Rückforderung von zu viel gezahltem Unterhalt

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Oft stellt sich im Nachhinein heraus, dass zu viel Kindesunterhalt oder auch Trennungsunterhalt für die Vergangenheit bezahlt worden ist.

Dies beruht beispielsweise darauf, dass die Unterhaltsverpflichteten die Unterhaltssätze selbst (ohne anwaltliche Hilfe) falsch errechnet haben oder freiwillig großzügigerweise zu viel bezahlt haben oder beispielsweise eine einstweilige Anordnung zu einer höheren monatlichen Unterhaltszahlung verpflichtet, als es sich später im Hauptverfahren tatsächlich herausstellt.

Die Frage ist, ob ein für die Vergangenheit zu viel gezahlter Unterhalt später wieder zurückverlangt bzw. mit künftigen Unterhaltsleistungen aufgerechnet werden kann:

  1. Der Rückforderungsanspruch

Ein Rückforderungsanspruch von zu viel gezahltem Unterhalt ist ein sogenannter bereicherungsrechtlicher Anspruch nach § 812 BGB. Nach dieser Vorschrift kann beispielsweise wegen des weggefallenen Rechtsgrunds (es muss tatsächlich weniger Unterhalt bezahlt werden, als bezahlt wurde) ein Rückforderungsanspruch zunächst einmal entstehen.

Der Durchsetzbarkeit eines solchen Rückforderungsanspruchs steht in der Regel jedoch der sogenannte Entreicherungseinwand nach § 818 Abs. 3 BGB entgegen, sofern sich der Unterhaltsberechtigte hierauf beruft.

Dieser Einwand greift dann, wenn der Unterhaltsberechtigte den bezahlten Unterhalt für seine laufenden Lebensbedürfnisse verbraucht hat; der Unterhalt also nicht mehr im Vermögen vorhanden ist. Hierfür ist der Unterhaltsberechtigte darlegungs- und beweispflichtig.

Es gibt jedoch auch Ausnahmen, bei welchen sich der Unterhaltsbedürftige nicht auf § 813 Abs. 3 BGB berufen kann, wenn er „verschärft“ haftet:

Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn der Unterhaltsbedürftige Kenntnis von dem Fehlen des Rechtsgrunds der Unterhaltsleistungen und der sich daraus ergebenden Rechtsfolgen hat. Es genügt dabei jedoch nicht die bloße Kenntnis von Tatsachen, auf denen das Fehlen des Rechtsgrunds beruht. Der Unterhaltsberechtigte muss vielmehr positiv wissen, dass er keinen Anspruch auf die Unterhaltszahlungen hat; in der Praxis ist es jedoch schwierig, ihm eine derartige Kenntnis nachweisen zu können.

Eine weitere verschärfte Haftung kann sich aus § 818 Abs. 4 BGB geben; dies setzt jedoch voraus, dass bereits ein sogenannter „Antrag“ (= Klage) bei Gericht eingereicht worden ist. Der Rückforderungsanspruch bezieht sich jedoch dann nicht für die Vergangenheit, sondern nur rückwirkend auf den Zeitpunkt, zu welchem der Antrag eingereicht worden ist.

  1. Aufrechnung unzulässig

Selbst wenn für den Unterhaltsverpflichteten (Unterhaltschuldner) ein Rückforderungsanspruch zu bejahen ist, so darf er diesen aufgrund des Aufrechnungsverbots aus § 394 BGB nicht mit laufenden Unterhaltszahlungen verrechnen. Es ist dem Unterhaltsverpflichteten also nicht gestattet, laufende Unterhaltsleistungen aufgrund eines eventuellen Rückforderungsanspruchs zu kürzen/aufzurechnen.

  1. „Zahlung unter Vorbehalt“

Entgegen landläufiger Meinung ist es auch nicht ausreichend, dass der Unterhaltsschuldner, wenn er sich nicht sicher ist, wie viel Unterhalt er zu bezahlen hat, Unterhalt mit dem Betreff „unter Vorbehalt (der Rückforderung)“ bezahlt. Eine solche Erklärung hat nicht zu Wirkung, dass dann ein Rückforderungsanspruch besteht, falls zu viel Unterhalt bezahlt worden ist.

Eine Zahlung „unter Vorbehalt“ führt nämlich nicht zu einer Anwendung des § 820 BGB, nach welchem eine verschärfte Haftung des Unterhaltsberechtigten besteht.

Die Erklärung „Zahlung unter Vorbehalt“ hat sogar negativ für den Schuldner zur Folge, dass die Zahlung gerade kein Anerkenntnis darstellt, sodass der Unterhaltsberechtigte sogar bei Gericht einen Antrag auf Unterhaltszahlung einreichen kann (auch wenn Unterhalt bezahlt wird).

Praxistipp:

Um der Gefahr zu entgehen, dass Sie zu viel Unterhalt leisten (wenn Sie sich nicht sicher sind, wie viel Sie zahlen müssen) und diesen nachher nicht mehr zurückverlangen können, sollten Sie künftige oder laufende Unterhaltszahlungen als zins- und tilgungsfreies Darlehen unter der Bedingung anbieten, dass Sie auf die Rückzahlung im Fall der Abweisung der Abänderungsklage verzichten oder auf die Rückforderung insoweit verzichten, als Unterhalt in einem Gerichtsverfahren zugesprochen wird. Der Unterhaltsberechtigte muss dieses Angebot nach Treue und Glauben annehmen, vgl. BGH FamRZ 83, 574; 92, 1152.

Am besten bieten Sie dies dem Unterhaltsberechtigten schriftlich an oder lassen sich dies schriftlich zu Beweiszwecken bestätigen.

Denn Unterhaltszahlungen „unter Vorbehalt“ können grundsätzlich nicht zurückgefordert werden (s.o.). Einen weiteren Nachteil der Zahlung „unter Vorbehalt“ ist – wie aufgeführt – dass man damit einen Unterhaltsanspruch nicht anerkennt. Damit läuft man aber Gefahr, zur Zahlung auf Unterhalt verklagt zu werden, obwohl man eigentlich bereits den (gegebenenfalls richtigen) Unterhalt bezahlt.

Vorstehendes ist nur eine generelle Übersicht und ersetzt keinesfalls eine fundierte familienrechtliche anwaltliche Beratung. Gerade im vielschichtigen Familienrecht ist es von großer Wichtigkeit, jeden Fall einzeln zu betrachten. Nur so kann auf Ihre Situation rechtlich richtig eingegangen und können Ihre Rechte durchgesetzt werden.

Robin Schmid – Fachanwalt für Familienrecht in Schwäbisch Gmünd

Die Kanzlei ist auf das Familienrecht spezialisiert. Gerne berate und vertrete ich Sie in Ihrer Familiensache. Rufen Sie mich einfach an oder schreiben Sie mir eine E-Mail. Mehr Informationen rund um das Scheidungs- und Familienrecht finden Sie auch auf meiner Homepage.


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