Leitfaden für den rechtssicheren Erwerb eines Eigenheims von einem Bauträger

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Dieser rechtliche Leitfaden soll Erwerbern eine erste Hilfestellung geben, auf welche Umstände bei Grundstückserwerben von Bauträgern verstärkt zu achten ist.

1. Rechtliche Einordnung des Bauträgervertrags

Ein Bauträger zeichnet sich dadurch aus, dass er auf einem eigenen Grundstück in Eigenregie Objekte errichtet, um diese anschließend zu veräußern. Der Bauträgervertrag ist in § 650u Abs. 1 Satz 1 BGB dahingehend definiert, dass er „die Errichtung oder den Umbau eines Hauses oder eines vergleichbaren Bauwerks zum Gegenstand hat und der zugleich die Verpflichtung des Unternehmers enthält, dem Besteller das Eigentum an dem Grundstück zu übertragen“.

Insofern enthält der Bauträgervertrag verschiedene Elemente. So unterliegt der Grundstückserwerb den kaufvertraglichen (§ 650u Abs. 1 Satz 3 BGB i.V.m. §§ 433 ff. BGB) und die geschuldeten Bauleistungen den werkvertraglichen (§ 650u Abs. 1 Satz 2 BGB i.V.m. §§ 631 ff. BGB) Regelungen des BGB. Es handelt sich um einen einheitlichen Vertrag, welcher der notariellen Beurkundung nach § 311b Abs. 1 Satz 1 BGB bedarf. Der Bauträger schuldet dem Erwerber als einheitliche Leistung die Bauerrichtung und die Verschaffung des lastenfreien Eigentums.

2. Wesentliche Punkte vor Vertragsunterzeichnung

Für Bauträger gelten im Verhältnis zu Erwerbern aufgrund des Verweises in § 650v BGB i.V.m. Art. 244 EGBGB die Makler- und Bauträgerverordnung (MaBV). Nach § 3 MaBV können Bauträger (nach vorheriger vertraglicher Vereinbarung) Zahlungen nur nach Baufortschritt und maximal bis zu der in § 3 Abs. 2 MaBV genannten Grenze verlangen. Zusätzliche Voraussetzung nach § 3 Abs. 1 MaBV ist, dass

  • der (Bauträger-) Vertrag rechtswirksam ist,
  • der Anspruch auf Eigentumsübertragung durch eine Auflassungsvormerkung im Grundbuch gesichert ist,
  • das Grundstück von allen Lasten freigestellt ist
  • und eine wirksame Baugenehmigung vorliegt.

Erwerber sollten den Vertrag erst dann beurkunden, wenn diese vier Voraussetzungen allesamt erfüllt sind und der Bauträger dies nachgewiesen hat. Dabei haben Erwerber darauf zu achten, dass im Vertrag keine Ausnahme zu den o.g. Voraussetzungen nach § 3 Abs. 1 MaBV geregelt sind. Sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt, wird Erwerber dies teuer zu stehen kommen, wenn sie beispielsweise nicht Eigentümer des Grundstücks werden oder dieses weiterhin mit Grundschulden belastet ist.

Ausnahmsweise können die Vertragsparteien statt Ratenzahlung nach Baufortschritt Vorauszahlungen durch den Erwerber vereinbaren, wenn der Bauträger nach § 7 Abs. 1 MaBV Sicherheit für alle etwaigen Ansprüche des Erwerbers auf Rückgewähr oder Auszahlung seiner Vermögenswerte leistet. Hierfür hat der Bauträger zwingend eine Bankbürgschaft an den Erwerber zu erbringen. Erwerber sollten beachten, dass diese Bankbürgschaft keine Verzugsschäden oder Mietausfallschäden absichert. Ferner sind Erwerber bei Baumängeln innerhalb der einzelnen Bauphasen nicht berechtigt, (Teil-) Zahlungen einzubehalten.

