei, aber keine weitere Aufklärung erfolge. Außerdem müsste die FIN auch schon vor dem Kauf eingegeben werden, um diesen Test durchzuführen, stellte das OLG Koblenz weiter klar.

Zudem dürfe das Risiko, dass die Aufklärungsmaßnahmen den Verbraucher nicht erreichen, nicht auf die geschädigten Käufer abgewälzt werden, so das OLG Koblenz. Ähnlich haben auch schon das OLG Hamm und OLG Oldenburg entschieden.

„Die Urteile zeigen, dass auch bei einem Fahrzeugkauf nach Bekanntwerden des Dieselskandals gute Chancen bestehen, Schadensersatzansprüche durchzusetzen. Kläger im VW-Musterverfahren, die ihr Fahrzeug erst 2016 gekauft und deshalb kein Vergleichsangebot erhalten haben, können ihre Schadensersatzansprüche noch bis zum 20. Oktober 2020 einklagen“, so Rechtsanwalt Dr. Hartung, Kooperationspartner der IG Dieselskandal.

Mehr Informationen auf der Kanzleihomepage.



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