Russische Generaldirektoren zukünftig keine Arbeitnehmer mehr?

  • 2 Minuten Lesezeit

Bisher gelten Generaldirektoren russischer Unternehmen – also Geschäftsführer – als Arbeitnehmer. Auf sie ist das russische Arbeitsgesetzbuch anwendbar. Die Stellung des Generaldirektors als Arbeitnehmer wurde aus dem sowjetischen Arbeitsgesetzbuch übernommen und gilt als nicht mehr zeitgemäß.

Allerdings gibt es schon jetzt Sonderregelungen, z. B. für Kündigungen. So können Generaldirektoren derzeit jederzeit ohne Grund abberufen und gekündigt werden, sie haben also eine schwache Rechtsposition. Dies gilt unabhängig davon, ob der Arbeitsvertrag befristet oder unbefristet ist. Gesetzlich steht dem Generaldirektor lediglich eine gesetzliche Abfindung von drei Monatsgehältern zu – also in keinem Fall die Fortzahlung der Bezüge bis zum Ende der eigentlichen Vertragslaufzeit.

Durch die Rechtsprechung ist in jüngster Vergangenheit auch die Haftung des Managements deutlich verschärft und an internationale Standards angepasst worden. Zur Haftungsabsicherung besteht die Möglichkeit, eine D&O-Versicherung abzuschließen. Darüber hinaus wurde Ende 2014 das Vier-Augen-Prinzip eingeführt, sodass russische Unternehmen auch mehrere Generaldirektoren bestellen können.

Nunmehr hat das russische Justizministerium Ende April einen Gesetzesentwurf vorbereitet, wonach Generaldirektoren in Zukunft nicht mehr vollständig dem Arbeitsrecht unterstehen sollen. Vielmehr sollen in Zukunft die Regelungen des Zivilgesetzbuchs auf das Rechtsverhältnis zwischen Generaldirektor und Unternehmen anwendbar sein.

Begründet wird der Gesetzesentwurf u.a. damit, dass der Generaldirektor als Organ einer juristischen Person seinerseits gegenüber den Arbeitnehmern des Unternehmens Arbeitgeberfunktionen wahrnehme und nicht als „schwache“ Partei im Sinne eines Arbeitsverhältnisses zu qualifizieren sei. Zukünftig würde also mit dem Generaldirektor kein Arbeitsvertrag mehr abgeschlossen, sondern eine Art Anstellungsvertrag im zivilrechtlichen Sinne.

Ob der Generaldirektor hierdurch evtl. selbst eine unternehmerische Tätigkeit ausübt und anmeldepflichtig wird bzw. ob er selbst oder das Unternehmen Sozialbeiträge abzuführen hat, bleibt im Gesetzesentwurf – so wie viele andere Fragen – offen. Sollte der Gesetzesentwurf umgesetzt werden, würde eine Reihe von derzeit problematischen Fragen gelöst, z. B. die des Schadensersatzanspruchs des Unternehmens bei Pflichtverletzungen. Derzeit sieht das Arbeitsrecht nur eine „volle materielle Haftung“ vor, die sich aber von den Schadensbegriffen des Zivilrechts unterscheidet. Darüber hinaus könnten dem Generaldirektor bei Anwendung zivilrechtlicher Normen z. B. auch Optionen eingeräumt werden, Unternehmensanteile zu übernehmen. Für Streitigkeiten zwischen Management und Unternehmen wären in Zukunft vermutlich auch die staatlichen Wirtschaftsarbitragegerichte zuständig, und nicht mehr die einfachen Gerichte.

Der Gesetzesentwurf wurde bisher nicht in die Staatsduma eingebracht. Es ist davon auszugehen, dass dies nach den Parlamentswahlen im Herbst 2016 erfolgen wird. Sollte der Entwurf so bzw. mit weiteren Änderungen angenommen werden, würde dies tiefgreifende Änderungen für die Rechtsverhältnisse zwischen Unternehmen und Management mit sich bringen.



Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Thomas Brand

Beiträge zum Thema