OLG Naumburg spricht Schadenersatz im Wohnmobil-Abgasskandal zu

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Das OLG Naumburg hat Fiat bzw. den Mutterkonzern Stellantis im Wohnmobil-Abgasskandal zu Schadenersatz verurteilt. Mit Urteil vom 15.09.2023 entschied das OLG, dass in einem Wohnmobil auf Basis eines Fiat Ducato eine unzulässige Abschalteinrichtung zum Einsatz kommt und der Käufer dadurch zumindest fahrlässig geschädigt wurde (Az.: 8 U 24/23).

Das OLG Naumburg schloss sich damit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vom 26. Juni 2023 an. Der BGH hatte deutlich gemacht, dass Schadenersatzansprüche im Abgasskandal schon bei Fahrlässigkeit des Autoherstellers bestehen. „Damit hat der BGH die Hürden für Schadenersatzansprüche enorm gesenkt, weil dem Hersteller keine Sittenwidrigkeit mehr nachgewiesen werden muss. Davon können auch geschädigte Wohnmobil-Käufer profitieren“, sagt Rechtsanwalt Dr. Ingo Gasser aus Kiel.

Abgasmessungen bei verschiedenen Modellen des Fiat Ducato haben wiederholt zum Teil deutliche Überschreitungen der Grenzwerte beim Stickoxid-Ausstoß gezeigt. Damit ist der Abgasskandal auch bei Wohnmobilen, die auf einem Fiat Ducato basieren, angekommen.

Um ein solches Wohnmobil des Herstellers Sunlight ging es auch im Verfahren vor dem OLG Naumburg. Der Kläger hatte das Fahrzeug, das auf einem Fiat Ducato aufbaut, im Jahr 2020 gebraucht gekauft und machte Schadenersatzansprüche wegen der Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung geltend. So sei in dem Motor eine Timer-Funktion verbaut, die dafür sorge, dass die Abgasreinigung nach 22 Minuten reduziert wird und der Ausstoß von Stickoxid-Emissionen nach Ablauf der 22 Minuten steigt. „Der Abgastest im Prüfmodus dauert etwa 20 Minuten. Damit ist die Abgasreinigung gerade lange genug aktiv, um die Grenzwerte für den Emissionsausstoß im Prüfmodus einzuhalten. Nach Ablauf der 22 Minuten werden die Grenzwerte aber zum Teil deutlich überschritten“, so Rechtsanwalt Dr. Gasser.

Das OLG Naumburg folgte der Argumentation des Klägers. In dem Wohnmobil komme eine unzulässige Abschalteinrichtung zum Einsatz und der Kläger habe Anspruch auf Schadenersatz. Der Kaufvertrag könne zwar nicht vollständig rückabgewickelt werden, da Fiat bzw. Stellantis keine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung nachzuweisen sei. Es sei aber davon auszugehen, dass die unzulässige Abschalteinrichtung zumindest fahrlässig verwendet wurde. Der Kläger habe daher Anspruch auf Ersatz des Differenzschadens, der gemäß der Rechtsprechung des BGH zwischen 5 und 15 Prozent des Kaufpreises liegt.

Das OLG bezifferte den Schadenersatzanspruch auf 10 Prozent des Kaufpreises. Da der Kläger das Wohnmobil zum Preis von 48.000 Euro gekauft hatte, erhält er nun 4.800 Euro zurück und kann das Fahrzeug behalten. Eine Nutzungsentschädigung für die gefahrenen Kilometer ist nicht abzuziehen. Stellantis kann keine Rechtsmittel gegen das Urteil einlegen.

„Auch wenn es noch keinen verpflichtenden Rückruf wegen unzulässiger Abschalteinrichtungen durch das Kraftfahrt-Bundesamt gibt, haben betroffene Wohnmobil-Käufer gute Chancen, Schadenersatzansprüche im Abgasskandal durchzusetzen. Diese Chancen sind nach der verbraucherfreundlichen Rechtsprechung des BGH noch gestiegen“, sagt Rechtsanwalt Dr. Gasser, Kooperationspartner der IG Dieselskandal.

Mehr Informationen: https://www.ingogasser.de/wohnmobile-abgasskandal-2023/



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