"Saubere" Schufa 6 Monate nach der Erteilung der Restschuldbefreiung

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Schufa darf Daten eines Insolvenzschuldners nur zeitlich begrenzt verwerten

Auskunfteien dürfen Daten eines Insolvenzschuldners nicht länger verwerten als sie im "Insolvenzbekanntmachungsportal" veröffentlicht sein dürfen. Aus diesem Grund hat ein Insolvenzschuldner einen Löschungsanspruch gegen die Auskunftei, wenn diese die Daten aus dem Insolvenzbekanntmachungsportal ohne gesetzliche Grundlage länger speichert und verarbeitet als in der Verordnung zu öffentlichen Bekanntmachungen in Insolvenzverfahren im Internet (InsoBekVO) vorgesehen. Dies entschied das OLG Schleswig (Az. 17 U 15/21) mit Datum vom 02.07.2021.

Dem Klägers wurde durch das Insolvenzgericht die Restschuldbefreiung erteilt. Diese Information wurde im amtlichen Internetportal veröffentlicht. Die Auskunftei übernahm die Daten und pflegte sie in ihren Datenbestand ein, um sie Kunden bei Anfragen mitzuteilen.

Der Kläger begehrte von der Auskunftei die Löschung der Daten, da die Verarbeitung zu erheblichen wirtschaftlichen und finanziellen Nachteilen bei ihm führe. Er könne aufgrund des Eintrags nicht am Wirtschaftsleben teilnehmen. Die Auskunftei wies die Ansprüche des Klägers zurück. Sie verwies auf die Verhaltensregeln des Verbandes "Die Wirtschaftsauskunfteien e.V.". Insofern werde sie die Daten erst drei Jahre nach der Speicherung löschen. Die Daten seien kreditrelevante Informationen und somit für die Kunden der Auskunftei von einem erheblichen Interesse.

Der in der ersten Instanz unterlegene Kläger hatte mit seiner Berufung vor dem Oberlandesgericht Erfolg. Der Kläger kann von der Auskunftei die Löschung der Daten sechs Monate nach Rechtskraft der Entscheidung des Insolvenzgerichts über die Restschuldbefreiung verlangen, so das OLG. Nach Ablauf dieser Frist stehe die weitere Verarbeitung durch die Auskunftei im Widerspruch zu § 3 Abs. 2 InsoBekVO und sei insoweit nicht mehr rechtmäßig im Sinne von Art. 6 Abs. 1 lit. f) DS-GVO. Wenn die Daten des Klägers unrechtmäßig verarbeitet werden, kann er deren Löschung nach Art. 17 Abs. 1 lit. d) DS-GVO von der Auskunftei verlangen und hat einen Anspruch auf künftige Unterlassung der Datenverarbeitung.

Die Auskunftei kann sich laut OLG auch nicht darauf berufen, dass die Verarbeitung der Daten rechtmäßig sei, da sie ihren oder den berechtigten Interessen von Dritten diene. Ein Interesse kann nur dann berechtigt sein, wenn es nicht im Widerspruch zur Rechtsordnung und/oder den Grundsätzen von Treu und Glauben steht. Die Verarbeitung durch die Auskunftei steht nach Ablauf der gesetzlichen Löschungsfrist aber im Widerspruch zur gesetzlichen Wertung von § 3 Abs. 2 InsoBekVO, wonach die Information zur Entscheidung über die Restschuldbefreiung nur sechs Monate im Internetportal veröffentlicht werden dürfen. Die Verarbeitung und Weitergabe dieser Information durch die Auskunftei steht jedoch einer Veröffentlichung im Internet gleich und hat daher nach Ablauf der gesetzlichen Löschungsfrist zu unterbleiben.

Die Auskunftei konnte sich auch nicht auf die Verhaltensregeln des Verbandes der Wirtschaftsauskunfteien berufen. Denn diese Verhaltensregeln entfalten keine Rechtswirkung zulasten des Klägers und stehen zudem im Widerspruch zur gesetzlichen Wertung. Das OLG hat die Revision gegen das Urteil zugelassen.

Im Ergebnis

kann somit ein Insolvenzschuldner, dem die Restschuldbefreiung erteilt wurde nach Ablauf weiterer 6 Monate die Löschung seiner Negativeinträge bei der Schufa und anderen Auskunfteien verlangen.

Hierdurch wird sichergestellt, dass zeitnah nach dem Insolvenzverfahren wieder eine Teilnahme am Wirtschaftsleben, insbesondere bei dem Abschluss von Mietverträgen, Handyverträgen etc, möglich ist.

 Ergänzung:

Zwischenzeitlich liegen auch andere Entscheidungen von Obergerichten, namentlich des Oberlandesgerichts Oldenburg, Urteil vom 23.11.2021-13 U 63/21, vor, die eine Löschung nach sechs Monaten abgelehnt haben.

Nun liegt beim Bundesgerichtshof unter dem Az. VI ZR 225/21 eine Revision zur Entscheidung vor.

Sobald der Bundesgerichtshof entschieden hat, wird hoffentlich Klarheit für die Beteiligten herrschen. Ein Termin ist jedoch – soweit ersichtlich – noch nicht absehbar.


Aktualisierung:


In dem Verfahren vor dem europäischen Gerichtshof wurden mit Datum vom 16.3.2023 (Aktenzeichen C – 26/22) die Schlussanträge des Generalanwalts gestellt.

Dieser schlug dem Gerichtshof vor, die EU-Verordnung  (2016/679) (über die Restschuldbefreiung) dahingehend auszulegen, 

dass eine Speicherung personenbezogener Daten aus einem öffentlichen Register und auch „nationalen Datenbanken“ ..., durch eine private Wirtschaftsauskunftei über einen Zeitraum, der über denjenigen hinausgeht, in dem die Daten im öffentlichen Register gespeichert werden, unzulässig ist

und die Verordnung dahingehend auszulegen ist, dass die betroffene Person grundsätzlich das Recht hat, von dem verantwortlichen die Löschung der sie betreffenden personenbezogenen Daten verlangen kann.

Vor diesem Hintergrund haben Auskunfteien, insbesondere die SCHUFA nunmehr Ihre Praxis dahingehend geändert, dass eine Löschung von Einträgen über die Erteilung der Restschuldbefreiung nun nach einer Frist von sechs Monaten    "freiwillig"    gelöscht werden.

Es bleibt abzuwarten, wie sich zukünftig andere Auskunfteien (z.B. Creditreform etc.) verhalten werden.



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