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Scheidung wird wegen Trennungsunterhalt hinausgezögert

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"Ihre monatliche Unterhaltszahlung, bitte!" Zum ersten, zum sechsten, zum zehnten, zum 15., zum 24. Male....Moment mal! Wird Trennungsunterhalt - und darum geht es hier - nicht nur während des Trennungsjahres gezahlt, das heißt, maximal 12 Monate? Wer die Voraussetzungen für nachehelichen Unterhalt im Gegensatz zu denen des Trennungsunterhalts nicht mehr erfüllt, könnte versuchen, die Scheidung deswegen hinauszuzögern, was dem Unterhaltszahler natürlich missfallen dürfte. Lesen Sie deswegen hier, ab welchem Zeitpunkt die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit vom Unterhaltsberechtigten verlangt werden darf.

Wann gibt es überhaupt Trennungsunterhalt?

Trennungsunterhalt kann nur gefordert werden, wenn der Unterhaltsberechtigte finanziell bedürftig ist und somit nicht in der Lage, seinen Lebensunterhalt selbst zu sichern. Das Trennungsjahr dient als Schonfrist, in der grundsätzlich ein Anspruch auf Trennungsunterhalt besteht. Dieser soll sicherstellen, dass einschneidende Veränderungen in der bisherigen Aufgabenverteilung und wirtschaftlichen Verantwortung zumindest während des Trennungsjahres vermieden werden. Der Hintergrund ist, dass die Ehepartner in dieser Zeit möglicherweise wieder zueinanderfinden, was erleichtert wird, wenn durch die Trennung möglichst wenig verändert wird.

Nach dem Gesetz kann ein nicht erwerbstätiger Ehegatte nur dann darauf verwiesen werden, seinen Unterhalt durch eine Erwerbstätigkeit selbst zu verdienen, wenn dies erwartet werden kann unter Berücksichtigung 

  • der persönlichen Verhältnisse, insbesondere aufgrund einer früheren Erwerbstätigkeit, 
  • der Dauer der Ehe 
  • und der wirtschaftlichen Verhältnisse beider Ehegatten

Es ist Aufgabe der Gerichte, diesen Grundsatz im Einzelfall anzuwenden.

Sofort nach der Trennung zurück an die Arbeit?

Es gibt keine allgemeingültige Regel dafür, wann ein ehemaliger Partner nach einer Trennung wieder arbeiten muss. Der weit verbreitete Glaube, dass ein Ehepartner im ersten Jahr nach der Trennung nicht arbeiten müsse und uneingeschränkt Trennungsunterhalt beziehen könne, ist allerdings falsch: Wenn ein Ehepartner die Scheidung absichtlich verzögert, um den Trennungsunterhalt möglichst lange zu erhalten, riskiert er oder sie durchaus, den Anspruch auf diesen Unterhalt zu verlieren.

Im Allgemeinen wird erwartet, dass ein nicht erwerbstätiger Ehepartner nach einer bestimmten Zeit erkennt, dass die eheliche Gemeinschaft nicht wiederhergestellt wird und er oder sie früher oder später eigenes Einkommen erzielen muss. Wann die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit zumutbar ist, hängt ab von 

  • den individuellen Lebensumständen, 
  • den wirtschaftlichen Verhältnissen 
  • und der beruflichen Qualifikation des bisher nicht berufstätigen Ehepartners ab.

Oder um es anders zu sagen: der jeweilige Sachvortrag entscheidet. Hinzu kommt jedoch noch ein Faktor, nach welchem unterschieden werden muss, welche Schonfrist zu gewähren ist: Und zwar der, ob der unterhaltsfordernde Partner während der Ehe Haushaltsführung und Kinderbetreuung allein übernommen hatte.

Ist dies der Fall, und dreht es sich um die Betreuung eines Kleinkindes gleich gar, kommt ein längerer Anspruch auf Trennungsunterhalt in Frage, als wenn die Care Arbeit geteilt wurde während der Ehe, oder zu geringeren Anteilen übernommen wurde.

Was ist sonst noch wichtig?

Geringes Einkommen oder Schulden beim Unterhaltszahlenden

Falls der Unterhaltspflichtige ein geringes Einkommen und möglicherweise hohe Schulden hat, kann vom Unterhaltsberechtigten schon vorzeitig erwartet werden, dass er oder sie eine Erwerbstätigkeit aufnimmt. Obwohl im ersten Jahr der Trennung normalerweise keine Verpflichtung zur Erwerbstätigkeit besteht, kann der oder die Unterhaltsberechtigte dazu angehalten werden, sich rechtzeitig um eine Arbeitsstelle zu bemühen, sodass spätestens nach Ablauf des ersten Jahres eigenes Einkommen erzielt wird.

Mit Verfestigung der Trennung nähern sich die Grundsätze des nachehelichen Unterhalts

Je weiter die Trennung voranschreitet, desto mehr ähneln die Bedingungen, unter denen eine Erwerbspflicht entsteht, den Maßstäben des nachehelichen Unterhalts nach einer Scheidung (BGH FamRZ 2008, 963). Im Recht des nachehelichen Unterhalts gilt das Prinzip der Eigenverantwortung. Das bedeutet, dass Ehegatten grundsätzlich für ihren eigenen Lebensunterhalt verantwortlich sind, es sei denn, ehebedingte Nachteile begründen einen Anspruch auf nachehelichen Unterhalt. Dieses Prinzip findet auch während der Trennungszeit im Rahmen des Trennungsunterhalts Anwendung.