Erwerbern steht vor Zahlung der ersten Kaufpreisrate ein Anspruch nach § 650m Abs. 2 und 3 BGB auf Stellung einer Erfüllungssicherheit in Höhe von 5 % der vereinbarten Gesamtvergütung zu. Insoweit sollten Erwerber bei Zahlung der ersten Kaufpreisrate wahlweise auf vorherige Übergabe der Sicherheit bestehen oder den entsprechenden Betrag einbehalten (§ 650m Abs. 2 Satz 3 BGB). Hierdurch können Erwerber (zumindest geringfügig) spätere Leistungsstörungen aus der Sphäre des Bauträgers (zum Beispiel durch dessen Insolvenz) abmildern. Nach der Rechtsprechung des BGH ist eine AGB-Klausel unwirksam, welche die Fälligkeit der ersten Abschlagszahlung in einem Werkvertrag mit einem Verbraucher regelt, ohne dabei auf die Sicherheitsleistung nach § 650m Abs. 2 BGB einzugehen (BGH, Urteil vom 08.11.2012, Az. VII ZR 191/12).  

Bauträger sind nach § 650j BGB i.V.m. Art. 249 EGBGB verpflichtet, Erwerbern eine Baubeschreibung in Textform (vgl. § 1 Art. 249 EGBGB) zu überreichen. Dabei sollten Erwerber darauf achten, dass im Bauträgervertrag keine Ausnahme von § 650k Abs. 1 BGB gemacht wird und die Baubeschreibung in Bezug auf die Bauausführung als Teil des Vertrages mitbeurkundet wird. Die Baubeschreibung hat die wesentlichen Eigenschaften des angebotenen Werkes in klarer Weise darzustellen (vgl. hierzu die konkreten Bestimmungen in § 2 Satz 1 des Art. 249 EGBGB).

Um all diese Risiken zu erkennen und ihnen entgegenzuwirken, ist Erwerbern vor Unterzeichnung eines Bauträgervertrages dringend zu raten, den Rat eines spezialisierten Rechtsanwaltes einzuholen.

3. Wesentliche Punkte während der Bauphase

Erwerbern stehen während der Bauphase – also vor Abnahme – Besichtigungsrechte auf der Baustelle zu, um den Bautenstand zu überprüfen, für den der Bauträger Zahlung verlangt. Idealerweise sollten Erwerber hierfür einen Bauexperten hinzuzuziehen. Bei bereits während der Bauphase entdeckten Mängeln sind Erwerber nach § 632a Abs. 1 Satz 2 BGB berechtigt, „das Doppelte der für die Beseitigung des Mangels erforderlichen Kosten“ einzubehalten (§ 632a Abs. 1 Satz 4 i.V.m. § 641 Abs. 3 BGB). Allerdings ist in der Literatur umstritten, ob Erwerber berechtigt sind, die erbrachten Arbeiten unmittelbar auf Mängel zu überprüfen (vgl. Basty, der Bauträgervertrag, 10. Aufl. 2021, Kapitel 5, Rn. 155).

Die Vertragsparteien sind verpflichtet, den Fertigstellungszeitpunkt oder zumindest die Dauer der Bauausführung im Vertrag (§ 650k Abs. 3 BGB) oder in der Baubeschreibung (Art. 249 § 2 Abs. 2 EGBGB) verbindlich zu regeln. Enthält weder der Bauträgervertrag noch die Baubeschreibung konkrete Angaben zum Fertigstellungszeitpunkt bzw. zur Dauer der Bauausführung, so hat der Bauträger das Objekt in angemessener Zeit (§ 271 BGB) zu errichten und fertig zu stellen. Die Pflicht zur termingerechten Fertigstellung ist eine Kardinalpflicht des Bauträgers (vgl. OLG München, Urteil vom 15.11.2011, Az. 13 U 15/11). Das schuldhafte Überschreiten des vertraglich vereinbarten Termins stellt eine Pflichtverletzung des Bauträgers dar. Erwerbern stehen dann Schadensersatzansprüche gegen den Bauträger zu. Zu ersetzende Schäden können u.a. entgangene Mieten, Mehraufwendungen für die Finanzierung, Hotelkosten, zusätzliche Umzugskosten etc. sein. Ferner sind Erwerber berechtigt, nach §§ 636, 323, 326 Abs. 5 BGB sowie §§ 241 Abs. 2,324 BGB vom gesamten Vertrag zurückzutreten. Allerdings kann die Rückabwicklung des Vertrages für Erwerber wirtschaftlich riskant sein (insbesondere bei Insolvenz des Bauträgers), da im Wege des Rückabwicklungsverhältnisses der Eigentumsverschaffungsanspruch und die Auflassungsvormerkung erlöschen. Diese Rechte (Schadensersatz und Rücktritt) können nach § 309 Nr. 8 BGB nicht in AGB ausgeschlossen werden.

