PC beschlagnahmt – Strafverteidiger bei Kinderpornografie § 184b StGB

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Strafverfahren wegen Kinderpornografie nehmen auch innerhalb des strafrechtlichen Gefüges nach Auffassung des Autors, der in diesem Bereich bundesweit verteidigt, auch innerhalb des Strafrechts eine faktische Sonderstellung ein. Es drohen neben den strafrechtlichen Konsequenzen auch ganz erhebliche Auswirkungen im familiären und sozialen Bereich. Die Vermeidung einer öffentlichen Hauptverhandlung sowie das Bestreben um eine diskrete Verfahrenserledigung ist daher häufig eines der Hauptziele im Rahmen einer effektiven Strafverteidigung beim Tatvorwurf des Besitzes von Kinderpornografie bzw. der Verbreitung von Kinderpornografie.

In zahlreichen Fachbeiträgen wurde schon auf die Besonderheiten im Rahmen der bundesweiten strafrechtlichen Beratung bei Strafverfahren wegen Kinderpornografie hingewiesen. Auch wenn allgemeine Ausführungen im Internet eine einzelfallbezogene Rechtsberatung nicht ersetzen können, sind nachfolgende Fragestellungen aus der täglichen Befassung des Autors mit dem Sexualstrafrecht eine erste Orientierung.

1. PC beschlagnahmt – Wie kommt es zu Ermittlungsverfahren wegen § 184b StGB?

Strafverfahren wegen Besitzes und Verbreitung von Kinderpornografie können natürlich aufgrund der unterschiedlichsten Ursachen eingeleitet werden. Neben gezielten Strafanzeigen, etwa im Nachgang zu der Reparatur eines Computers oder von Personen aus dem sozialen Nahbereich, die zufällig strafbare Inhalte auf Speichermedien entdeckt haben, ist die häufigste Auslöseursache in Ermittlungen der Landeskriminalämter bzw. des Bundeskriminalamtes zu sehen. Gerade im Bereich der Strafverfahren wegen Kinderpornografie kommt es häufig zu sogenannten „Großoperationen“. Aus dem Jahr 2017 ist beispielsweise auch in der breiteren Öffentlichkeit eine solche im Zusammenhang mit der Darknet-Plattform „Elysium“ bekannt. Das Forum „Elysium“ bestand seit Ende des Jahre 2016 und war über das Darknet zugänglich. Es verfügte zuletzt über etwa 87.000 Mitglieder und hatte den Austausch von kinderpornografischen Bild- und Videodateien zum Gegenstand.

Daneben finden allerdings auch regelmäßig weitere „Operationen“ statt, die in der medialen Öffentlichkeit weniger oder überhaupt nicht thematisiert werden. Gerade in den vergangenen Monaten standen zahlreiche Strafverfahren wegen Besitzes von Kinderpornografie bzw. wegen des Tatvorwurfs der Verbreitung von Kinderpornografie im Zusammenhang mit Mitteilungen, die über das sogenannte „NCMEC“ erfolgt sind. Dabei handelt es sich um das National Center For Missing Exploited Children, einer halbstaatlichen Organisation in den USA, welche Hinweise im Zusammenhang mit Straftaten gegen Kinder annimmt und an die zuständigen Behörden weiterleitet. In Deutschland ist dies regelmäßig das Bundeskriminalamt (BKA), welches dann anhand der IP-Adresse die weiteren Ermittlungen führt.

2. Wohnungsdurchsuchung wegen Kinderpornografie – Wann darf die Wohnung wegen § 184b StGB durchsucht werden?

Bei Wohnungsdurchsuchungen ist – vereinfacht ausgedrückt – zwischen einer Durchsuchung gem. § 103 StPO und einer solchen gem. § 102 StPO zu unterscheiden. Bei der Durchsuchung gem. § 103 StPO handelt es sich um eine solche bei einem Zeugen/Unverdächtigen. Gem. § 102 StPO wird bei einem Beschuldigten bzw. dem Verdächtigen der Straftat durchsucht. Rechtliche Voraussetzungen für eine Durchsuchung gem. § 102 StPO wegen des Tatvorwurfs „Besitz und Verbreitung von Kinderpornografie“ ist, dass ein sogenannter „Anfangsverdacht“ vorliegt. Ein solcher Anfangsverdacht ist gegeben, wenn die Wahrscheinlichkeit besteht, dass eine Straftat bereits begangen und nicht nur straflos vorbereitet worden ist.

