PKH-Falle! Warum ein falsches Kreuz im Formular Sie tausende Euro kosten kann!

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Wer ein Gerichtsverfahren führt, aber nicht über ausreichende finanzielle Mittel verfügt, kann Prozesskostenhilfe (PKH) oder Verfahrenskostenhilfe (VKH) beantragen. Doch die Gerichte stellen zunehmend höhere Anforderungen an die Bewilligung.

Die aktuelle Rechtsprechung zeigt:
Formfehler können zur Ablehnung führen.
Die wirtschaftlichen Verhältnisse müssen lückenlos nachgewiesen werden.
Nicht jeder Antrag hat Aussicht auf Erfolg.

Hier sind die wichtigsten neuen Urteile zur PKH/VKH aus dem Jahr 2023 und ihre Konsequenzen für Antragsteller.


1. Strenge Formvorschriften: Wann ein PKH-Antrag scheitert

Die Gerichte verlangen eine korrekte Antragstellung – schon kleine Fehler können dazu führen, dass die Hilfe verweigert wird.

1.1. PKH-Antrag per E-Mail ist unzulässig

  • Ein formloser Antrag per E-Mail ohne qualifizierte elektronische Signatur ist nicht ausreichend.
  • Urteil: BSG, Beschluss vom 26.09.2023 – B 5 R 21/23 BH.

1.2. Unvollständige Angaben zu Einkommen und Vermögen

  • Wer seinen Antrag nicht vollständig und nachvollziehbar ausfüllt, kann keinen Anspruch auf PKH geltend machen.
  • Urteil: KG Berlin, Beschluss vom 28.02.2023 – 16 WF 17/23.

1.3. Sozialhilfeempfänger: Wer Abschnitte E bis J im Formular weglassen darf

  • Nur Empfänger von Sozialhilfe (SGB XII) dürfen bestimmte Angaben im Formular auslassen.
  • Empfänger von Bürgergeld (ehemals Hartz IV) müssen ALLE Angaben machen!
  • Urteil: OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 28.08.2023 – 12 E 534/23.

Praxistipp: Ein fehlerhafter Antrag kann zu monatelangen Verzögerungen führen. Das Formular sollte vollständig und fehlerfrei ausgefüllt werden!


2. Erfolgsaussichten: Wann die Klage überhaupt finanziert wird

PKH wird nur bewilligt, wenn die Klage hinreichende Erfolgsaussichten hat.

2.1. Fehlende Wohnanschrift = Klage unzulässig

  • Wer nur eine E-Mail-Adresse oder Telefonnummer angibt, bekommt keine PKH.
  • Ausnahme: Obdachlose müssen glaubhaft machen, dass sie keine Adresse haben.
  • Urteil: BSG, Beschluss vom 26.09.2023 – B 5 R 21/23 BH.

2.2. Mutwilligkeit als Ablehnungsgrund

  • Wer mehrere Verfahren zum gleichen Thema führt, kann als mutwillig handelnd eingestuft werden.
  • Urteil: OLG Frankfurt, Beschluss vom 19.07.2023 – 6 WF 86/23.

Praxistipp: Wer PKH beantragt, sollte sicherstellen, dass die Klage wirklich notwendig und aussichtsreich ist.


3. Was gilt als verwertbares Vermögen?

Neben Einkommen prüfen die Gerichte, ob Antragsteller über Vermögen verfügen, das sie für die Verfahrenskosten nutzen können.

3.1. Auto über 11.000 Euro kann zum Problem werden

  • Ein nicht beruflich genutztes Auto ist nur bis 7.500 Euro geschützt.
  • Wer ein teureres Fahrzeug besitzt, muss es möglicherweise verkaufen.
  • Urteile:
    • OLG Nürnberg, Beschluss vom 13.06.2023 – 9 WF 467/23.
    • OLG Oldenburg, Beschluss vom 20.02.2023 – 13 WF 12/23.
    • OLG Saarbrücken, Beschluss vom 18.01.2023 – 6 WF 7/23.

3.2. Bausparverträge müssen verwertet werden

  • Auch wenn der Bausparvertrag noch nicht zuteilungsreif ist, gilt er als verwertbares Vermögen.
  • Urteil: OLG Karlsruhe, Beschluss vom 09.05.2023 – 7 W 25/23.

Praxistipp: Antragsteller sollten vorab prüfen, ob ihr Vermögen über den Freibeträgen liegt – sonst droht eine Ablehnung.


4. Rückzahlung der PKH: Wann das Geld zurückverlangt wird

Prozesskostenhilfe ist keine geschenkte Leistung – unter bestimmten Umständen kann die Bewilligung nachträglich widerrufen werden.

4.1. Adressänderung nicht mitgeteilt = Rückforderung

  • Wer eine neue Anschrift hat, muss dies dem Gericht sofort mitteilen.
  • Urteil: OLG Brandenburg, Beschluss vom 01.02.2023 – 13 WF 211/22.

4.2. PKH-Bewilligung wird aufgehoben, wenn neues Einkommen nicht angegeben wird

  • Wer nach dem Prozess zu Geld kommt (z. B. durch eine Erbschaft), muss die PKH möglicherweise zurückzahlen.
  • Urteil: OLG Dresden, Beschluss vom 04.01.2023 – 4 W 654/22.

Praxistipp: Änderungen der finanziellen Verhältnisse müssen sofort gemeldet werden, um Rückforderungen zu vermeiden!


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