OLG Stuttgart spricht Schadenersatz im Mercedes-Abgasskandal zu

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Mercedes muss im Abgasskandal wegen der Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung Schadenersatz zahlen. Das hat das OLG Stuttgart mit Urteil vom 19. Oktober 2023 entschieden (Az.: 24 U 103/22). „Das OLG Stuttgart bewertete die Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung als unzulässige Abschalteinrichtung. Diese Funktion wurde bei zahlreichen Mercedes-Modellen eingesetzt. Daher kann das Urteil Signalwirkung für Schadenersatzansprüche bei Mercedes-Fahrzeugen mit der Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung haben“, sagt Rechtsanwalt Dr. Ingo Gasser.

In dem Fall vor dem OLG Stuttgart hatte der Kläger einen Mercedes mit dem Dieselmotor des Typs OM 642 und der Abgasnorm Euro 5 gebraucht gekauft. Er machte Schadenersatzansprüche wegen der Verwendung unzulässiger Abschalteinrichtungen, konkret wegen eines Thermofensters und eben wegen der Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung (KSR), geltend.

Die KSR sorgt dafür, dass das Kühlmittel langsamer erhitzt und dadurch der Ausstoß von Stickoxid reduziert wird. Allerdings ist sie überwiegend unter Bedingungen wie im Prüfmodus aktiv. Unter normalen Betriebsbedingungen ist sie kaum aktiviert und die Emissionen steigen an. Der EuGH hat bereits deutlich gemacht, dass Funktionen, die die Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems unter üblichen Betriebsbedingungen reduzieren, unzulässige Abschalteinrichtungen darstellen. Dieser Sichtweise schloss sich das OLG Stuttgart an.

Mercedes habe sich bei der Verwendung der KSR mindestens fahrlässig verhalten und sei daher zum Ersatz des Differenzschadens verpflichtet, folgte das OLG Stuttgart der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vom 26. Juni 2023. Der BGH hatte entschieden, dass bei Fahrlässigkeit zwar nicht der Kaufvertrag vollständig rückabgewickelt wird, der Käufer aber den sog. Differenzschaden geltend machen kann. „Der Differenzschaden beträgt nach der Rechtsprechung des BGH zwischen 5 und 15 Prozent des Kaufpreises. Außerdem kann der Kläger das Fahrzeug behalten“, so Rechtsanwalt Dr. Gasser.

Das OLG Stuttgart machte weiter klar, dass sich Mercedes bei der Verwendung der KSR auch nicht auf einen unvermeidbaren Verbotsirrtum berufen könne.

Beim Thermofenster sähe dies anders aus, so das OLG. Denn diese Technik sei flächendeckend in Dieselfahrzeugen zum Einsatz gekommen und vom Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) zumindest bis ins Jahr 2020 nicht beanstandet worden. „Das Thermofenster bleibt ein strittiger Punkt. Andere Gerichte sind hier schon zu anderen Auffassungen gekommen und haben auch wegen der zumindest fahrlässigen Verwendung eines Thermofensters Schadenersatz zugesprochen“, sagt Rechtsanwalt Dr. Gasser.

Im vorliegenden Fall war dies nicht wesentlich, da Schadenersatzansprüche schon wegen der Verwendung des KSR bestehen. „Auch diese Funktionen kommt im zahlreichen Mercedes-Fahrzeugen zum Einsatz. Mercedes-Käufer können daher von der Rechtsprechung des OLG Stuttgart, des BGH und des EuGH profitieren und Schadenersatzansprüche geltend machen“, so Rechtsanwalt Dr. Gasser, Kooperationsanwalt der IG Dieselskandal.

Mehr Informationen: https://www.ingogasser.de/mercedes-abgasskandal/




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