Schiffsfondsbeteiligung für 81-jährige Seniorin

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Vor allem so mancher freier Vermittler, auf dessen Visitenkarte nicht selten „unabhängiger Financial Consultant", „Fachmann für Vermögensoptimierung" oder „geprüfter Ruhestandsexperte" zu lesen ist, verdient prächtig, wenn er die Kunden dazu überreden kann, ihm die Ersparnisse anzuvertrauen. Denn im Regelfall gibt es von den Anlagefirmen, Versicherungen und Fonds gutes Geld, wenn ihre Produkte an den Mann gebracht werden. Das Problem ist aber: Die Abschluss- und Bestandsprovisionen sind in vielen Fällen so hoch, dass das vielleicht doch vorhandene schlechte Gewissen des Anlageberaters verstummt.

Insbesondere im Bereich des sog. Grauen Kapitalmarktes ist der Verdiensthebel für den Vermittler gewaltig. Dann jedoch ist es für den Verbraucher schwer, sich auf die Qualität der Empfehlungen zu verlassen. Das liegt am Interessenkonflikt, der sich aus der provisionsbasierten Vergütung des Finanzvertriebs ergibt: Der Vermögensberater lebt von seiner Provision und will den Leuten am liebsten Produkte andienen, bei denen er am meisten verdient; er redet kaum über die Risiken der Geldanlage und die Gefahren, die eventuell lauern, wenn das angelegte Geld im Notfall rasch benötigt wird.

Über einen solchen Fall hat derzeit das Landgericht Traunstein zu befinden (Az. 5 O 744/13). Eine 81jährige alleinstehende Rentnerin, die in der Nähe von Seebruck wohnt, wehrt sich gegen eine Schiffsbeteiligung, die eine Vermögenverwaltungsfirma aus Traunstein gekauft und in das Kundendepot gelegt hat. Der Seniorin wurde dafür eine Rechnung in Höhe von knapp über 200.000,- Euro gestellt. Bei der Anlage handelt es sich um einen ausländischen Schiffsfonds mit Investitionsschwerpunkt Hochseeschlepper/ Versorgungsschiffe. Rechtsanwalt Dr. Jürgen Klass kam zu dem Ergebnis, dass dieses riskante Finanzprodukt mit den Wünschen und dem Sicherheitsdenken der Rentnerin, die bis dahin niemals mit unternehmerischen Graumarktprodukten zu tun hatte, nicht zu vereinbaren ist. Aufgrund der Ausgestaltung des Produkts ist die Rückzahlung des investierten Kapitals ungewiss. Dr. Klass vermisst insbesondere die Aufklärung über die Unwägbarkeiten und wesentlichen Eigenschaften der Geldanlage. Auf die von ihm eingereichte Schadensersatzklage hat der Gegner erwidert und den Geisteszustand der Anlegerin angezweifelt. Die öffentliche Verhandlung wird voraussichtlich im Sommer stattfinden.

Mehr Informationen: www.forum-anlegerschutz.de

Dr. Jürgen Klass ist seit dem Jahre 1996 als Rechtsanwalt tätig und auf das Kapitalanlagerecht spezialisiert. Er ist zudem seit 2008 Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht. Dr. Klass wurde bekannt durch die Aufdeckung von Anlagebetrug (Akzenta AG), sowie durch die erfolgreiche schadensersatzrechtliche Verfolgung von falschen Finanzberatungen und vermögensgefährdenden Anlagevermittlungen.


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