Bei kurzer Ehe

Wenn die Ehe nur kurz währte, kann es sein, dass der Ehepartner schon im ersten Jahr der Trennung eine Arbeit aufnehmen muss. Dies gilt insbesondere dann, wenn er oder sie bereits während der Ehe berufstätig war und nicht durch eine vereinbarte Aufteilung der Aufgaben an der Erwerbstätigkeit gehindert wurde. In solchen Fällen bedarf der Ehepartner keines besonderen Schutzes.

Was ist bei einem neuen Freund / einer neuen Freundin des Partners / der Partnerin? (Beispielfall!)

Hat eine unterhaltsberechtigte Person sich während der Trennungsphase endgültig von der ehelichen Solidargemeinschaft verabschiedet und lebt nun in einer gefestigten Lebensgemeinschaft, entfällt der Anspruch auf Trennungsunterhalt. Ein Beispiel dafür zeigte sich in einem Fall des OLG Oldenburg, bei dem die unterhaltsberechtigte Person sich vollständig in die Familie des neuen Partners integriert hatte:

  • Sie nahm an Familienfeiern teil, 
  • der Sohn nannte den neuen Partner "Papa" 
  • und das Paar verbrachte gemeinsame Urlaube.

Gemäß der Rechtsprechung ist der Anspruch auf Trennungsunterhalt ausgeschlossen, wenn die gefestigte Lebensgemeinschaft mindestens zwei bis drei Jahre besteht. In einer Entscheidung des OLG Oldenburg (Beschluss vom 16.11.2016, Az. 4 F 78/16) wurde festgestellt, dass aufgrund der Lebenssituation der unterhaltsberechtigten Person die Verfestigung wesentlich früher eingetreten sei. In Anbetracht dieser Umstände sei es für den Ehegatten unzumutbar, die neue Lebenspartnerschaft durch Unterhaltszahlungen an die Ex-Frau zu unterstützen. Auch aus Sicht der Frau besteht kein schützenswertes Vertrauen darauf, weiterhin Unterhaltszahlungen zu erhalten.

Was also, wenn der oder die Ex versucht, die Scheidung hinauszuzögern, nur wegen fortlaufender Trennungsunterhaltszahlungen?

Sollte der Trennungsunterhalt bisher auf freiwilliger Basis geleistet worden sein, könnte es eine unkomplizierte Taktik sein, die Zahlungen einzustellen. Ob der Partner dann gerichtlich gegen die Einstellung vorgeht, bleibt abzuwarten, insbesondere da das Scheidungsverfahren bereits eingeleitet ist und der Anspruch auf Trennungsunterhalt damit kontinuierlich neu bewertet wird.

Ist der Anspruch auf Trennungsunterhalt des Ex-Partners bereits rechtlich verbindlich (tituliert), kann der unterhaltspflichtige Partner beim Gericht eine Reduzierung oder den Ausschluss des Unterhaltsanspruchs beantragen, falls die fortlaufende Zahlung unter Berücksichtigung der genannten Grundsätze nicht mehr gerechtfertigt ist (§ 1578b BGB). Es besteht auch die Möglichkeit, den Unterhaltsanspruch zeitlich zu begrenzen.

Darüber hinaus bietet § 1579 BGB Ansätze, einen bestehenden Unterhaltsanspruch abzulehnen, zu reduzieren oder zeitlich zu beschränken, wenn dem unterhaltsberechtigten Ex-Partner eheliche oder persönliche Verfehlungen nachgewiesen werden können.


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Trennungsunterhalt, allerdings auch in Kombination mit Kindesunterhalt, können Sie online berechnen oder überprüfen lassen. Dies ist ganz einfach und bequem von zuhause aus möglich mit der Online-Unterhaltsberechnung von iurFRIEND: einfach, rechtssicher, kostengünstig.

Sie füllen zunächst ein Online-Formular (auf Wunsch auch PDF) aus, hinterlassen Ihre Informationen zur familiären und wirtschaftlichen Situation, sodass wir uns einen Überblick verschaffen können, und hören dann von uns einen Preisvorschlag für die Berechnung. Mit Ausfüllen des Formulars verpflichten Sie sich also noch zu nichts

Sie gehen jedoch den ersten Schritt dahin, eine vielleicht festgefahrene Situation zum eigenen Vorteil zu entwirren, und schaffen Klarheit. Womöglich kann dies der entscheidende Anstoß werden, eine Lösung zu finden, die eigentlich alle Familienmitglieder gutheißen, sich jedoch aus Kommunikationsgründen noch keiner anzusprechen wagte.

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Fazit: An sich kaum Möglichkeiten, eine Scheidung unendlich hinauszuzögern

Letztlich hat der unterhaltsberechtigte Partner keine Möglichkeit, die Scheidung wesentlich zu verzögern. Wenn der unterhaltspflichtige Partner die Scheidung eingereicht und das gerichtliche Verfahren in Gang gesetzt hat, muss sich der unterhaltsberechtigte Partner dem Verfahren stellen. Gezielte Verzögerungstaktiken, wie das kontinuierliche Einreichen von Stellungnahmen, das Verlängern von Fristen oder das Ignorieren von Verhandlungsterminen, können durch die dafür vorgesehenen zivilprozessualen Maßnahmen unterbunden werden.

Lesen Sie daher auch unseren Artikel der 12 Maßnahmen, wie Sie Ihre Scheidung beschleunigen können.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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