Rücktritt vom PKW-Kaufvertrag

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Rücktritt vom PKW-Kaufvertrag

Gewährleistungsrechte im Zusammenhang mit dem Kauf eines PKW stellen einen Schwerpunkt unserer täglichen Arbeit dar, bei dem es zahlreiche Dinge zu beachten gilt. Aufgrund der häufig anzutreffenden Komplexität der Sach- und Rechtslage empfiehlt sich in der Regel die frühzeitige Einschaltung eines Rechtsanwaltes. Mit diesem Artikel sollen die Voraussetzungen grob umrissen und typische Problemfelder aufgedeckt werden.

 

Erheblicher Sachmangel

Voraussetzung für den Rücktritt ist, dass ein Sachmangel vorliegt. Ein Sachmangel liegt vor, wenn das Fahrzeug nicht die vereinbarte Beschaffenheit aufweist. Ist eine konkrete Beschaffenheit nicht vereinbart, so liegt ein Sachmangel dann vor, wenn sich die Sache nicht für die nach dem Vertrag vorausgesetzte bzw. gewöhnliche Verwendung eignet oder eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen gleicher Art nicht üblich ist und der Käufer die übliche Beschaffenheit erwarten darf. Zur Beschaffenheit gehören dabei auch Eigenschaften, die im Rahmen der Werbung, im Inserat oder sonstigen öffentlichen Äußerungen angepriesen werden.

Häufig auftretende Fallgruppen sind Funktions- und Qualitätsmängel an Bauteilen, aber auch falsche Angaben zu Kilometerangaben, zur Anzahl der Vorbesitzer oder zur Unfallfreiheit.

 

Bei dem Rücktritt handelt es sich neben dem Schadensersatz um das schärfste Schwert des Gewährleistungsrechts. Für den Verkäufer ist der Rücktritt häufig mit nicht unerheblichem Aufwand und auch finanziellen Einbußen verbunden. Voraussetzung für einen wirksamen Rücktritt ist daher, dass auch ein erheblicher Mangel vorliegt. Im Falle eines unerheblichen Mangels bleibt dem Käufer in der Regel die Möglichkeit der Kaufpreisminderung in angemessenem Umfang. Wann ein Mangel erheblich ist, kann nicht pauschal beantwortet werden. Diese Frage muss grundsätzlich für den Einzelfall gesondert beantwortet werden. Aus der Rechtsprechung lässt sich als Anhaltspunkt entnehmen, dass in der Regel eine Erheblichkeit vorliegt, wenn die Reparaturkosten 5 % - 10 % des Kaufpreises erreichen. Dies ist aber keine feste Regel. Auch Mängel unterhalb dieser Schwelle können im Einzelfall einen Rücktritt rechtfertigen.

 

Im Zeitpunkt der Übergabe

Der Sachmangel muss im Zeitpunkt der Übergabe vorliegen. Gewährleistung bedeutet stets, dass die Sache im Zeitpunkt des Gefahrüberganges, also grundsätzlich im Zeitpunkt der Übergabe, mangelfrei sein muss. Dies unterscheidet die Gewährleistung in der Regel von Garantieansprüchen. Während die (freiwillige) Garantie eine gewisse Haltbarkeit des Verkaufsgegenstandes absichert, bezieht sich die Gewährleistung stets auf den Zustand der Ware bei Gefahrübergang, also bei Übergabe.

Aber Achtung: Handelt es sich um einen Vertrag zwischen einem Verbraucher und einem Unternehmer, so wird binnen der ersten sechs Monate nach Übergabe in zeitlicher Hinsicht gesetzlich vermutet, dass die Sache bei Übergabe schon mangelhaft war. Diese Vermutung führt zu einer Beweislastumkehr. In diesem Fall muss also der Verkäufer beweisen, dass der Mangel bei Übergabe noch nicht vorlag.

 

Vorrang der Nachbesserung

Bei dem Rücktritt handelt es sich um ein sog. sekundäres Gewährleistungsrecht. Dies ist dadurch begründet, dass primär der Verkäufer das Recht zur Nachbesserung hat. Bevor der Käufer also vom Kaufvertrag zurücktreten kann, muss er dem Verkäufer grundsätzlich die Möglichkeit zur Nachbesserung gegeben haben. Dies ist ein häufig auftauchender Fehler auf Käuferseite. Bevor Sie daher als Käufer Maßnahmen ergreifen, holen Sie bitte frühzeitig Rechtsrat ein, da Fehler in diesem Bereich häufig nicht mehr zu retten sind und die Möglichkeit des Rücktritts auf Dauer ausgeschlossen sein kann.

In Einzelfällen kann das Recht zur Nachbesserung ausgeschlossen sein, der Käufer also sofort zurücktreten, ohne dem Verkäufer die Möglichkeit der Nachbesserung einzuräumen. Dies sollte aber unbedingt im Einzelfall bewertet werden und hier daher nur am Rande erwähnt werden.

