Pflegesatzvereinbarungen: Gewinnchance für Pflegeheime darf nicht an Verbraucherpreise gekoppelt werden

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Die Pflegesätze müssen so festgelegt werden, dass der Einrichtung eine hinreichende Möglichkeit zur Realisierung eines angemessenen Unternehmergewinns bleibt. Diese Gewinnchance darf sich nicht an den Verbraucherpreisen orientieren. Dies entschied das Landessozialgericht Baden-Württemberg in seinem Urteil vom 19.06.2015, Az. L 4 P 1544/14 KL.

Der Gesetzgeber hat in § 84 Abs. 2 S. 4 SGB XI lediglich festgelegt, dass die Pflegesätze es einem Pflegeheim bei wirtschaftlicher Betriebsführung ermöglichen müssen, seine Aufwendungen zu finanzieren und seinen Versorgungsauftrag zu erfüllen. Die Frage, wie die Gewinnchance der Einrichtungen genau zu bemessen ist, hat der Gesetzgeber nicht beantwortet, sondern der Aushandlung der Vertragspartner bzw. im Streitfall der Schiedsstelle überlassen. Dabei steht der Schiedsstelle ein Beurteilungsspielraum zu.

Grundsätzlich müssen die Vertragsparteien es deshalb hinnehmen, wenn die Schiedsstelle im Rahmen ihres Beurteilungsspielraums nach ihrem Ermessen in vertretbarer Weise mit der Festsetzung der Pflegesätze zugleich die Grundlage für die Realisierung von Gewinnaussichten setzt. Methoden für die Bemessung der Gewinnchance können zum Beispiel ein fester umsatzbezogener Prozentsatz oder die Auslastungsquote sein.

Die im hier entschiedenen Fall eingeschaltete Schiedsstelle orientierte sich bei der Bemessung der Gewinnchance an der durchschnittlichen Entwicklung der Verbraucherpreise im Land Baden-Württemberg. Mit dieser Entscheidung hat die Schiedsstelle nach der Ansicht des Landessozialgerichtes Baden-Württemberg ihren Beurteilungsspielraum aus mehreren Gründen verletzt.

Zum einen führt diese Anknüpfung zu zufälligen Ergebnissen. Die Höhe eines Wagnis- und Risikozuschlages ist dann nämlich abhängig vom Zeitpunkt der Entscheidung der Schiedsstelle. Zum anderen kommt es zu erheblichen Schwankungen des berechneten Zuschlags für die Gewinnchance. Außerdem bildet der Verbraucherindex nur einen Teil der in einem Pflegeheim anfallenden Sachkosten ab. Aufwendungen, die bei der Festsetzung der Pflegesätze nicht zu berücksichtigen sind, dürfen auch bei der Bemessung der Gewinnchance nicht berücksichtigt werden. Das sind z.B. Kosten für den Erwerb und die Erschließung von Grundstücken. Auch die Berücksichtigung der absehbaren zukünftig höheren Sachkosten der Einrichtung in der Kalkulation der Vergütung zeigt, dass der möglicherweise zu erzielende Gewinn eines Unternehmens nicht von der Entwicklung der Verbraucherpreise abhängig gemacht werden kann.

Praxishinweis: Die Schiedsstellen müssen sich daher die Mühe machen, sich mit der Kalkulation der Pflegeheime im Einzelnen auseinanderzusetzen. Das klagende Heim hatte bei der Ermittlung des Unternehmergewinns insbesondere das allgemeine Unternehmerrisikos ca. 2,5 %, Finanzierung von Kosten für das Herunterfahren der Einrichtung – Schließung oder Sanierung – ca. 0,5 %, Finanzierung von Kosten für die Grundstücksnutzung ca. 0,1 % angesetzt. Die Schiedsstelle muss nun auch hierüber nochmals entscheiden.


Kontaktieren Sie mich, Rechtsanwalt Markus Karpinski, Fachanwalt für Medizinrecht und Fachanwalt für Sozialrecht von der Kanzlei für Pflegerecht in Lüdinghausen unter 0 25 91 – 20 88 58 und Dortmund unter  02 31 - 22 25 568 .


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