OLG Nürnberg: Kein Verstoß gegen Unterlassungserklärung durch Inhalte im Wayback Machine-Archiv

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Kein Verstoß gegen Unterlassungserklärung durch Inhalte im Wayback Machine-Archiv

Wayback Machine – Was ist das?

Wayback Maschine ist ein ein Internetportal und eine Art Archiv für ältere Versionen von Internetseiten. Das Portal speichert in festgelegten Zeitabständen den Inhalt der Seiten und erstellt eine Historie mit unterschiedlichen Versionen.

Vorgeschichte: Urheberrechtsstreit wegen urheberrechtswidriger Nutzung von Kartenausschnitten

Die Klägerin betreibt eine Internetadresse und lizenziert hausnummerngenaue Stadtpläne und Landkarten des Stadtplandienstes. Die Beklagte bediente sich dieser Pläne in Form von 17 Kartenausschnitten ohne jedoch im Vorfeld eine Lizenz dafür erworben zu haben. Sie nutzte diese Kartenausschnitte über mehrere Jahre, um die Lage von Notfalltreffpunkten im Gemeindegebiet zu veranschaulichen.

Sämtliche Ansprüche aus dieser Urheberrechtsverletzung wurden durch eine Vergleichszahlung sowie die Unterzeichnung einer Unterlassungserklärung ausgeglichen (Amtsgericht Charlottenburg).

Die Beklagte verpflichtete sich, es zu unterlassen, "die nachstehenden insgesamt 17 Kartenausschnitte ohne Zustimmung des Unterlassungsgläubigers zu vervielfältigen und/oder der Öffentlichkeit im Internet zugänglich zu machen, wie unter der URL www.s[…]-m[…].de geschehen“.

Kartenausschnitte wurden aus dem CMS der Beklagten gelöscht

CMS - Content-Management-System (Inhaltsverwaltungssystem):

Dabei handelt es sich um Programme, mit dessen Hilfe Content erstellt, bearbeitet und organisiert werden kann.  Der Content kann, aus Texten, Bildern, Videos, Multimedia-Dokumenten auf Internetseiten und anderen Medienformen bestehen. Nach der Löschung der Kartenausschnitte aus dem CMS konnten Seitenbesucher diese nicht mehr über die Seitennavigation auf der Internetseite der Beklagten aufrufen.

Kartenausschnitte noch über Wayback Maschine abrufbar

Über das Internetarchiv hatte man jedoch weiterhin Zugriff auf die streitgegenständlichen Kartenausschnitte. Darüberhinaus konnten sie auch bei der Eingabe der genauen URL in den Browser des Internetproviders aufgefunden werden. Auch wurden sie bei Eingabe der Suchbegriffe „Notfalltreffpunkt O. der ST.“ bei der Microsoft-Suchmaschine Bing bzw. der Suchbegriffe „einsatzplan o. der st.“ und „einsatzplan r. l.“ bei der Suchmaschine von Google jeweils als oberstes Suchergebnis der Link zur Webseite der Unterlassungsschuldnerin angezeigt. Dies stuft das OLG Nürnberg allerdings als unbedenklich ein.

Aufruf urheberrechtlich geschützer Werke über Wayback Maschine löst keine Vertragsstrafe aus, OLG Nürnberg,  3 U 2291/23

Das OLG Nürnberg ist der Auffassung, dass sich aus der Unterlassungserklärung zwar eine Pflicht zur aktiven Beseitigung des Verletzungszustands einschließlich der Einwirkung auf Dritte ergebe, eine Zuwiderhandlung des Unterlassungsschuldners gegen den Unterwerfungsvertrag setze aber in der Regel grundsätzlich voraus, dass er weiterhin Dritten in voller Kenntnis der Folgen seines Verhaltens Zugang zu dem geschützten Werk verschaffe.

Vorliegend war das urheberrechtlich geschützte Werk (Stadtplan) jedoch vollständig aus dem CMS der Beklagten gelöscht worden, weshalb der Seitenbesucher des Internetauftritts die Kartenausschnitte nicht mehr über die Seitennavigation der streitgegenständlichen URL aufrufen konnte. Der Umstand, dass sie anderweitig auffindbar sind, wertet das OLG Nürnberg nicht als Verstoß gegen die Unterlassungserklärung, da die Fundstellen bzw. die Art, wie die Werke nach Abgabe der Unterlassungserklärung noch auffindbar waren, zu speziell sind.


Keine öffentliche Zugänglichmachung zu den Kartenausschnitten - Beklagte wendet sich nicht direkt an Dritte


Auszug aus dem Beschluss des OLG Nürnberg:


"Im Streitfall kann bereits deshalb kein öffentliches Zugänglichmachen i.S.v. § 19a UrhG angenommen werden, weil die Beklagte auf dem Internetarchiv "w..." nicht die Kontrolle über die Bereithaltung der Kartenausschnitte ausübt und sich diese daher nicht in ihrer Zugriffssphäre befinden. [...]

Darüber hinaus fehlt es an den Voraussetzungen einer öffentlichen Wiedergabe i.S.v. § 15 Abs. 2 UrhG, da die Beklagte über die "w..." nicht absichtlich und gezielt Dritten einen Zugang zu den Kartenausschnitten verschafft [...]."

Außerdem ist zu berücksichtigen, dass die „w...“ nicht von üblichen Internet-Suchmaschinen durchsucht werden kann. Vielmehr muss der Internetnutzer gezielt das Internetarchiv aufrufen und dort – da das Archiv keine eigene Suchfunktion aufweist – gezielt nach Inhalten suchen.[...]

Eine Verletzung gegen die Unterwerfung sehen die Richter somit nicht.

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