Rechtswidrige Hausdurchsuchung - Beweisverwertungsverbot?

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Geht die Polizei davon aus, dass in der Wohnung, den Geschäftsräumen oder dem Auto eines Beschuldigten (§ 102 StPO, oder bei Dritten § 103 StPO) Beweise für eine Tat gefunden werden können, so wird im Normalfall beim Ermittlungsrichter ein Durchsuchungsbeschluss beantragt (§ 105 Abs. 1 StPO). 

Nur bei Gefahr im Verzug kann eine Durchsuchung auch von der Staatsanwaltschaft und sogar der Polizei selbst angeordnet werden. Gefahr im Verzug liegt im Falle der Durchsuchung bei einer Sachlage vor, bei der  ein Beweismittel verloren ginge, wenn nicht an Stelle der Behörde oder Person eine andere Behörde oder Person unmittelbar tätig wird. 

Ein Beispiel wäre folgender Fall:

Die Polizei wird wegen Ruhestörung zu einem Mehrfamilienhaus gerufen und klingelt bei der betroffenen Person. Als die Person öffnet, strömt ein starker Cannabis Geruch aus der Wohnung.

Würde die Polizei nun bei einem Richter einen Durchsuchungsbeschluss beantragen, so hätte dieser zunächst einmal die Akte zu lesen, müsste sich Gedanken darüber machen und schließlich den Durchsuchungsbeschluss verabschieden. Dies würde genug Zeit in Anspruch nehmen, dass die verdächtige und nun alarmierte Person evtl. vorhandenes Cannabis beispielsweise die Toilette hinunterspülen oder auch konsumieren könnte.

In einem solchen Fall liegt Gefahr im Verzug vor.

Anders wäre der Fall, wenn die Polizei den Geruch von Cannabis bereits vor Klingeln/Klopfen bei der betroffenen Person wahrnimmt. Dann wäre die Person noch nicht alarmiert, es bestünde nicht die Gefahr der Vernichtung von Beweismitteln und es wäre genug Zeit für die Einholung eines richterlichen Durchsuchungsbeschlusses. Die auf Gefahr im Verzug gestützte Durchsuchung wäre somit rechtswidrig.

Die Frage, die sich bei einer rechtswidrigen Durchsuchung sofort stellt, ist die nach einem möglichen Beweisverwertungsverbot.

Ein Beweisverwertungsverbot bedeutet, dass vorliegende Beweise im Gerichtsverfahren nicht gegen den Angeklagten verwendet werden dürfen und stellt insofern einen guten Joker für die Verteidigung dar. Solche Verwertungsverbote kennen die meisten aus amerikanischen Filmen, wo bereits ein kleiner Rechtsverstoß der Ermittlungspersonen ausreicht, dass Beweismittel nicht verwertet werden ("Fruit of the poisenous tree doctrine"). Leider (aus Sicht der Beschuldigten) wird dies in Deutschland deutlich restriktiver gehandhabt. Hier stellt ein Beweisverwertungsverbot einen Ausnahmefall dar und muss gut begründet werden.

Grundsätzlich wird geprüft, ob die durchgeführte Durchsuchung so auch von einem Richter hätte angeordnet werden können (sog. "hypothetischer Ersatzeingriff"). Wäre dies der Fall, so wird auch kein Beweisverwertungsverbot angenommen.

Aber:

Diese Prüfung findet nicht statt bei besonders schwerwiegenden und willkürlichen Verstößen gegen den Richtervorbehalt. 

Nach der Rechtsprechung der Gerichte liegt ein Verwertungsverbot beispielsweise vor, 

  • wenn die Staatsanwaltschaft während der Dienstzeiten des Richters keinen Versuch der Kontaktaufnahme unternimmt, wenn solange gewartet wird,
  • wenn nur Vermutungen, nicht aber Tatsachen die Annahme der Gefahr im Verzug begründen,
  • wenn die gesetzlichen Voraussetzungen einer Durchsuchung nicht vorliegen und die betroffene Person eingewilligt hat, ohne über die Freiwilligkeit belehrt worden zu sein,
  • wenn die Antragstellung derart hinausgezögert wird, dass erst dadurch der Verlust des Beweismittelverlustes droht,
  • wenn der Richter bereits mit der Sache befasst ist, aber noch keine Entscheidung getroffen hat.

Kein solcher Verbot liegt etwa vor,

  • wenn die Gefahr im Verzug durch das Ungeschick eines Polizeibeamten ausgelöst wurde,
  • wenn der betroffenen Person kein Durchsuchungsbeschluss vorgelegt wurde oder ins sonstiger Weise gegen gesetzliche Formalitäten verstoßen wurde.

Fazit:

Ein Beweisverwertungsverbot ist bei Verfahrensverstößen von Polizei und Staatsanwaltschaft in Deutschland eher die Ausnahme, als die Regel. Dennoch kann in einigen Fällen ein solches Verbot vorliegen. Da ein Verwertungsverbot eine exzellente Verteidigungsmöglichkeit für den Beschuldigten darstellt, sind die Voraussetzungen aber immer im Einzelfall ausgiebig zu prüfen.

Verteidigung in Strafverfahren

Unabhängig von der Frage nach einem Beweisverwertungsverbot biete ich meine Unterstützung in jeder Art von Strafverfahren an. Ob im Ermittlungsverfahren, nach Anklageerhebung oder Zustellung eines Strafbefehls, oder bereits im Strafvollzug in der JVA stehe ich meinen Mandanten als Strafverteidiger mit großem Einsatz zur Seite.

Foto(s): ©Adobe Stock/Stephan Dinges

Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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