OLG Nürnberg sieht im Thermofenster unzulässige Abschalteinrichtung

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Ob bei VW, Mercedes oder anderen Autoherstellern – viele Dieselfahrzeuge verfügen über ein sog. Thermofenster bei der Abgasrückführung. Nach Ansicht des Oberlandesgerichts Nürnberg ist das Thermofenster eine unzulässige Abschalteirichtung. Die Fahrzeuge seien dadurch mangelhaft und der Käufer zum Rücktritt vom Kaufvertrag berechtigt, machte das OLG Nürnberg mit Hinweisbeschluss vom 2. August 2021 deutlich (Az.: 12 U 4671/19).

Das Thermofenster sorgt dafür, dass die Abgasrückführung nur in einem festgelegten Temperaturkorridor vollständig arbeitet. Bei sinkenden Außentemperaturen wird die Abgasrückführung reduziert bzw. ganz abgeschaltet. Folge ist, dass der Emissionsausstoß steigt. Im Abgasskandal wird die Rolle des Thermofensters kontrovers bewertet. Das OLG Nürnberg hat jetzt klar Stellung bezogen und deutlich gemacht, dass es ein Thermofenster als unzulässige Abschalteinrichtung werten wird und das Fahrzeug dadurch einen Sachmangel aufweise. „Durchgreifende Bedenken“ gegen einen Rücktritt vom Kaufvertrag seien nicht ersichtlich, so das OLG.

Das OLG Nürnberg verweist in seinem Beschluss auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs. Der EuGH hatte mit Urteil vom 17. Dezember 2020 (Az.: C-693/18) entschieden, dass Abschalteinrichtungen grundsätzlich unzulässig sind, wenn die Emissionen dadurch im Straßenverkehr im Vergleich zum Prüfmodus ansteigen. Ausnahmen seien nur zum unmittelbaren Schutz des Motors vor Beschädigung zulässig. Unzulässig seien hingegen Funktionen, die den Motor vor Verschleiß oder Versottung schützen sollen. „Demnach ist auch das Thermofenster eine unzulässige Abschalteinrichtung“, sagt Rechtsanwalt Andreas Schwering.

Das Thermofenster wird bei Dieselfahrzeugen weit verbreitet eingesetzt. Vor dem OLG Nürnberg geht es um das Thermofenster bei einem Fahrzeug des VW-Konzerns mit dem Dieselmotor des Typs EA 288. Dabei handelt es sich um den Nachfolgemotor des durch den Abgasskandal hinlänglich bekannt gewordenen Motors EA 189, der wie sein Vorgänger nicht nur bei VW-Fahrzeugen, sondern auch bei Modellen der Konzerntöchter Audi, Seat und Skoda zum Einsatz kommt.

Der Abgasskandal ist auch mit dem Nachfolgemotor nicht beendet. Eine Reihe von Landgerichten und auch die Oberlandesgerichte Köln und Naumburg haben VW auch bei Fahrzeugen mit dem Motor EA 288 wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung zu Schadenersatz verurteilt. „Dabei spielen auch andere unzulässige Abschalteinrichtungen eine Rolle. Das Thermofenster ist nun ein weiterer Baustein“, so Rechtsanwalt Schwering.

Das Thermofenster spielt aber nicht nur bei VW eine Rolle, sondern auch bei anderen Autoherstellern. So verwendet beispielsweise auch Daimler das Thermofenster bei zahlreichen Mercedes-Modellen. Rechtsanwalt Schwering: „Auch hier steigen die Chancen auf Schadenersatz.“

Mehr Informationen: https://www.rechtsanwaelte-schwering.de/



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