Rechtschutzversicherung enttäuscht Anwalt und Versicherungsnehmer

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Verlangt wird Rückabwicklung der Rechtsvertretung und Rückzahlung von Anwaltshonorar und Gerichtskosten!

Die sog Fälle des „Widerrufs- Jokers“ gestattete einer Vielzahl von Verbrauchern in der Vergangenheit Darlehensverträge (mit meist sehr hohen Zinssätzen) vor Ablauf der Zinsbindungsfrist von 10 Jahren zu beenden, falls die Widerrufsbelehrung, welche die Bank bei Abschluss des Darlehensvertrages verwandt hatte, fehlerhaft war. Dies war in einer Vielzahl  von Fällen gegeben, so das Rechtschutzversicherungen in vielen Fällen Deckungszusage erteilten und erteilen mussten. Insbesondere in der Anfangszeit konnten sich die Verbraucher auf eine Vielzahl verbraucherfreundlicher Grundentscheidungen des BGH berufen. Allerdings entwickelte sich die Rechtsprechung dann in vielen Fällen zunehmend als weniger verbraucherfreundlich womit auch die Rechtschutzversicherungen zunehmend darunter zu leiden hatten, dass immer mehr Kosten der Rechtsverfolgung von Ihnen zu tragen waren.

Derzeit regressiert - eine zwischenzeitlich – in der Branche bekannte  - Rechtsschutzversicherung wiederholt in sogenannten Widerrufs- Fällen von Verbraucherdarlehen. Sie verlangt von Anwälten, die Ihre VN in der Vergangenheit vertreten hatten, die Rückzahlung von Anwaltsgebühren und Gerichtskosten, die ihrer Ansicht nicht hätten produziert werden dürfen. Eigentlich immer dann nicht verwunderlich, wenn wirklich Gebührenmissbrauch betrieben wurde.

Allerdings ist das Vorliegende Regressieren zunehmend als „Hexenjagd“ zu klassifizieren, im Rahmen welcher mittlerweile abstruse Forderungen zu Lasten der Versicherungsnehmern (künftig: VN) gefordert werden, die zu Recht zur „Verstörung“ und Vertrauensverlust führt.

Selbst wenn es wie in dem meiner Kanzlei bekannten Fall dazu kam, dass erfolgreich Vergleiche zu Gunsten Ihrer VN abgeschlossen worden waren behauptet die Rechtsschutzversicherung anwaltliche Schlechtleistung und fordert trotz urspr. ursprünglich erteilter Deckungszusagen, nicht nur anwaltliches Honorar und verauslagte Gerichtskosten zurück, sondern droht auch damit Erstattungsansprüche der Gegenseite, deren Übernahme sie im Rahmen von Vergleichen übernommen hatte, als wirtschaftlichen Schaden von den Anwälten Ihres VN zurück fordern zu wollen. Dies, wie gesagt, nachdem die Rechtschutzversicherung selbst vor Erteilung von Deckungszusagen ausführlich geprüft und Deckungszusagen erteilt hatte.

Dabei verlangt die Rechtschutzversicherung das der Anwalt der Ihren VN außergerichtlich vertreten hat bereits  - von sich aus – Einwendungen des Gegners des VN der Rechtschutzversicherung hätte von sich aus errechnen und von Forderungen des eigenen Versicherungsnehmers hätte abziehen müssen, um Kosten zu sparen. Dabei hatte der im vorliegenden Fall beauftragte Rechtsanwalt nach Ausübung des Widerrufsrechtes durch den VN der Rechtschutzversicherung die Abrechnung des Rückabwicklungsschuldverhältnisses gefordert.

Dies hat zur Folge, dass der Anwalt eine Geschäftsgebühr für die außergerichtliche  Rechtsvertretung abtrechnen darf, welche als Streitwert. sämtliche seitens des Darlehensnehmers an die Bank geleisteten Zins- u. Tilgungsleistungen berücksichtigt.

Richtig ist, dass der BGH hat mit Beschluss vom 12.01.2016 (Az.: XI ZR 366/15) den Leitsatz aufgestellt hatte:

Begehrt ein Verbraucher außerhalb des Anwendungsbereichs des § 358 BGB die Feststellung, dass durch seinen Widerruf eines Verbraucherdarlehensvertrags dieser gemäß §357 Abs. 1 Satz 1 BGB in der bis zum 12. Juni 2014 geltenden Fassung nach den §§ 346ff. BGB rückabzuwickeln ist, be­misst sich der Wert seiner Beschwer gemäß § 26 Nr. 8 Satz 1 EGZPO, § 3 ZPO nach der Haupt­forderung, die er gemäß §§ 346ff. BGB beanspruchen zu können meint.

