Praxiskauf und Praxisübernahme

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Vertragsarztsitz, Arztpraxis-Kauf: Was ist beim Praxisübernahmevertrag zu beachten?

Bei einem Kauf einer Arztpraxis sieht sich der die Praxis übernehmende Arzt vor große Herausforderungen gestellt. Mit der Übernahme und späteren Leitung der Arztpraxis wird der Übernehmer sowohl Mediziner als auch Unternehmer in einer Person. Beim Erwerb der Praxis muss er viele rechtliche, steuerliche und wirtschaftliche Fragen zum laufenden Praxisbetrieb stellen und für sich bewerten. Spezialisierte Wirtschaftsanwälte, Steuerberater sowie Fachanwälte für Medizinrecht unterstützen den übernehmenden Arzt bei der schwierigen Aufgabe des Praxiskaufs.

Ablauf des Kaufs der Arztpraxis

Der an einem Praxiskauf interessierte Arzt wird durch Kollegen, Praxisvermittler oder spezialisierte Anwälte Kenntnis von zum Kauf stehenden Praxen erhalten. Wenn eine Arztpraxis ins Auge gefasst wurde, schließt sich die rechtliche und wirtschaftliche Untersuchung und Bewertung der Praxis an. Neben den ersten Eindrücken muss der Erwerber auf aussagekräftige Informationen über die Arztpraxis bestehen, die auch verschriftlicht werden sollten. Bei größeren Praxen und Kliniken erfolgt nach dem Abschluss eines Letter of Intent, das auch eine Geheimhaltungsvereinbarung umfasst, eine sogenannte Due Diligence-Prüfung. Bei der Überprüfung der Praxis müssen der Erwerber und seine Rechtsanwälte Zeit investieren, um eine umfassende Kenntnis über alle relevanten Verhältnisse, wesentlichen Verträge und Patientenstruktur zu erhalten. Von diesen Verhältnissen hängen der zu verhandelnde Kaufpreis sowie die späteren Gewinnaussichten ab.

Bereits im Rahmen der Untersuchung der Praxis muss der Erwerber sich um die KV-Zulassung bemühen. Vom Vertragsarztsitz ist die zu erwerbende Arztpraxis zu unterscheiden. Beim Vertragsarztsitz handelt es sich um eine öffentlich-rechtliche Erlaubnis für niedergelassene Ärzte, die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen. Die KV-Zulassung ist höchst relevant und der Kaufinteressent muss sich frühzeitig um die Erteilung bemühen.

Praxisübernahmevertrag – Checkliste

Wenn sich die Kaufgespräche konkretisieren, erhält der Kaufinteressent oftmals einen Entwurf eines Praxisübernahmevertrags vom Verkäufer überreicht. Der Kaufvertrag enthält viele Vertragsregelungen und Klauseln, die diverse wirtschaftliche Parameter und Risiken zwischen den Kaufvertragsparteien justieren. 

Es ist für den Käufer sehr wichtig, dass alle Vertragsregelungen so justiert werden, dass keine unnötigen Risiken durch den Käufer getragen werden. Zum Beispiel kann die gescheiterte Übernahme des Praxismietvertrags beim Käufer zum finanziellen Fiasko führen. Eine Übersicht der gängigen Regelungen eines Praxisübernahmevertrags finden Sie nachfolgend aufgelistet:

  • Übertragung aller relevanten Vermögensgegenstände und wichtigen Verträge mit Vertragspartnern der Praxis, wie zum Beispiel Wartungsverträge, der Praxismietvertrag und vorhandene Leasingverträge.
  • Einrichtungsgegenstände der Praxis werden meist in einer Inventarliste zusammengefasst und werden Bestandteil des Kaufvertrags.
  • Eine große Bedeutung kommt dem Kaufpreis und der Kaufpreisklausel zu. Von dem zu zahlenden Kaufpreis hängen viele Steuer-, Finanzierungs- und Abschreibungsfolgen ab. Durch den Kaufpreis wird die Übernahme aller materiellen und immateriellen Werte, wie der Goodwill einer Praxis, vergütet.
  • Bei der Übernahme der Patientendatei müssen die hohen standesrechtlichen Anforderungen, die ärztliche Schweigepflicht sowie der Datenschutz, sichergestellt werden.
  • Geregelt werden muss auch die Übernahme von Verbindlichkeiten und Schulden der Praxis.
  • Jeder Kauf einer Arztpraxis stellt einen sogenannten Betriebsübergang dar, der auch die Übernahme aller bestehenden Arbeitsverhältnisse zur Folge hat. Eine angemessene Risikoverteilung betreffend die Arbeitsverhältnisse ist sehr wichtig.

KV-Zulassung, Vertragsarztsitz beim Praxiskauf

Betrifft der Praxiskauf eine Arztpraxis, die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnimmt, muss der Käufer sich frühzeitig um die vom Zulassungsausschuss erteilte KV-Zulassung bemühen. Der Zulassungsausschuss der regional zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung (KV) schreibt den Vertragsarztsitz auf Antrag des Praxisverkäufers aus. Auf den Sitz kann sich der Kaufinteressent bewerben. Da der Vertragsarztsitz beim Kauf der Arztpraxis überragend wichtig ist, muss der Käufer im Wege der Kaufvertragsregelungen das Verfahren betreffend die KV-Zulassung absichern und finanzielle Risiken des Käufers verhindern. 

Steuerlage und Abschreibung des Kaufpreises

Der Praxiskäufer ist an der Frage interessiert, wie der laufende Gewinn der Arztpraxis nach dem Erwerb besteuert wird und ob die Abschreibung des entrichteten Kaufpreises die laufende steuerliche Belastung nach dem Erwerb reduzieren kann.

Wenn der Arzt eine Einzelpraxis erworben hat, besteht die Möglichkeit einer Abschreibung (kurz Afa) des gezahlten Kaufpreises. Durch die Abschreibung können die zukünftigen Gewinne der Arztpraxis und Steuern des Arztes reduziert werden. Aus steuerlicher Sicht muss der Arzt daran interessiert sein, hohe Abschreibungen zu erreichen. 

Technisch wird der Kaufpreis auf das Inventar und den Praxiswert verteilt. Beim Inventar erfolgt die Abschreibung über den Zeitraum der Restnutzungsdauer. Der auf den Praxiswert entfallende Kaufpreis kann nach aktueller Rechtsprechung innerhalb von drei bis zehn Jahren abgeschrieben werden.

ROSE & PARTNER – Hamburg, Berlin, München, Frankfurt a.M.

Dr. Boris Jan Schiemzik, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

Der Verfasser dieses Artikels, Dr. Boris Jan Schiemzik von ROSE & PARTNER, ist Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht und ist mit seinem Anwalts-Team auf das Management von Gesellschafterstreitigkeiten spezialisiert. 



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