Schmerzensgeld – die häufigsten Fragen zum Thema Schmerzensgeld
- 10 Minuten Lesezeit
Wann habe ich einen Anspruch auf Schmerzensgeld?
Ein Anspruch auf Schmerzensgeld liegt dann vor, wenn ein anderer dich körperlich oder psychisch verletzt hat. Es darf kein Entschuldigungsgrund (z. B. Ärzte, die dich fehlerfrei operieren) oder ein Rechtfertigungsgrund (z. B. jemand schlägt dich in Notwehr nieder) vorliegen. Schließlich kann es sein, dass du selbst (Mit-)Schuld an der Verletzung hast (z. B. im Straßenverkehr nicht aufgepasst) und der Anspruch sich dann verringert oder ganz wegfällt. Eine Ausnahme gilt bei Arbeitsunfällen.
Habe ich auch bei einem Arbeitsunfall Anspruch auf Schmerzensgeld?
Wenn der Arbeitgeber oder ein Kollege auf der Arbeit dir einen Körperschaden zugefügt hat, besteht grundsätzlich kein Anspruch auf Schmerzensgeld. Die Berufsgenossenschaft zahlt zwar alle Heilbehandlungskosten, aber kein Schmerzensgeld. Nur, wenn der Schaden vorsätzlich oder auf dem Weg zur Arbeit (Wegeunfall) herbeigeführt wurde, besteht der Anspruch in vollem Umfang. Wenn du in einer anderen Firma tätig warst, zum Beispiel als Leiharbeiter, dann besteht grundsätzlich der Anspruch ebenfalls auch ohne Vorsatz. Allerdings gibt es besondere Konstellationen, die wiederum zum Ausschluss des Anspruchs führen können.
Habe ich nach einem Verkehrsunfall einen Schmerzensgeldanspruch?
Einen Schmerzensgeldanspruch hast du nur dann, wenn ein anderer den Unfall schuldhaft verursacht hat und du verletzt wurdest. Wenn man selbst Schuld am Unfall hatte, gibt es keinen Anspruch. Wenn man eine Teilschuld hatte, wird der Anspruch gekürzt. Ein Verschulden geht üblicherweise aus dem Polizeiprotokoll bzw. der polizeilichen Ermittlungsakte hervor. Als verletzter Beifahrer steht dir immer ein Schmerzensgeldanspruch zu.
Ich wurde von einem Hund gebissen – habe ich einen Schmerzensgeldanspruch?
Ja, aber nur dann, wenn es nicht dein eigener Hund war. Außerdem darfst du nicht selbst schuld am Hundebiss gewesen sein. Zum Beispiel, wenn du den Hund provoziert oder eindeutige Drohgebärden missachtest hast. Der Schmerzensgeldanspruch wird gekürzt, wenn du eine Teilschuld am Hundebiss hattest. Das ist zum Beispiel dann der Fall, wenn man in eine Hundebeißerei eingreift, um seinen Hund zu schützen. Wird man dann vom gegnerischen Hund gebissen, hat man eine Mitschuld von 20-50 %, sodass auch das Schmerzensgeld um diesen Anteil gekürzt wird. Näheres erfährst du unter www.anwalt.de/rechtstipps/der-hundebiss-und-seine-rechtsfolgen.
Ich wurde nicht gebissen, sondern nur vom Hund umgeworfen und habe mich dabei verletzt – was ist dann mit Schmerzensgeld?
Es spielt keine Rolle, ob man sich durch einen Biss oder durch Anspringen verletzt. In der Regel kann man sich nicht darauf einstellen und hat dann auch kein Mitverschulden. Ähnliches gilt bei Pferden, die beißen und austreten oder einen über den Haufen rennen können. Hier kommt selbst eine geringe Mitschuld nicht zum Tragen, sodass man das Schmerzensgeld ungekürzt bekommen sollte.
Wie bemisst sich die Höhe des Schmerzensgeldes?
