Reaction-Videos: Wie Dich Reaktionsvideos Deinen Kanal kosten und in den Knast bringen können

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Reaction-Videos auf YouTube - legal oder verboten?

Schon seit längerer Zeit sind Reaktionen auf andere Videos (sog. „Reaction-Videos“) Gang und Gebe auf YouTube. Hierbei zeigen die YouTuber das Video eines anderen YouTubers, stoppen an einer geeigneten Stelle und geben Kommentare, Anregungen oder auch andere Bemerkungen dazu ab. Manchmal erfolgt tatsächlich eine kritische Auseinandersetzung mit den Inhalten des anderen Videos, aber oft werden die Videos des anderen auch nur mit Witz kommentiert. Aber wie ist die ganze Lage rechtlich zu beurteilen. Sind solche Videos überhaupt legal? In diesem Beitrag möchten wir einen Überblick über die wichtigsten Vorschriften geben und eine rechtliche Einschätzung abgeben.

Wie sieht es mit dem Urheberrecht aus?

Erstellt jemand ein Video, entstehen automatisch so genannte Urheberrechte an diesem. Das Video ist ein so genanntes Werk im Sinne des Urheberrechts und durch das Urheberrecht geschützt. Es soll ihn insbesondere davor schützen, dass sein eigenes Werk von anderen Personen verwertet oder als ihr eigenes ausgegeben wird. Möchte ein Dritter das erstellte Werk verwenden, müssen Sie ihm die Rechte an dem Video einräumen.

Hinsichtlich etwaigen Verstößen gegen das Urheberrecht kommt es – wie so meist - auf den Einzelfall an. Die „Reaction-Videos“ können aber unter das sog. Zitatrecht nach § 51 UrhG fallen. Das Zitatrecht stellt eine sog. Ausnahmevorschrift des Urheberrechtsgesetzes dar. Sollte das Video, auf das reagiert wird, nur dem Zitatzweck dienen, liegt ein Verstoß gegen das Urheberrechtsgesetz nicht vor.

Darf ich fremde Videos in meinem Video „zitieren“?

Das Reaction-Video muss einen sog. Belegcharakter aufweisen. Das bedeutet, dass eine Auseinandersetzung mit den Inhalten des Videos erfolgen muss.

Es bedarf einer konkreten Eigenleistung und einer inhaltlichen Auseinandersetzung mit dem bereits bestehenden Werk. Die schlichte Annahme einer solchen Eigenleistung ist durchaus zweifelhaft, wenn keine kritische Auseinandersetzung erfolgt, sondern nur ein paar lustige Kommentare zu verschiedenen Situationen abgegeben werden.

Was sagen eigentlich die Gerichte dazu?

Die Rechtsprechung hat sich zwar noch nicht konkret zu Reaction-Videos auf YouTube positioniert. Allerdings hat das OLG Köln hat mit Urteil vom 13.12.2013 - 6 U 114/13 explizit klargestellt:

„Werden Filmsequenzen um ihrer selbst willen in eine Sendung integriert, ohne dass sie die Grundlage für eigene inhaltliche Ausführungen des Moderators bilden, für die die übernommene Sequenz als Beleg oder als Erörterungsgrundlage dienen könnte, so wird dies vom Zitatrecht nicht gedeckt.“

Ohne eine inhaltliche Auseinandersetzung mit den Inhalten des Videos ist somit davon auszugehen, dass diese nicht nach § 51 UrhG privilegiert sind. Es entsteht also kein neues Werk, wenn man sich mit den Inhalten von Clips nicht auseinandersetzt, sondern lediglich nur kurze Kommentare abgibt.

Wir halten diese Entscheidung grundsätzlich auf YouTube Reaction-Videos für übertragbar.

Einwilligung vom Urheber

Natürlich kann man sich auch vorher die Zustimmung von Urheber holen. Ist dieser damit einverstanden, dass man sein „Werk“ für das eigene Video benutzt, dann ist alles in Ordnung. Zu Beweiszwecken ist es natürlich ratsam, sich diese Zustimmung schriftlich - zumindest per E-Mail - bestätigen zu lassen.

