Rückwirkende Erhebung von Kanalbeiträgen in Brandenburg unzulässig

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Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat mit zwei Beschlüssen, die Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg aufgehoben und an das Gericht zurückverwiesen. Es ging um die rückwirkende Erhebung des Schmutzwasserbeitrags für Kanal. Die Anwendung des neuen Fassung des § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG Brandenburg verstößt gegen das Rückwirkungsverbot (Beschluss vom 12.11.2015, Az.: 1 BvR 2961/14, 1 BvR 3051/14).

Ursprünglich entstand die Beitragspflicht, sobald das Grundstück an die Einrichtung angeschlossen werden kann, frühestens mit Inkrafttreten der Satzung. Für das Oberverwaltungsgericht kam es nicht auf die Gültigkeit des Satzung an, sondern auf den Satzungserlass an sich. Der Landesgesetzgeber änderte im Jahr 2004 das KAG, nunmehr kam es auf das Inkrafttreten einer rechtswirksamen Satzung an.

Die betroffenen Eigentümer sollten nach der neuen Vorschrift herangezogen werden, dabei hatte die Stadt im Jahr 2009 erstmals eine gültige Satzung aufgestellt. Die Satzung aus dem Jahr 1993 erwies sich als unwirksam. Dabei wurde das Grundstück der Beschwerdeführer bereits im Jahr 1990 an die Kanalisation angeschlossen. Im Jahr 2011 schließlich kam der Beitragsbescheid. Zwischen Anschluss und Bescheiderlass lagen folglich mehr als 20 Jahre und eine Gesetzesänderung zum Nachteil der Anlieger.

Das BVerfG sah in den Fällen eine unzulässige Rückwirkung und damit die Verletzung der Beschwerdeführer in den Grundrechten, insbesondere Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit dem Vertrauensschutz aus Art. 20 Abs. 3 GG. In den „Altfällen“, bei denen der Anschluss bereits Jahre zurück liegt und es letztlich nur an einer Satzung fehlte, entfaltet die neue Rechtslage eine unzulässige Rückwirkung. Wäre es auf die alte Rechtslage angekommen, so wäre die Beitragspflicht im Jahr 1993 entstanden (Zeitpunkt der ersten Satzung – auf die Wirksamkeit kam es nicht an). Die Verjährungsfirst (4 Jahre) wäre Ende 1997 abgelaufen. Auch ausnahmsweise konnte der Vertrauensschutz vorliegend nicht ausgehebelt werden da insbesondere fiskalische Gründe nicht ausreichen, um die rückwirkende Ausgabenbelastung zu rechtfertigen.

Rechtsanwalt Galka sieht in der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einen weiteren Schritt zur Eingrenzung der Verwaltungspraxis, Beiträge noch weit über die Verjährungsfrist einzufordern. Je länger der Zeitablauf zum Anschluss an eine öffentliche Einrichtung ist, desto weniger ist eine solche Erhebung noch vermittelbar.



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