4. Abnahme der Bauleistungen und Vorgehen bei Mängeln

Der Bauträger wird die Übergabe des Objektes regelmäßig von der Zahlung der Bezugsfertigkeitsrate nach § 3 Abs. 2 MaBV und der Erklärung der Abnahme (zumindest des Sondereigentums) durch den Erwerber abhängig machen. Die Abnahme kann förmlich oder konkludent erfolgen und kann gesondert hinsichtlich des Sonder- und Gemeinschaftseigentums erklärt werden. Bauträgerverträge enthalten häufig Klauseln, wonach ein mit dem Bauträger wirtschaftlich oder rechtlich verbundener Erstverwalter oder ein vom Bauträger unwiderruflich bestellter Bausachverständiger im Namen des Erwerbers die Abnahme des Gemeinschaftseigentums erklären. Derartige Klauseln sind nach der Rechtsprechung des BGH und zahlreicher OLG regelmäßig AGB-unwirksam, da sie den Erwerber unangemessen benachteiligen. Für den Bauträger können Abnahmen auf Basis derartiger unwirksamer Vertragsklauseln die unangenehme Rechtsfolge haben, dass die Abnahme des Gemeinschaftseigentums nicht erfolgt ist und entsprechende Mängelansprüche nicht verjährt sind (BGH, Urteil vom 30.06.2016, Az. VII ZR 188/13).

Erwerber sind nach § 640 Abs. 1 Satz 1 BGB zur Abnahme verpflichtet, wenn das Vertragsobjekt vollständig fertiggestellt ist. Unwesentliche Mängel berechtigen nicht zur Verweigerung der Abnahme (§ 640 Abs. 1 Satz 2 BGB). Ein wesentlicher Mangel, der zur Verweigerung der Abnahme berechtigt, liegt vor, wenn die Gebrauchstauglichkeit des Werks beeinträchtigt ist.

Erwerber sollten bei der Abnahme einen Bausachverständigen hinzuzuziehen, um sämtliche Mängel schriftlich im Abnahmeprotokoll vorzubehalten. Durch den Mängelvorbehalt im Abnahmeprotokoll verleibt die Beweislast (für das Nichtvorliegen dieser Mängel) beim Bauträger. Hinsichtlich der nicht im Abnahmeprotokoll vorbehaltenen Mängel tragen hingegen die Erwerber die Beweislast. Sofern Erwerber Mängel bei Abnahme kennen und nicht vorbehalten, sind sie nach § 640 Abs. 3 BGB mit ihren Mängelrechten nach § 634 Nr. 1 bis 3 BGB ausgeschlossen.

Ferner sollten Erwerber hinsichtlich Mangels nach § 641 Abs. 3 BGB „das Doppelte der für die Beseitigung des Mangels erforderlichen Kosten“ einbehalten. Durch dieses Druckmittel wird der Bauträger zu einer zeitnahen Mängelbeseitigung veranlasst. Erwerber sind auch hinsichtlich Mängel am Gemeinschaftseigentum berechtigt, Mangeleinbehalte geltend zu machen.

Die Abnahme bewirkt schließlich den Beginn der 5-jährigen Verjährungsfrist nach § 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB. Entdecken Erwerber erst 5 Jahre nach Abnahme weitere Mängel, können sie etwaige Mängelansprüche wegen Verjährung nicht mehr durchsetzen.