Hierfür müssen zureichende tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen (vgl. BVerfG, NJW, 91, 690). Eine solche Wohnungsdurchsuchung stellt regelmäßig einen massiven Eingriff in das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung gem. Artikel 13 GG dar. Dies bedeutet, dass jedenfalls im Regelfall eine solche Wohnungsdurchsuchung wegen Kinderpornografie von einem Richter angeordnet werden muss. Nur in Ausnahmenfällen, etwa bei der Situation von Gefahr in Verzug, ist dies auch ohne richterlichen Durchsuchungsbeschluss möglich. Dies bedeutet, dass vor einer solchen Durchsuchungsmaßnahme die Beweislage in der Regel bereits durch einen Staatsanwalt und durch einen Richter dahingehend überprüft wurde, ob ein solcher Anfangsverdacht besteht.

Wichtig daher zu wissen: Bereits im unmittelbaren Nachgang zu der Durchsuchungsmaßnahme wegen § 184b StGB sollte mit einer effektiven Strafverteidigung begonnen werden. Ein im Bereich der Strafverteidigung wegen Kinderpornografie erfahrener Rechtsanwalt wird daher möglichst unverzüglich mit der rechtlichen Beratung für das weitere Ermittlungsverfahren beginnen und zudem natürlich die Rechtmäßigkeit der bereits getroffenen Maßnahmen überprüfen.

3. Was passiert mit den beschlagnahmten Speichermedien?

Bei Strafverfahren wegen Kinderpornografie werden die Speichermedien regelmäßig einer umfassenden Auswertung unterzogen. Denkbar ist hierbei sowohl eine Auswertung durch die entsprechenden Fachdezernate der Polizei als auch eine solche durch spezialisierte Gutachter bzw. Sachverständigenbüros.

Die Auswertedauer kann hierbei je nach Gerichtsbezirk in Deutschland mehrere Monate in Anspruch nehmen, wobei dem Autor durchaus auch Fälle bekannt sind, bei denen sogar die Jahresgrenze sehr deutlich überschritten wurde. Aus der Lektüre von unzähligen Auswertegutachten lässt sich der Schluss ziehen, dass durchaus qualitative Unterschiede bei der Auswertung bestehen. Auf die Einzelheiten hierzu muss aber im Rahmen der individuellen Rechtsberatung eingegangen werden.

4. Können Aussagen bei der Wohnungsdurchsuchung wegen Kinderpornografie noch korrigiert werden?

Bei Ermittlungsverfahren wegen Kinderpornografie kommt es immer wieder vor, dass seitens des Beschuldigten schon im Rahmen der Wohnungsdurchsuchung Angaben gegenüber dem Kriminalbeamten gemacht werden. Ob diese Angaben schädlich waren oder nicht, stellt sich mitunter erst nach Einsichtnahme in die Ermittlungsakte heraus. Da eine effektive Strafverteidigung wegen Kinderpornografie stets nach dem „Prinzip des sichersten Weges“ erfolgen sollte, können unbedachte Äußerungen in der Ermittlungsakte natürlich nachteilig sein und sollten vermieden werden. Auch wenn keine förmliche Vernehmung am Durchsuchungstag stattgefunden hat, fertigen die Durchsuchungsbeamten häufig einen Durchsuchungsbericht an, in welchem auch Äußerungen bzw. Spontanäußerungen niedergelegt werden. Es hängt sodann von der jeweiligen Einzelfallkonstellation ab, ob es sich hierbei um verwertbare Angaben handelt oder ob ein Verwertungswiderspruch erhoben werden kann bzw. ob ein solcher Verwertungswiderspruch sinnvoll ist.

5. Was sind die Ursachen für den Konsum von Kinderpornografie?

Der Konsum von Kinderpornografie kann die unterschiedlichsten Ursachen haben. Im Rahmen der Strafverteidigung im Sexualstrafrecht hat der Autor die unterschiedlichsten Gründe erlebt, welche zu dem Besitz der strafbaren Inhalte geführt haben, weshalb ihm hier „nichts fremd“ ist. Wichtig zu wissen: Gem. ICD10 liegt eine Pädophilie nur dann vor, wenn eine sexuelle Präferenz für Kinder, welche sich häufig bereits in der Vorpubertät entwickelt hat, besteht. In der Praxis ist dies sehr häufig gerade nicht der Fall.

