Schadensersatz des Abschlussprüfers bei undeutlichem Hinweis auf Insolvenzantragspflicht

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Gerade derjenige Fehler, der zur verspäteten Insolvenz führte, müsse nicht erkannt worden sein. Diese Position entspricht einem verbreiteten Irrtum in der Abschlussprüfung. Dadurch kann es zu einer Schadensersatzverpflichtung gegenüber den Gläubigern des geprüften Unternehmens kommen. Die Stichprobenprüfung muss sich bei ungewöhnlichen Bilanzrelationen auf die gefundenen Bilanzansätze erstrecken.

In dem Urteil vom 14. März 2008 (14 HK O 8038/06) hatte das Landgericht München bei einer Pflichtprüfung zum Prüfungsumfang des Wirtschaftsprüfers Stellung genommen. Festgestellt wurde, dass sich die Stichprobenprüfung auch auf die Gesichtspunkte beziehen muss, die - mit einfachen Worten gesagt - einen erheblichen Anlass zu eingehender Prüfung geben. Dieses gelte gerade bei „ungewöhnlichen Bilanzrelationen".

Ebenfalls wurde die Schadensersatzpflicht des Abschlussprüfers für den Fall betont, dass er nicht deutlich genug auf die Insolvenzantragspflicht hinweist.

Nach der Regelung des § 317 HGB ist die Prüfung so anzulegen, dass Unrichtigkeiten und Verstöße erkannt werden, die sich auf die Darstellung des sich nach § 264 Abs. 2 HGB ergebenden Bildes der Vermögens-, Finanz - und Ertragslage des Unternehmens wesentlich auswirken.

Vereinfacht formuliert ist festzustellen, ob das Vermögen einschließlich der Forderungen nicht überhöht bewertet wurde. Die Schulden dürfen nicht zu niedrig bewertet worden sei.

Mit einer Stichprobe wird das Ziel verfolgt, die Verteilungen von Fehlern in der Grundgesamtheit annähernd zu erheben. Die Sicherheit einer Stichprobe gibt an, in wie vielen Fällen das angewendete Verfahren zuverlässige Ergebnisse liefert. Eine Sicherheit von 95% bedeutet, dass bei 100 Messungen 95 richtig sein müssen. Der Stichprobenumfang wird häufig durch Normen festgelegt, aber auch Erfahrungswerte werden zur Festlegung herangezogen.

Der Nachweis der Pflichtverletzung bei der Prüfung scheiterte insoweit häufig an der noch möglichen Fehlertoleranz. Gerade den einen Fehler, auf den es ankam, hatte dann der Prüfer in der Praxis schuldlos häufig übersehen.

In dem obigen Beispielsfall stellte das Landgericht München zur Pflichtverletzung im Zusammenhang von Patenten fest:

„Die Pflichtverletzung im Sinne von Paragraph 323 Abs. 1 S. 3 HGB der Beklagten lag darin, dass sie die stichprobenweise Überprüfung der erteilten Patente angesichts der Verhältnisse in der geprüften Bilanz unterließ und auch angesichts der Bilanzrelationen eine wirtschaftliche Stichprobe hinsichtlich der Werthaltigkeit der gewählten Bilanzansätze nicht vornahm."

Deshalb ist vor einem Schematismus bei der Stichprobenprüfung zu warnen. Dadurch besteht die Gefahr der Haftung wegen Beihilfe zur Insolvenzverschleppung.

In dem Urteil wurde weiter festgestellt:

„Es ist vielmehr gerade auch die Pflicht des Abschlussprüfers, mit der nötigen Klarheit auf solche Tatbestände wie Insolvenzreife ausdrücklich hinzuweisen und damit den Organen der Gesellschaft die Gesetzeslage auch im Hinblick auf die Insolvenzantragspflicht zu verdeutlichen."

In Bezug auf das Verschulden muss der Prüfer nachweisen, dass ihn kein Vorsatz trifft. Hier findet eine Art „Beweislastumkehr" statt. Auch dieses ist wenig bekannt.

Der Prüfer sollte sich von den Organen des geprüften Unternehmens in gefährdeter Situation schriftlich bescheinigen lassen, auf die Notwendigkeit eines Insolvenzantrages hingewiesen zu haben.



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