Auch nach Abnahme des Sondereigentums sind Erwerber zur Zahlung der Fertigstellungsrate (3,5 %) nur verpflichtet, wenn der Bauträger alle vertraglich geschuldeten Leistungen für das Bauvorhaben erbracht hat. Hierfür müssen auch sämtliche Nebenanlagen, Garagen und Außenanlagen funktionsgerecht erstellt sein. Solange dies nicht geschehen ist, sollten Erwerber davon absehen, die letzte Rate zu entrichten.

Hinsichtlich bestehender Mängel haben Erwerber den Bauträger mit angemessener Frist aufzufordern, die Mängel zu beseitigen (§§ 634 Nr. 1; 635 BGB). Erst nach fruchtlosem Ablauf der Frist oder Scheitern der Mängelbeseitigung sind Erwerber berechtigt, ihre Mängelrechte wie Selbstvornahme, Schadensersatz oder Minderung geltend zu machen oder den Rücktritt vom Vertrag zu erklären (§ 634 Nr. 2 bis 4 BGB).

5. Typische Mängel

Der BGH hat sich zuletzt wiederholt mit unzureichenden Wohnflächenangaben in Bauträgerverträgen befasst. Dabei sind nach Ansicht des BGH konkrete Angaben zur Wohnfläche im Bauträgervertrag zwingend erforderlich, da sie zu den zentralen Beschaffenheitsmerkmalen einer Wohnung gehören. Enthält der Vertrag keine Angaben zu Wohnflächen, sind die Vorstellungen des Erwerbers für den Inhalt des Vertrages maßgeblich, sofern der Bauträger in eigener oder zurechenbar Kenntnis dieser Vorstellungen des Erwerbers den Vertrag abgeschlossen hat (BGH, Urteil vom 08.01.2004, Az. VII ZR 181/02, 1. Leitsatz).

Hinsichtlich des vom Bauträger geschuldeten Schallschutzes bei Doppelhaushälften und Wohnungen kann der Erwerber nach der Rechtsprechung des BGH einen über die Mindestanforderungen der DIN 4109 hinausgehenden Schallschutz verlangen. Anhaltspunkte für den danach erforderlichen Schallschutz ergeben sich aus dem Beiblatt 2 zur DIN 4109 oder den Schallschutzstufen II und III der VDI-Richtlinie 4.100 (BGH, Urteil vom 04.06.2009, Az. VII ZR 54/07, 1. und 2. Leitsatz). Mängel am Schallschutz führen regelmäßig zu einem hohen Minderwert des erworbenen Objektes. Sofern Erwerber Zweifel haben, dass das Objekt diese Voraussetzungen an einen ordnungsgemäßen Schallschutz nicht erfüllt, sollten sie ein Schallschutzgutachten einholen und diesen Mangel gegenüber dem Bauträger rügen.

6. Empfehlung: Frühzeitige Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes

Erwerber sind bei dem Kauf einer Immobilie regelmäßig einem beträchtlichen finanziellen Risiko ausgesetzt. Der vorliegende Leitfaden verdeutlicht zudem die beträchtlichen rechtlichen Risiken, welche von den Erwerbern häufig unterschätzt werden. Um den Traum vom Eigenheim nicht unnötig teuer bezahlen zu müssen, ist Erwerbern dringend zu empfehlen, frühzeitig den Rat eines Rechtsbeistandes einzuholen. Ferner wird empfohlen, während der Bauphase und insbesondere bei Abnahme des Sondereigentums einen Sachverständigen hinzuzuziehen, um mögliche Mängel am Objekt frühzeitig zu erkennen.

Kontaktieren Sie mich gerne bei Rückfragen zu dem vorliegenden rechtlichen Leitfaden oder sofern sie meine (steuer-) rechtliche Unterstützung bei dem Erwerb einer Immobilie benötigen.

Foto(s): https://pixabay.com/photos/construction-site-architect-2733678/


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