Sofern die Ursachen für die Strafbarkeit aus medizinischer Sicht nicht der Pädophilie zugehörig sind, kommen z. B. auch Gründe wie Angst vor Sexualität mit Erwachsenen, mangelnde Empathie im Hinblick auf Kinder, das Ausleben von Machtfantasien oder auch die mangelnde Sorgfalt beim Herunterladen von großen Mengen Erwachsenenpornografie in Betracht. Eine spezielle Fallgruppe hierbei sind nochmals Personen, die regelrecht einer „Sammelwut“ verfallen sind. Dem Autor sind aufgrund der eigenen Tätigkeit Fälle bekannt, bei welchen die Grenze zu 1 Millionen Bilder überschritten wurde – eine Menge, die naturgemäß überhaupt nicht mehr konsumiert werden kann.

In geeigneten Fällen sollten die Beschuldigten daher auch auf die Möglichkeit einer therapeutischen Unterstützung hingewiesen werden. Ein Faktor, der sowohl für das Strafverfahren als auch für die persönliche Problemstellung eine positive Wirkung entfalten kann. Strafverteidigern, die sich auf die Verteidigung im Sexualstrafrecht spezialisiert haben, sind häufig bundesweit geeignete Ansprechpartner hierfür bekannt.

6. Kann eine Vorstrafe bei § 184b StGB verhindert werden?

Auch wenn strafbare Inhalte im Sinne des § 184b StGB aufgefunden werden, bedeutet dies noch nicht zwangsläufig eine Vorstrafe. Zwar ist die Verhinderung einer Vorstrafe im Nachgang zu den Gesetzesverschärfungen der Vergangenheit sicherlich nicht leichter geworden. Auf der anderen Seite kommt es auch an dieser Stelle auf den Einzelfall an. Es versteht sich von selbst, dass regelmäßig sämtliche Anstrengungen unternommen werden müssen, einen solchen Eintrag zu vermeiden, sofern dies möglich ist. Denkbar kann etwa eine Verfahrenserledigung gem. § 153a StPO gegen Zahlung einer Geldauflage an eine gemeinnützige Einrichtung sein.

7. Kann eine Hauptverhandlung wegen Kinderpornografie verhindert werden?

Gerade bei Strafverfahren wegen Kinderpornografie liegt eines der Hauptziele häufig darin, eine öffentliche Hauptverhandlung zu verhindern. Wurde der Tatvorwurf unberechtigt erhoben, müssen bereits im Ermittlungsverfahren alle Anstrengungen unternommen werden, um das Verfahren gem. § 170 Abs. 2 StPO einer Einstellung zuzuführen. Auch in Fällen, in welchen der Tatnachweis erbracht werden kann, ist es durch eine entsprechende Verteidigungsstrategie häufig möglich, eine Hauptverhandlung dennoch zu verhindern.

Wie bei der Fragestellung einer Vorstrafe sind auch an dieser Stelle die Einzelfallumstände von besonderer Bedeutung. Dazu zählen u. a. die Verteidigungsstrategie und Verteidigungstaktik, Anzahl sowie Qualität der Bilder, die Fragestellung des Nachweises von Verbreitungshandlungen, Argumentationslinien gegenüber der Staatsanwaltschaft etc. Auch an dieser Stelle gilt im Übrigen: Je eher mit einer effektiven Strafverteidigung begonnen wird, desto früher kann eine positive Weichenstellung für den Mandanten gegenüber der Ermittlungsbehörden erfolgen.

8. Bundesweite Strafverteidigung bei Kinderpornografie – Wie funktioniert das in der Praxis?

Die Beauftragung eines Strafverteidigers vor Ort für die Strafverteidigung beim Tatvorwurf Kinderpornografie gem. § 184b StGB ist nicht erforderlich. Gerade durch die modernen Telekommunikationsmöglichkeiten wird eine bundesweite Strafverteidigung vereinfacht, wobei die Zielsetzung ja regelmäßig darin liegt, eine Hauptverhandlung vor Ort zu vermieden. Dies ist somit nicht nur im Interesse des Mandanten, sondern auch in dem des bundesweit tätigen Strafverteidigers.

Für die ersten Maßnahmen ist im Grunde lediglich die Information notwendig, wann und wo bzw. durch wen die Durchsuchung stattgefunden hat. Häufig hinterlassen die Kriminalbeamten eine Visitenkarte oder zumindest ein Sicherstellungsprotokoll bzw. einen gerichtlichen Durchsuchungsbeschluss, aus welchem sich alle notwendigen Daten ergeben. Sofern diese Dokumente in der Hektik verlegt wurden, kann der Strafverteidiger selbstverständlich auch alle Informationen telefonisch gegenüber den Ermittlungsbehörden in Erfahrung bringen.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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