Räumungsvollstreckung gegen schwerstkranken Schuldner

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Bereits mit Beschluss vom 04.05.2005 hat der BGH entschieden, dass selbst dann, wenn mit einer Zwangsvollstreckung eine konkrete Gefahr für Leib oder Leben des Schuldners oder eines nahen Angehörigen verbunden sind, eine einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung nicht ohne Weiteres erfolgen kann, sondern stets eine Abwägung der  - besonders gewichtigen - Interessen des Schuldners mit den Vollstreckungsinteressen des Gläubigers erforderlich ist. Insbesondere eine Suizidgefahr für einen nahen Angehörigen bei einer Räumungsvollstreckung sei zwar ebenso zu berücksichtigen wie eine in Person des Schuldners selbst bestehende Gefahr. Allerdings sei auch in diesem Falle sorgfältig zu prüfen, ob dieser Gefahr nicht auf anderem Wege begegnet werden könne. Hingegen sei auch der Gefährdete selbst gehalten, alles ihm Zumutbare zu tun, um die Risiken für ihn im Falle der Vollstreckung zu verringern, etwa durch die Inanspruchnahme fachärztlicher, ggf. stationärer Hilfe. Ist diese nicht ausreichend, um eine Suizidgefahr für den Betroffenen abzuwenden, so kann die Vollstreckung gem. § 765 a ZPO auf Antrag von der Erfüllung von Auflagen wie etwa der Hinzuziehung eines Facharztes und Beamten des Gesundheitsamtes zur Zwangsräumung abhängig gemacht werden, oder die Unterbringung nach dem Unterbringungsrecht des jeweiligen Bundeslandes schon vor der Vollstreckung zulässig sein.


In dem nunmehr anstehenden Fall stand zu besorgen, dass die Räumungsvollstreckung das Leben der an einer chronischen neurotoxischen Schädigung sämtlicher Organsysteme sowie allergischen multiplen Krankheitsbildern leidenden Schuldnerin bedroht. In dem Beschluss vom 22.11.2007 (I ZB 104/06) hat der BGH die Aufgabe des Vollstreckungsgerichtes formuliert, in der Räumungsvollstreckung zu gewährleisten, dass ein Räumungstitel – abgesehen von absoluten Ausnahmen – durchsetzbar bleibt. Es habe daher auch in einem derartigen Fall nach Wegen zu suchen, die einen Umzug des Schuldners ohne gesundheitlich nachteilige Folgen ermöglichen.

 

Vorliegend erwies sich jedoch die Interessenabwägung zwischen dem grundrechtlich geschützten Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit des Schuldners und dem gleichfalls verfassungsrechtlich geschützten Eigentumsrecht und dessen effektiven Rechtsschutz des Gläubigers als unvollständig. Insbesondere war seitens des Beschwerdegerichtes nicht geprüft worden, ob der Schuldnerin nicht ein Umzug in eine angemessene Wohnung zuzumuten sei, so dass die mit einer Zwangsräumung verbundene Einweisung in eine Notunterkunft vermieden werden könne. So war aber auch aufgrund der Fachgutachten und des hohen Alters der Schuldnerin dessen Annahme selbst zu überprüfen, wonach bei gründlicher medizinischer Vorbereitung ein Umzug als solcher überhaupt ohne nachteilige gesundheitliche Folgen durchführbar sei.



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