Mögliche Folgen: Muss ich in den Knast?

Die möglichen Folgen einer Urheberrechtsverletzung auf YouTube sind zweigeteilt. Auf der einen Seite ist es möglich, dass ein Strafverfahren eingeleitet wird. Denn ausweislich § 106 UrhG, ist die Verbreitung und öffentliche Wiedergabe eines Werkes ohne die Einwilligung des Urhebers oder in den zugelassenen Fällen eine Straftat. Allerdings wird hierfür regelmäßig ein Strafantrag des Urhebers (§ 109 UrhG) nötig sein, damit das Verfahren letztlich eingeleitet wird. Auch wenn die Strafandrohung bei einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren liegt, so dürfte in den meisten Fällen, insbesondere bei Ersttätern, doch eher mit einer Geldstrafe zu rechnen sein.

Zum anderen riskiert man zumindest eine Verwarnung von YouTube zu Deutsch einen sogenannten „Strike“. Hierfür muss der Urheberrechtsinhaber eine gültige Beschwerde über das Verhalten des Schädigers bei YouTube eingereicht haben. Dieser Beschwerde wird zeitnah durch YouTube nachgegangen und das Video wird ausweislich der Community-Richtlinien entfernt und der Schädiger erhält einen „Strike“. Nach der dritten Urheberrechtsverwarnung innerhalb von 90 Tagen wird sodann das Konto des Schädigers und alle zugehörigen Kanäle durch YouTube bzw. Google gekündigt. Dies dürfte für viele Betroffene der weitaus größere, insbesondere finanzielle Schaden darstellen.

Weitere Informationen zum Thema „Strikes“ und wie man gegen diese Vorgehen kann, finden sich in unserem Beitrag „ Strikes (Verwarnungen) bei Youtube - Kanal geschlossen? Was jetzt? “:

https://www.anwalt.de/rechtstipps/strikes-verwarnungen-bei-youtube-kanal-geschlossen-was-jetzt_186687.html


Fazit

In rechtlicher Sicht sind Reaction-Videos wohl eher als illegal einzustufen. Nichts desto trotz müsste dies tatsächlich im Einzelfall festgestellt werden. Überwiegt die kritische Auseinandersetzung mit den Inhalten des gezeigten Videos, ist es durchaus möglich, dass das Video unter das Zitatrecht im Sinne des Urhebergesetzes fällt. Die überwiegende Anzahl an Reaction-Videos dürfte diese Schwelle aber gerade nicht erreichen. Der Grund für eine bislang wohl ausbleibende Abmahnwelle dürfte sein, dass die Urheber des Videos selbst über die Reaction Reichweite generiert und somit auch indirekt für ihn PR gemacht wird.

Beachtet werden sollte jedoch, dass man sich mit Reaction-Videos rechtlich auf ein relativ unsicheres Gebiet begibt und – sollte der Urheber etwas gegen die Veröffentlichung haben – mit einer Abmahnung gerechnet werden kann.

Ferner sind zumindest auch strafrechtliche Folgen denkbar und – sollte der Urheber mit der „Reaction“ nicht einverstanden sein – muss mit Sanktionen auf Seiten von YouTube gerechnet werden. 

Mehr Infos auch im Video.


Über die Kanzlei Mutschke
Frau Rechtsanwältin Nicole Mutschke ist gefragte Rechtsexpertin und deutschlandweit bekannt aus den Medien (RTL, ntv, ZDF, sterntv, WDR etc.). Die Kanzlei Mutschke berät ihre Mandanten bundesweit engagiert und kompetent in allen Fragen des Social Media-, Unternehmens- und Verbraucherrechts.
Auf TikTok hat die Kanzlei den ersten Anwaltskanal in Deutschland gegründet und berät dort ihre wachsende Followerschaft in allen rechtlichen Belangen. Die Kanzlei unterhält ebenfalls Kanäle auf Instagram, YouTube, Twitch etc.

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