Pflegegrad und Diabetes bei Kindern - Worauf es im Modul 3 ankommt

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Bei Diabeteserkrankungen von Kindern verursachen oftmals nicht nur die Insulintherapie, Messungen und das Einhalten einer bestimmten Diät allein Probleme im Alltag. Gerade bei jüngeren Kindern fehlt es verständlicherweise oft noch an der Einsicht, dass bestimmte therapeutische Maßnahmen, wie Blutzuckermessungen oder die Insulingabe, erforderlich sind. Häufig kommt es zu Diskussionen oder Abwehrverhalten der Kinder. Manchmal schlägt dies auch in aggressives Verhalten um.


Eine einfache Blutzuckermessung artet dann schon mal in eine langwierige Diskussion oder Konfrontation aus. Oft müssen Kinder aufwendig und langwierig dazu überredet werden, ein bestimmte Maßnahmen zu tolerieren.


Was der Medizinische Dienst (MD) anerkennt

Dieser Bedarf findet aber häufig keine Berücksichtigung, wenn die Begutachtung durch den Medizinischen Dienst für den Pflegegrad ansteht. Gelegentlich sind die Gutachter/die Gutachterinnen vom MD einsichtig und halten in ihren Gutachten fest, die im Rahmen der Begutachtung geschilderten Probleme, wie z.B. aggressives oder abwehrendes Verhalten bei Unterzuckerung, seien zwar nachvollziehbar, die Richtlinien würden die Feststellung eines entsprechenden Bedarfes aber nicht vorsehen.


In der Regel werden diese Probleme jedoch in den Gutachten überhaupt nicht thematisiert.


Bei Begutachtungen durch den Medizinischen Dienst bei Kindern mit Diabetes ist es deshalb in der Regel nicht das Problem, die Anzahl der Messungen oder der Insulininjektionen anerkannt zu bekommen. Meistens sind die Feststellungen in dem dafür vorgesehenen Modul 5 durchaus korrekt. Auch bei einer sehr aufwändigen Therapie können in dem Modul 5 jedoch maximal 20 Punkte erreicht werden. Dies reicht insgesamt aber nur für den Pflegegrad 1. Für den Pflegegrad 2, ab dem ein Anspruch auf Pflegegeld besteht, braucht es zusätzliche Punkte aus anderen Modulen.



Zusätzliche Punkte aus dem Modul 3

Die für den Pflegegrad 2 fehlenden Punkte können bei Kindern mit Diabetes häufig in dem Modul 3 begründet werden.


Abwehrverhalten oder Aggressivität von Kindern mit Diabetes ist im Modul 3 zu berücksichtigen. Das Modul 3 sieht Pflegebedarf bei Verhaltensweisen und psychische Problemlagen vor. In diesem Modul werden zum Beispiel verbale Aggressionen, physisch aggressives Verhalten oder die Abwehr pflegerischer oder anderer unterstützender Maßnahmen festgestellt. Aber auch besondere Ängste sind hier zu berücksichtigen. Dabei kann auch eine Angst des Kindes vor Injektionen (Nadelangst) Berücksichtigung finden.


In Gutachten des Medizinischen Dienstes lese ich häufig, dass diese Verhaltensweisen nach den geltenden Richtlinien nicht berücksichtigt werden könnten, da es in dem Modul 3 um Verhaltensweisen und psychische Problemlagen bei bestehender psychischer Erkrankung gehe. Das ist falsch. Bereits in den Richtlinien ist dazu aufgeführt, dass es sich um Verhaltensweisen und psychische Problemlagen als Folge von Gesundheitsproblemen, häufig psychische Erkrankungen, die immer wieder auftreten und auf Dauer personelle Unterstützung erforderlich machen, handelt. Besondere Verhaltensweisen eines Kindes aufgrund einer Diabeteserkrankung sind also bereits nach den Vorgaben der Pflegerichtlinien zu berücksichtigen. Es braucht ausdrücklich nicht zusätzlich eine psychische Erkrankung.


Oft lese ich in Gutachten des Medizinischen Dienstes auch den Einwand bei problematischen Verhaltensweisen eines Kindes, z.B. bei Messungen oder Injektionen, dass dieser Aufwand ja bereits im Modul 5 berücksichtigt wird und eine doppelte Berücksichtigung nicht erfolgen könne. Dazu haben die Sozialgerichte jedoch inzwischen entschieden, dass auch eine doppelte Berücksichtigung von gleich oder ähnlich gelagerten Hilfen möglich ist, wenn keine Deckungsgleichheit vorliegt. Das bedeutet, dass besondere Verhaltensweisen eines Kindes und der damit verbundene erhöhte Pflegeaufwand im Rahmen der Diabetestherapie Berücksichtigung finden müssen. Denn es handelt sich dabei um ein Abwehrverhalten gegenüber notwendigen Therapiemaßnahmen, insbesondere der Insulingabe sowie den Messungen. 



Voraussetzungen für den Pflegegrad 2

Kommt es also häufig neben der eigentlichen Diabetestherapie zu Problemen, liegen die Voraussetzungen für den Pflegegrad 2 meistens bereits schon vor. Denn die zusätzlichen Punkte aus dem Modul 3 reichen dann in der Regel aus, um die notwendigen Punkte für den Pflegegrad 2 (27 Gesamtpunkte) zu begründen.



Widerspruch einlegen

Wird ein Antrag auf Zuerkennung des Pflegegrades 2 abgelehnt, sollte also in jedem Fall Widerspruch eingelegt werden.





Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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