OLG Nürnberg: Der gewerbsmäßige Ankauf von Lebensversicherungen ist erlaubnispflichtig

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Der gewerbsmäßige Ankauf von Lebensversicherungen bedarf als Einlagengeschäft gemäß § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 KWG der Erlaubnis der BaFin gemäß § 32 Abs. 1 S. 1 KWG, wenn dem Kauf zugrunde liegt, dass die Lebensversicherung gekündigt und der Rückkaufswert realisiert wird (OLG Nürnberg, Beschluss vom 05. Dezember 2014 – 14 W 2263/14). § 32 Abs. 1 S. 1 KWG sei danach ein „Schutzgesetz“ im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB zugunsten des Verkäufers der Lebensversicherung.

Der Kläger hatte in diesem Fall auf den Kaufpreis nur Zahlungen in Höhe von 39.170,28 € erhalten. Mit seiner Klage verlangte er die Differenz zum Rückkaufswert in Höhe von 23.434,98 € sowie die Feststellung, dass die Forderung ihren Rechtsgrund in einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung habe.

In dem Beschluss vom 05. Dezember 2014 – 14 W 2263/14 – des OLG Nürnberg wurde im Wesentlichen ausgeführt: Die Beklagte habe durch den „Ankauf“ der Lebensversicherung unbedingt rückzahlbare Gelder des Publikums angenommen; darauf, ob die Gelder fremd seien, komme es bei dieser Tatbestandsalternative nicht an.

Der Kläger habe seinen Anspruch auf § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 32 Abs. 1 KWG gestützt. Nach § 32 Abs. 1 KWG bedürfe der schriftlichen Erlaubnis, wer im Inland gewerbsmäßig Bankgeschäfte betreiben oder Finanzdienstleistungen erbringen will. Die Vorschrift sei Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB zugunsten des einzelnen Kapitalanlegers (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 19. März 2013 – VI ZR 56/12 –, BGHZ 197, 1 mit zahlreichen weiteren Nachweisen).

Die Beklagte habe in Wirklichkeit ein Bankgeschäft ohne Erlaubnis betrieben. Zu den erlaubnispflichtigen Bankgeschäften gehörten gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KWG die sog. Einlagengeschäfte, nämlich die Annahme fremder Gelder als Einlagen oder anderer unbedingt rückzahlbarer Gelder des Publikums, sofern der Rückzahlungsanspruch nicht in Inhaber- oder Orderschuldverschreibungen verbrieft werde.

Dass die Beklagte sich hier vom Kläger die Rechte aus der Lebensversicherung habe abtreten lassen, ändere nichts daran, dass sie mit der Abtretung Gelder im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KWG angenommen habe. Maßgeblich sei nämlich nicht eine streng zivilrechtliche Sichtweise, sondern eine wertende Gesamtbetrachtung (so LG Hamburg, Urteil vom 16. Januar 2013 – 332 O 72/12 –, juris; Voß EWiR 2010, 831). Nur diese könne dem Zweck der aufsichtsrechtlichen Regelung gerecht werden, die dem Schutz der Einleger diene (vgl. Serafin/Weber in Luz u.a., KWG, 2009, § 1 KWG Rn. 11). Soweit wird im Wesentlichen zitiert aus dem Beschluss des OLG Nürnberg vom 05. Dezember 2014, Az. 14 W 2263/14. Der Beschluss klärt zahlreiche bislang ungelöste Fragen bei Lebensversicherungskäufen in der Rechtspraxis.

In subjektiver Hinsicht stellt sich die Frage nach einem Verbotsirrtum: Die Unvermeidbarkeit hinsichtlich eines etwaigen Irrtums über die Erlaubnispflicht könne nur angenommen werden, wenn der Handelnde hinreichende Auskünfte über eine Erlaubnispflicht eingeholt habe, vorzugweise durch Einholung einer Auskunft der Erlaubnisbehörde. Insoweit gelte, dass für jemanden, der im Geschäftsleben stehe, ein Irrtum über das Bestehen eines Schutzgesetzes, das für seinen Arbeitsbereich erlassen wurde, nahezu immer vermeidbar sei. Denn jeder sei im Rahmen seines Wirkungskreises verpflichtet, sich über das Bestehen von Schutzgesetzen zu unterrichten, BGH, NJW 2012, 3177 Rdrn. 23, nach Stackmann, Gesetzliche Haftung für fehlgeschlagene Kapitalanlagen, NJW 2013, 1987.


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