Prokon Windkraft: OLG Schleswig - Werbung mit Sicherheit ist irreführend!

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Mit Sicherheit ist die Werbung mit Sicherheit im Fall von fehlender Sicherheit nicht zulässig

a) Einer Pressemitteilung des OLG Schleswig vom 07.09.2012 ist zu entnehmen:

Das beklagte Unternehmen der Prokon-Unternehmensgruppe bewirbt sogenannte Genussrechte als Geldanlage. Verbraucher können Werbeaussagen in dem Kurzprospekt und Flyer so verstehen, als sei die Anlage in die Genussrechte eine ebenso sichere Geldanlage wie auf einem Sparbuch und als investiere der Erwerber von Genussrechten direkt in Windenergieanlagen, woraus sich eine Absicherung der Anleger durch die Anlage in Sachwerten ergebe.

Soweit ein kritischer Kommentar aufgrund der letzten Aufsatzveröffentlichung unserer Kanzlei im Internet ausführte, dass dieser Flyer ja nicht der Emissionsprospekt ist,  ist dies zutreffend. Oder vielleicht auch nicht. 

Der Bundesgerichtshof unlängst in seiner Entscheidung vom17.11.2011, Az.: III ZR 103/10 den Prospektbegriff erweitert. Der erste Leitsatz der Entscheidung des BGH lautete: Auch ein körperlich von dem ausdrücklich als Emissionsprospekt bezeichneten Druckwerk getrenntes Schriftstück, das zusammen mit diesem vertrieben wird, kann bei der gebotenen Gesamtbetrachtung Bestandteil eines Anlageprospekts im Rechtssinn sein.

Mit dieser Argumentation wird man sich dann auch ggf. im Fall der Kundenakquise unter Verwendung von Flyern oder sonstiger Kundeninformation doch auseinander zu setzen haben.

Auch soweit die Entscheidung des OLG Schleswig eine wettbewerbsrechtliche Entscheidung ist, kann sie nach der von uns vertretenen Rechtsansicht Ausstrahlung auf die Frage einer ordnungsgemäßen Aufklärung der Anleger in  zivilrechtlichen Verfahren haben.

Dies gilt insbesondere weil das OLG in seiner Entscheidung mehrfach Darstellungen moniert und damit ein Korrekturbedürfnis angenommen wird, das nicht auf den Aspekt der Sicherheit beschränkt ist, sondern auch die Beschreibung der Tätigkeit des Unternehmens und die Eigenschaften von Genussrechten abstellt.

Das OLG stellte insoweit in seiner Pressemeldung klar:

b) Der Investition in Genussrechte von Prokon stehen keine Sachwerte an Windparks gegenüber!

Das Kapital, das durch die Vergabe von Genussrechten eingesammelt wird, wird keineswegs unmittelbar in den Auf- und Ausbau von Windparks gesteckt. Das beklagte Unternehmen selbst besitzt weder Windkraftanlagen noch betreibt es sie. Es vergibt vielmehr Darlehen an andere Unternehmen der Prokon-Gruppe für deren Investitionen und erwirbt verzinsliche Darlehensrückzahlungsansprüche. Die Werthaltigkeit der Darlehensrückzahlungsansprüche nebst Verzinsung steigt und fällt mit der Geldwertstabilität.

c) Kein Höchstmaß an Flexibilität der Kapitalanlage, da mindestens 4 Jahre Kündigungsfrist einzuhalten sind

Die Zusage eines Höchstmaßes an Flexibilität trifft nicht zu. Sie ist das Versprechen einer denkbar kurzfristigen und einfachen Möglichkeit zur Wiederauflösung der Geldanlage.

Dies trifft auf die von der Beklagten ausgegebenen Genussrechte bei Weitem nicht zu. Die Kündigung der Anleihe ist grundsätzlich frühestens nach Ablauf von drei Kalenderjahren zulässig und dies nur unter eingeschränkten Voraussetzungen. Eine reguläre Kündigungsmöglichkeit besteht erst ab fünf Kalenderjahren mit einer Kündigungsfrist von einem halben Jahr

d) Risiko des Totalverlustes ist nicht ausgeschlossen:

Das OLG definiert Genussrechte wie folgt: Genussrechte sind eine Beteiligungsform an einer Gesellschaft, bei der dem Erwerber der Genussrechte meist eine vom Gewinn der Gesellschaft abhängige Vergütung zugesagt wird. Der Erwerber der Genussrechte hat kein Stimmrecht in der Gesellschaft. Bei einer Insolvenz der Gesellschaft erfolgt die Einlagenrückzahlung erst nach der vollständigen Befriedigung aller anderen Gläubiger der Gesellschaft. In diesem Fall besteht die Möglichkeit, dass die Einlage ganz oder teilweise nicht mehr zurückgezahlt werden kann.

MJH Rechtsanwälte, Herr RA Martin J. Haas, ist der Meinung: Die Pressemitteilung des OLG Schleswig sollte den Verantwortlichen von Kapitalanlagegesellschaften  ein Anstoß sein auch im Rahmen von Produktinformationen und Flyern Vorsicht walten zu lassen. Unabhängig von der Erweiterung des Prospektbegriffes in der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom17.11.2011, A. z.: III ZR 103/10mgab es auch schon in der Vergangenheit Rechtsprechung des BGH zu Gunsten der Anleger einer Windpark - Beteiligung. Wenn auch in einem anderen Zusammenhang. So führte der Bundesgerichtshof in seinem Beschluss vom 14.01.2008, A. z.: II ZR 85 /07, im zweiten Leitsatz aus: Der Prospekt, mit dem für den Beitritt zu einer Windpark-Beteiligungsgesellschaft geworben wird, muss - auch - im Bereich der für die Beitrittsentscheidung des Anlegers wesentlichen Frage der Winderträge, und damit letztlich der Rentabilität der Anlage, die Interessenten richtig und vollständig informieren. Daran fehlt es, wenn in dem Prospekt verschwiegen wird, dass in den Gutachten über die im Prospekt dargestellten prognostizierten Winderträge jeweils ein Sicherheitsabschlag empfohlen worden ist.


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