Pflicht zur Vorfinanzierung der Reparatur/Ersatzbeschaffung? Wie konkret muss der Warnhinweis bei der Versicherung sein?

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Nicht selten lassen sich die Kfz-Haftpflichtversicherer mit der Zahlung der Reparaturkosten (bei einem Reparaturschaden) oder des sog. Wiederbeschaffungsaufwandes (bei einem Totalschaden) Zeit und ziehen die Schadensregulierung nach einem Verkehrsunfall in die Länge.

Auf der anderen Seite ist der Geschädigte in aller Regel weiterhin auf ein Fahrzeug angewiesen. Es stellt sich dann insbesondere die Frage, ob er die Beseitigung Unfallschadens (Reparatur oder Ersatzbeschaffung) zunächst selbst – aus Eigenmitteln oder auf Kredit – vornehmen und vorfinanzieren muss, nicht zuletzt auch deshalb, um die Höhe der zu erstattenden Mietwagenkosten oder der sog. Nutzungsausfallentschädigung in Grenzen zu halten.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat jedoch unmissverständlich klargestellt, dass es grundsätzlich Sache des Schädigers ist, die Schadensbeseitigung zu finanzieren. Der Geschädigte hat unter Zubilligung einer angemessenen Prüfzeit für die gegnerische Versicherung Anspruch auf sofortigen Ersatz und ist unter Umständen berechtigt, grundsätzlich aber nicht verpflichtet, den Schaden zunächst aus eigenen Mitteln zu beseitigen oder gar einen Kredit zur Schadensbehebung aufzunehmen. Dieser Rechtsgrundsatz würde laut BGH unterlaufen, sähe man den Geschädigten schadensrechtlich grundsätzlich als verpflichtet an, die Schadensbeseitigung zeitnah nach dem schädigenden Unfall vorzunehmen und damit ganz oder teilweise aus eigenen oder fremden Mitteln vorzufinanzieren.

Wir halten also fest, dass der Geschädigte weder mit Eigenmitteln noch mit Fremdkapital (Kredit) in Vorleistung gehen muss.

Etwas anders kann nur dann gelten, wenn dem Geschädigten im Einzelfall ausnahmsweise ein Zuwarten mit der Schadensbeseitigung als Verstoß gegen Treu und Glauben vorgeworfen werden kann, wofür allerdings der Schädiger bzw. dessen Kfz-Haftpflichtversicherung darlegungs- und beweisbelastet ist. In aller Regel wird man einen solchen Verstoß des Geschädigten nur dann annehmen können, wenn der Geschädigte so vermögend ist, dass es bei vernünftiger Betrachtung nicht ansatzweise nachvollziehbar wäre, wenn er die vorhandenen Mittel nicht zunächst zur Vorfinanzierung der Schadenbeseitigung einsetzt.

Der Geschädigte genügt grundsätzlich seiner sog. Schadenminderungspflicht, wenn er den Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherung pauschal darauf hinweist (Warnhinweis), dass er die Reparatur bzw. Ersatzbeschaffung nicht selbst vorfinanzieren kann und auf auf die Schadensersatzleistung angewiesen ist. Details zu seinen Vermögens- und Einkommensverhältnissen (inkl. Bonität bei Banken und Kreditgebern) muss er – jedenfalls zunächst – nicht offenbaren.

Insbesondere, wenn sich die Schadensregulierung in die Länge gezogen hat (und ggfs. Mietkosten in gewisser Höhe entstanden sind oder Nutzungsausfallentschädigung für einen längeren Zeitraum geltend gemacht wird),  behaupten Versicherer nicht selten, dass der Geschädigte eben näher bzw. detailliert dazu hätte vortragen müssen, dass er tatsächlich nicht in der Lage sei, die Schadensbeseitigung zunächst selbst vorzufinanzieren und er zwingend auf die Ersatzleistung der Versicherung angewiesen sei, um die notwendige Reparatur/Ersatzbeschaffung vornehmen zu können (nach dem Motto: Ohne Details und Belege sei der Warnhinweis nicht ernst zu nehmen).  

Diese Behauptung der Versicherer findet jedoch keine Grundlage - weder im Gesetz noch in aktueller höchstrichterlicher Rechtsprechung - und wird regelmäßig durch die Gerichte verworfen. Der schlichte Hinweis des Geschädigten, er sei zur Vorfinanzierung der Reparatur/Wiederbeschaffung nicht in der Lage, sodass bis zum Geldeingang des Versicherers Nutzungsausfallentschädigung oder Mietwagenkosten anfallen werden, genügt nach gängiger Rechtsprechung den Anforderungen an den Warnhinweis. Es ist auch nicht notwendig, dass der Geschädigte in Verbindung mit dem Warnhinweis ausdrücklich einen Vorschuss bei der Versicherung anfordert.

Im Ergebnis darf der Geschädigte bei normalen finanziellen und wirtschaftlichen Verhältnissen mit der Reparatur bzw. Ersatzbeschaffung warten, bis er die Sicherheit hat, nicht selbst vorfinanzieren zu müssen. Bis diese Sicherheit eintritt und die Reparatur/Ersatzbeschaffung sodann erfolgt ist, hat der Geschädigte Anspruch auf einen Mietwagen, dessen Kosten die gegnerische Versicherung zu übernehmen hat, oder alternativ dazu einen Anspruch auf Zahlung einer Nutzungsausfallentschädigung.


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Foto(s): iStock.com/Juan Ruiz Paramo


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