Rechte von Vermietern und Mietern: BGH-Urteil zum Zutrittsrecht zur Mietwohnung

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Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am 26. April 2023 ein wichtiges Urteil gefällt (VIII ZR 420/21), das die Pflichten von Mietern und Vermietern im Zusammenhang mit dem Zutritt zur Mietwohnung betrifft. Im Urteil wurde festgestellt, dass es eine vertragliche Nebenpflicht des Wohnraummieters gibt, dem Vermieter unter bestimmten Umständen den Zutritt zur Wohnung zu gewähren. Dies gilt insbesondere dann, wenn es einen konkreten sachlichen Grund für den Zutritt gibt, wie beispielsweise die beabsichtigte Veräußerung der Wohnung. Diese Pflicht kann sich aus dem Mietvertrag ergeben oder aufgrund gesetzlicher Vorschriften wie § 242 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB).

Hintergrund des Falls:

Im konkreten Fall war die Beklagte Mieterin einer Wohnung in L. Der Mietvertrag enthielt eine Klausel, die dem Vermieter das Recht auf den Zutritt zur Wohnung zu Verkaufs- oder Vermietungszwecken gewährte, vorausgesetzt, es wurde eine rechtzeitige Ankündigung gemacht. Im Jahr 2019 forderten die Vermieter die Beklagte auf, den Zutritt zur Wohnung für Immobilienmakler und potenzielle Käufer zu gewähren, da sie die Wohnung verkaufen wollten. Die Beklagte lehnte dies aufgrund ihrer schweren psychischen Erkrankung ab.

Die Vermieter erhoben Klage auf Zutritt zur Wohnung, und das Amtsgericht entschied größtenteils zu ihren Gunsten. Die Beklagte sollte den Vermietern den Zutritt in Begleitung von maximal zwei Personen für maximal 45 Minuten gewähren. Die Beklagte legte Berufung ein, und das Landgericht änderte das Urteil ab und wies die Klage ab. Daraufhin reichten die Vermieter eine Revision beim BGH ein, um die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils zu erreichen.

Entscheidung des BGH:

Der BGH gab der Revision der Vermieter statt und hob die Entscheidung des Landgerichts auf. Der BGH stellte fest, dass die Kläger als Vermieter grundsätzlich ein Recht auf den Zutritt zur Mietwohnung hatten, da sie die Wohnung verkaufen wollten. Dieses Recht sollte jedoch unter Berücksichtigung der grundrechtlich geschützten Positionen der Mietvertragsparteien abgewogen werden.

Im vorliegenden Fall stellte der BGH fest, dass die schwerwiegende psychische Erkrankung der Beklagten ein erhebliches Risiko für ihre Gesundheit darstellte, insbesondere das Risiko von Selbstverletzungen oder Selbstmord. Der BGH betonte, dass die Gerichte in solchen Fällen besonders sorgfältig prüfen müssen, ob die Gesundheitsgefährdung des Mieters das Interesse des Vermieters an der Verwertung der Wohnung überwiegt.

Der BGH kritisierte jedoch das Berufungsgericht dafür, dass es das psychiatrische Sachverständigengutachten nicht vollständig gewürdigt hatte. Der Sachverständige hatte darauf hingewiesen, dass die Gesundheitsrisiken für die Beklagte geringer wären, wenn sie bei der Wohnungsbesichtigung von einer Vertrauensperson oder einem Anwalt vertreten würde. Dieser wichtige Aspekt wurde vom Berufungsgericht nicht ausreichend berücksichtigt.

Daher hob der BGH das Urteil des Berufungsgerichts auf und verwies den Fall zur erneuten Verhandlung zurück, unter Berücksichtigung der vollständigen Informationen aus dem Gutachten des Sachverständigen.

Fazit:

Das Urteil des BGH vom 26. April 2023 (VIII ZR 420/21) unterstreicht die Bedeutung der sorgfältigen Abwägung zwischen den Interessen von Vermietern und Mietern im Zusammenhang mit dem Zutritt zur Mietwohnung. Es verdeutlicht, dass die Gesundheit und das Wohlergehen des Mieters in Fällen schwerwiegender psychischer Erkrankungen besonders berücksichtigt werden müssen. Gleichzeitig betont das Urteil die Notwendigkeit, Gutachten und alle relevanten Informationen in solchen Fällen vollständig zu würdigen, um eine ausgewogene Entscheidung zu treffen.

Foto(s): Bild von Peggy und Marco Lachmann-Anke auf Pixabay

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