Pflichtteil einklagen bei Enterbung: Was enterbte Kinder wissen müssen
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Pflichtteil einklagen bei Enterbung: Was enterbte Kinder wissen müssen
Die Enterbung durch die Eltern kann ein einschneidendes Erlebnis für Kinder sein, insbesondere wenn das Gefühl aufkommt, zu Unrecht vom Erbe ausgeschlossen worden zu sein. Auch wenn Eltern das Recht haben, ihre Kinder per Testament vom Erbe auszuschließen, bedeutet dies jedoch nicht, dass enterbte Kinder leer ausgehen müssen. In Deutschland gewährt das Erbrecht Kindern einen Pflichtteilsanspruch, der auch bei Enterbung geltend gemacht werden kann.
Was bedeutet der Pflichtteil, und wie hoch ist er?
Der Pflichtteil stellt sicher, dass enge Angehörige – darunter Kinder, Ehegatten und gegebenenfalls Eltern – einen Mindestanteil am Erbe erhalten, selbst wenn sie im Testament nicht berücksichtigt oder ausdrücklich enterbt wurden. Der Pflichtteil beträgt 50 % des gesetzlichen Erbteils. Die genaue Höhe hängt daher vom Vermögen des Erblassers und der familiären Situation ab.
Beispiel: Ein Erblasser hinterlässt zwei Kinder, von denen eines enterbt wurde. Normalerweise würde jedes Kind die Hälfte des Erbes erhalten. Da das enterbte Kind jedoch nur einen Pflichtteilsanspruch hat, steht ihm lediglich 25 % des Nachlasswerts zu.
Enterbt – Was tun? Schritte zur Durchsetzung des Pflichtteils
Ermittlung der Nachlasshöhe und Ansprüche auf Auskunft: Der Pflichtteilsanspruch berechnet sich nach dem Wert des gesamten Nachlasses. Enterbte Kinder haben daher einen gesetzlichen Anspruch auf Auskunft über die Vermögenswerte des Erblassers. Der Alleinerbe oder Miterbe ist verpflichtet, den gesamten Nachlasswert offenzulegen, und muss gegebenenfalls ein Nachlassverzeichnis erstellen.
Aufforderung zur Zahlung: Nach der Auskunftserteilung kann das enterbte Kind seinen Pflichtteil fordern. Eine schriftliche Aufforderung zur Zahlung ist hierbei üblich. Oft kann bereits ein anwaltliches Schreiben den Prozess beschleunigen und unnötige Streitigkeiten verhindern.
Klage auf Pflichtteil: Verweigert der Erbe die Auszahlung oder gibt er keine Auskunft, bleibt häufig nur der Weg über eine Klage. Hierbei können enterbte Kinder ihren Pflichtteil gerichtlich geltend machen und gegebenenfalls auch die Zwangsvollstreckung einleiten.
Kosten einer Pflichtteilsklage
Die Kosten einer Pflichtteilsklage umfassen Gerichtsgebühren und Rechtsanwaltskosten. Sie hängen vom Streitwert ab, der sich nach dem geforderten Pflichtteil bemisst. Da Pflichtteilsklagen oft komplex sind und die Vermögensverhältnisse des Erblassers genau offengelegt werden müssen, können die Kosten erheblich sein.
Zusätzlich können Gutachterkosten anfallen, insbesondere wenn es um die Bewertung von Immobilien oder sonstigen wertvollen Nachlassgegenständen geht. Das Kostenrisiko einer Klage kann daher schnell mehrere Tausend Euro betragen.
Prozesskostenfinanzierung: Ein Modell zur finanziellen Entlastung
Für enterbte Kinder, die die Kosten einer Pflichtteilsklage scheuen, kann die Prozesskostenfinanzierung eine sinnvolle Option sein. Bei diesem Modell übernimmt ein externer Prozessfinanzierer die Kosten des Verfahrens – darunter Gerichtskosten, Anwaltskosten und eventuelle Gutachterkosten. Dafür erhält der Prozessfinanzierer im Erfolgsfall einen Anteil am erstrittenen Pflichtteil, meist zwischen 20 % und 40 %. Die genaue Höhe variiert je nach Anbieter und Erfolgsaussicht der Klage.
Vorteile der Prozesskostenfinanzierung
- Kein finanzielles Risiko: Bei einer Prozesskostenfinanzierung übernimmt der Finanzierer alle Kosten des Verfahrens. Verliert das enterbte Kind den Prozess, trägt es keine der entstandenen Kosten.
- Professionelle Unterstützung: Prozessfinanzierer arbeiten meist eng mit erfahrenen Anwälten zusammen, was die Erfolgsaussichten einer Pflichtteilsklage erhöhen kann.
- Flexibilität: Gerade bei hohen Streitwerten, etwa bei Immobilienbesitz, ist die Prozesskostenfinanzierung eine Möglichkeit, ohne eigenes Risiko an den Pflichtteil zu gelangen.
Frist für die Geltendmachung des Pflichtteils
Enterbte Kinder müssen ihren Pflichtteilsanspruch innerhalb einer Frist von drei Jahren geltend machen. Die Frist beginnt in der Regel mit dem Ende des Jahres, in dem das Kind von der Enterbung und dem Tod des Erblassers Kenntnis erlangt hat. Nach Ablauf der Frist verjährt der Anspruch und kann nicht mehr durchgesetzt werden.
Fazit: Pflichtteil einklagen lohnt sich
Enterbte Kinder sollten sich nicht entmutigen lassen. Der Pflichtteilsanspruch ist gesetzlich geschützt und bietet auch bei Enterbung eine Mindestbeteiligung am Erbe. Wer den Pflichtteil einfordern möchte, sollte sich umfassend informieren und gegebenenfalls anwaltliche Unterstützung hinzuziehen.
Haben Sie Fragen oder möchten Sie Ihren Pflichtteilsanspruch geltend machen? Lassen Sie sich frühzeitig von einem Anwalt beraten, um Ihren Anspruch erfolgreich durchzusetzen und Ihre Rechte zu sichern.
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