Schadensersatzanspruch gegen die übrigen Eigentümer bei Verzögerung der Mängelbeseitigung/Sanierung

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Ich werde immer wieder von einzelnen Eigentümern gefragt, ob „man nicht Schadensersatz verlangen kann“, wenn die übrigen Eigentümer (aus welchem Grund oder welchen Motiven auch immer…) ihre Mitwirkungspflichtenverletzten und daher z. B. nicht an einem Beschluss mitwirken, mit welchem ein Sachverständiger beauftragt werden soll.

Der BGH hat in einer aktuellen Entscheidung (BGH, Urteil v. 23.2.2018, V ZR 101/16) diese Frage nun mit einem deutlichen „Ja!“ beantwortet. Hintergrund war folgender Sachverhalt:

Eine Eigentümerin stellte 2009 Feuchtigkeitsschäden in ihrer Wohnung fest. Die Ursache dafür vermutete sie in Mängeln am Gemeinschaftseigentum. In einer außerordentlichen Eigentümerversammlung 2010 wurde über den Antrag abgestimmt, einen Sachverständigen mit (vor allem) der Feststellung der Ursachen zu beauftragen. Dieser Antrag wurde mit Mehrheitsbeschluss abgelehnt, die Eigentümerin erhob Anfechtungsklage und beantragte darüber hinaus auch die Beschlussersetzung. Parallel wurde ein selbstständiges Beweisverfahren zur Feststellung der Mangelursachen durch die Eigentümerin angestrengt. Der gerichtlich beauftragte Gutachter stellte fest, dass das Gebäude nicht hinreichend gegen Feuchtigkeit aus dem Baugrund abgedichtet war. Dies hatte dann dazu geführt, dass die oben genannten Feuchtigkeitsschäden entstanden waren. In einer Eigentümerversammlung 2012 wurde beschlossen, den Antrag der Eigentümerin auf Mängelbeseitigung bis zur nächsten ordentlichen Eigentümerversammlung zu verlegen. 

Das erstinstanzliche Gericht wies die Anfechtungsklage gegen den Beschluss aus 2010 und die Beschlussersetzungsklage ab. Vor dem Landgericht obsiegte die Klägerin aber dann: Es erklärte den Negativbeschluss aus 2010 für ungültig und erklärte weiter, dass die Beseitigung der Mängel des Gemeinschaftseigentums, die für die Durchfeuchtung und Schimmelbildung in der Wohnung ursächlich oder mitursächlich sind, beschlossen ist. Außerdem wurden die beklagten Wohnungseigentümer dazu verurteilt, die Arbeiten zu beauftragen, was dann auch geschah. Die Eigentümerin machte Mietausfall geltend, weil sie die Wohnung wegen der Feuchtigkeit nicht vermieten konnte und die Arbeiten schuldhaft verzögert wurden.

Der BGH hat jetzt entschieden, dass die Wohnungseigentümer, die nicht für die Beauftragung des Sachverständigengestimmt hatten, wegen dieses pflichtwidrigen Abstimmungsverhaltens Schadensersatz leisten müssen. Ferner kommt als weitere Grundlage für eine Haftung die Vertagung der Entscheidung über Sanierungsmaßnahmen im Jahr 2012 in Betracht. 

Praxistipp: Auch wenn wir der Ansicht sind, dass man Konflikte nach Möglichkeit einvernehmlich beilegen sollte (vor allem in laufenden Mietverhältnissen oder Mitgliedschaften in der WEG), so ist es doch in einem Fall wie diesem angezeigt, sich möglichst schnell (wie in dem hiervorliegenden Fall direkt nach der Eigentümerversammlung 2010) anwaltlichen Rat zu suchen, um die notwendigen Schritte einzuleiten und sich auch ggf. Rechte zusichern bzw. sich beraten zu lassen, wann man ggf. Rechte verliert. So hätte z. B. im obigen Beispiel eigentlich der „Vertagungsbeschluss“ 2012 angefochten werden müssen, denn: ein Anspruch auf Schadensersatz wegen verzögerter Beschlussfassung über notwendige Instandsetzungsmaßnahmen ist nach der Rechtsprechung des BGH dann nicht gegeben, wenn der jeweils betroffene Wohnungseigentümer die Beschlüsse über die Vertragung der Arbeiten/Maßnahmen nicht angefochten hat. Das gilt aber dann nicht, wenn der Eigentümer schon in der Vergangenheit einen Beschluss über die Ablehnung von Sanierungsmaßnahmen angefochten und Beschlussersetzung verlangt hatte. Aus diesem Grund entsteht in diesem Fall kein Vertrauen in den nicht angefochtenen Beschluss, ein Anspruch des „Nichtanfechtenden“ bleibt daher möglich. 



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