 

Kein Gewährleistungsausschluss

Die Gewährleistung darf nicht wirksam ausgeschlossen worden sein. Häufig halten die vereinbarten Gewährleistungsausschlüsse einer rechtlichen Überprüfung nicht stand, sodass sich auch hier in der Regel eine Überprüfung lohnt. Auch ein an sich wirksamer Gewährleistungsausschluss kann z.B. bei arglistigem Verschweigen des Mangels wirkungslos werden.

 

Keine Verjährung

Grundsätzlich beträgt die kaufvertragliche gesetzliche Gewährleistungszeit bei Fahrzeugen zwei Jahre ab Übergabe der Kaufsache. Hierbei handelt es sich um eine Verjährungsfrist. Das heißt, dass vor Ablauf dieser Frist die Ansprüche durchgesetzt sein müssen oder vor Ablauf der Verjährungsfrist verjährungshemmende Maßnahmen ergriffen werden müssen. Andernfalls droht die Verjährung der Ansprüche. Bei arglistig verschwiegenen Mängeln greift eine abweichende Verjährungsfrist. Vertraglich kann in engen Grenzen eine abweichende Verjährungsfrist vereinbart sein. Hier lohnt ein Blick in den Vertrag und ggf. eine rechtliche Überprüfung. Formal gesehen, „verjährt“ das Rücktrittsrecht nicht, da es sich um ein Gestaltungsrecht handelt und nach der gesetzlichen Systematik nur Ansprüche und keine Gestaltungsrechte verjähren. § 438 Abs. 4 BGB in Verbindung mit § 218 BGB führt aber über den formalen Umweg ebenfalls dazu, dass der Rücktritt nicht mit Erfolg durchgesetzt werden kann, wenn die ihm zugrunde liegenden Ansprüche verjährt sind und der Schuldner sich hierauf beruft.

 

Rücktrittserklärung

Der Rücktritt muss als sog. Gestaltungserklärung wirksam erklärt werden. Die Rücktrittserklärung muss insbesondere nachweislich dem Vertragspartner zugehen. Andernfalls können aus dem Rücktritt keine Rechte hergeleitet werden. Hier ist daher größte Sorgfalt geboten, um in einem Rechtsstreit keine bösen Überraschungen zu erleben. An dieser Stelle ist der Hinweis geboten, dass auch ein Einschreiben, insbesondere ein Einschreiben-Rückschein, keinen sicheren Zugangsnachweis darstellt.

 

Rechtsfolge

Der Rücktritt führt zum Untergang des Kaufvertrages und aller damit verbundenen Ansprüche. An die Stelle des Kaufvertrages tritt im Falle des wirksamen Rücktritts ein sog. Rückgewährschuldverhältnis. Dieses ist anders als der Kaufvertrag nicht auf die Erfüllung des Vertrages, sondern auch die Rückabwicklung ausgerichtet. Für die Ansprüche aus diesem Rückgewährschuldverhältnis gelten wiederum gesonderte Verjährungsregeln. Diese entsprechen nicht denen aus dem Kaufvertrag. In der Regel empfiehlt es sich, den Rücktritt mit Schadensersatzansprüchen und Aufwendungsersatzansprüchen zu verbinden. Der Käufer kann ggf. vergebliche Aufwendungen, die er zum Erhalt des Fahrzeuges oder solche, die zur Wertverbesserung des Fahrzeuges geführt haben, ersetzt verlangen. Der Verkäufer kann ggf. für fahrlässig oder vorsätzliche Schäden an dem Fahrzeug geltend machen. Der Käufer muss sich in der Regel die gezogenen Nutzungen, insbesondere die gefahrenen Kilometer aus dem Kaufvertrag anrechnen lassen. Diese unvollständige Auflistung zeigt bereits, dass im Rücktrittsrecht häufig rechtlicher Rat erforderlich ist, da ein rechtlicher Laie kaum die rechtlich komplexe Rechtslage überblicken kann, insbesondere nicht sicher beurteilen kann, welche Ansprüche er geltend machen kann bzw. welche Ansprüche er sich entgegenhalten lassen muss und ob diese korrekt berechnet sind.

 

Fazit

Dieser Artikel kann natürlich nicht den Anspruch erfüllen, eine individuelle Beratung zu ersetzen. Er soll lediglich einen groben Überblick über die häufig auftretenden Problemfelder aufzeigen. Haben Sie Beratungsbedarf im Zusammenhang mit dem Kauf oder Verkauf eines PKW, Wohnmobils, Nutzfahrzeuges o.Ä. rufen Sie uns gerne an und vereinbaren einen Besprechungstermin.

 

Klemm & Murczak Rechtsanwälte

 

Pascal Murczak

Rechtsanwalt

Foto(s): Pascal Murczak

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