Dies wird seitens der Rechtsschutzversicherung die genau dieses Vorgehen kritisiert übersehen und die Meinung vertreten es sei außergerichtlich falsch vertreten worden. Dies ist aber nicht zu beanstanden, weil der BGH in dieser Entscheidung, BGH, Beschluss vom 12. Januar 2016 - Az. XI ZR 366/15 ausführt:

Vgl. RdNr. 16: ff

cc) Der Kläger kann und hat die Hauptforderung zu beziffern, die er nach §§ 346 ff. BGB beanspruchen zu können meint. Das sind nach § 346 Abs. 1 Halbsatz 1 BGB bereits er­brachte Zins- und Tilgungsleistungen (Senatsbeschluss vom 22. September 2015 - XI ZR 116/15, NJW 2015, 3441 Rn. 7 mwN). 

Die Rechtsschutzversicherung meint hingegen, dass die Forderung einer Abrechnung nicht haltbar sein. Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BGH war genau dies im März 2017  einfachste und auch sicherste Art der Rechtsverfolgung für den VN der Klagepartei. Warum ist einfach:

Die Bank hatte den Widerruf des VN der Rechtschutzversicherung zurückgewiesen. Damit war ein Rückabwicklungsverhältnis zwischen den Parteien (das einen rechtswirksamen Widerruf voraussetzt) strittig. Es bestand – aus Sicht der Bank gar keine Aufrechnungslage -womit die Bank es unterließ das Darlehensverhältnis abzurechnen. Dies wäre aber wiederum Rechtsfolge eine wirksamen Widerrufs. Der Darlehensnehmer bekommt alle Zins – und Tilgungszahlungen zurück, die Bank darf grds. nur einen marktüblichen Zinssatz als „fiktiven Zinssatz“ – nicht aber den Vertragszinssatz der Rückzahlungsforderung des Darlehensnehmers entgegenhalten.

Es ist nicht etwa der Bankkunde der den Anspruch der Bank auszurechnen und gegen seinen eigenen Rückzahlungsanspruch aufzurechnen hat. 

Eine entsprechende Tätigkeit des  Beklagten als Anwalt des VN der Klagepartei zu veranlassen, wäre nach der hier vertretenen Rechtsansicht Parteiverrat gem. § 356 Abs 1 StGB. Diese Rechtsvorschrift lautet:  „Ein Anwalt oder ein anderer Rechtsbeistand, welcher bei den ihm in dieser Eigenschaft anvertrauten Angelegenheiten in derselben Rechtssache beiden Parteien durch Rat oder Beistand pflichtwidrig dient, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.“

Soweit der BGH schließlich mit Urteil vom 21.02.2017 - XI ZR 467/15 die Feststellung trifft, dass dem Bankkunden der widerrufen ab diesem Zeitpunkt ein Vorgehen im Rahmen einer Klage - keine Feststellung „ der Wirk­samkeit des erklärten Widerrufs“ mehr rechtlich zulässig sei. Dies, weil ein Vorgehen auf Errech­nung der Nutzungen in Höhe von 5 % über den jeweiligen Basiszinssatz, ohne weiteres er­möglicht wäre![1]

ist, ist das eine soweit der BGH aber gleichzeitig ausführt:

Bis zur Aufrechnung hat die Klägerin einen Zahlungsanspruch auf Rückgewähr der von ihr auf die Darlehensverträge erbrachten Leistungen, den sie im Wege der Leistungsklage geltend machen kann.[2]

Da selbst der BGH eine Klage auf Leistung –also so lange als zulässig erachtet - bis eine Aufrechnung ermöglicht ist, ist das außergerichtliche Vorgehen auf Abrechnung mit Sicherheit nicht zu beanstanden. Und nach der hier vertretenen Rechtsansicht hat nicht der Gläubiger einer solchen Forderung diese selbst zu zerstören indem er eine Forderung für die Gegenseite ausrechnet und dann selbst eine Aufrechnung gegen seine eigene Forderung erklärt. 

[1] vgl. BGH Urteil vom 21.02.2017 - XI ZR 467/15, RdNr. 26

[2] Vgl. BGH Urteil vom 21.02.2017 - XI ZR 467/15, RdNr. 26


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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