Die Höhe des Schmerzensgeldes bemisst sich nach Art, Intensität und Dauer der erlittenen Verletzungen. Je stärker man verletzt ist, je schlimmer die Schmerzen und Beeinträchtigungen waren und je länger sie andauern, desto höher ist das Schmerzensgeld. Bei Mehrfachverletzungen, die bei Verkehrsunfällen häufig vorkommen, ist die Bemessung besonders schwierig. Üblicherweise zieht man vergleichend Urteile heran, bei denen ein Schmerzensgeld schon mal bestimmt wurde. Hier gibt es Tabellenwerke, die solche Urteile nach Höhe des Schmerzensgeldes anhand der Verletzung sortieren. Diese sind bekannt unter Schmerzensgeldtabellen.
Hilft mir eine Schmerzensgeldtabelle bei der Ermittlung des Schmerzensgeldes weiter?
Bei den Schmerzensgeldtabellen handelt es sich um sortierte Urteilssammlungen. Wenn man einen Fall findet, der dem eigenen ähnlich ist, kann man damit die ungefähre Höhe des angemessenen Schmerzensgeldes feststellen. Bei gewissen Verletzungen (z. B. HWS-Distorsion) kann man eine Vielzahl an Entscheidungen finden mit ganz unterschiedlichen Schmerzensgeldbeträgen. Dann sollte man auch auf das Jahr der Entscheidung und das zuständige Gericht achten. Andererseits findet man bei komplexeren Fällen und multiplen Verletzungen nicht immer passende Urteile, sodass man einen Anwalt fragen sollte. Näheres zu diesem Thema findest du unter: www.anwalt.de/rechtstipps/das-schmerzensgeld-und-die-ermittlung-der-angemessenen-hoehe.
Wie funktioniert die Geltendmachung von Schmerzensgeld?
Wenn man die Höhe des Schmerzensgeldes ermittelt hat, sollte man den Anspruch bei der Gegenseite anmelden. Die Gegenseite ist in erster Linie der eigentliche Verursacher. Das ist der Hundehalter, der Unfallverursacher oder der Arzt, wo der Arztfehler passiert ist. Diese sollten dir dann ihre Haftpflichtversicherung mitteilen, die den Schaden reguliert. Bei Kfz-Haftpflichtversicherungen gibt es ein Register, in dem man anhand des Nummernschildes die richtige Haftpflichtversicherung herausbekommt. Der Gegenseite schildert man den Sachverhalt und verlangt das angemessene Schmerzensgeld. Die Versicherung verhandelt oft den Betrag herunter und bietet einen geringeren Betrag an.
Worauf muss ich achten, wenn ich das Schmerzensgeld ohne Rechtsanwalt geltend mache?
Das ist nur ratsam, wenn es um eine einfache Verletzung geht. Auf jeden Fall solltest du die Verletzungen dramatisieren und bei der Höhe des Schmerzensgeldes hoch rangehen. Wer zu wenig verlangt, bekommt auch zu wenig. Du solltest auch auf die psychischen Folgen hinweisen sowie auf die bleibenden Dauerschäden und zukünftig noch nicht absehbaren Folgen. Die gegnerische Versicherung wird versuchen, das Schmerzensgeld zu drücken. Wenn sie dir einen Abfindungsvergleich anbietet, solltest du auf jeden Fall ein Gegenangebot machen. Die Höhe des Schmerzensgeldes ist am Ende Verhandlungssache und bedarf bei komplexen Fällen mit hohem Schmerzensgeld eines erfahrenen Verhandlungsprofis. Wer selbst mit der Versicherung verhandelt, sollte den Artikel mit Checkliste beachten.
Die Versicherung bietet mir einen Vergleich an. Was würde es bedeuten, wenn ich diesen annehme?
Jeder Vergleich kann einen anderen Inhalt haben. Deswegen kommt es darauf an, welche Schäden der Vergleich abdecken soll. In der Regel versuchen die Versicherungen, alle vergangenen und zukünftigen Schäden damit auszugleichen, sodass mit der Einmalzahlung alle Forderungen für immer abgedeckt sein sollen. Dann wäre die Sache endgültig erledigt. Das ist besonders problematisch, wenn die Verletzung noch gar nicht ausgeheilt ist. Denn dann ist eine Verschlimmerung des Gesundheitszustandes möglich, ggf. mit Operationen oder anderen Behandlungen, die zu noch schlimmeren Beeinträchtigungen führen könnten. Daher solltest du nicht zu früh einen Vergleich abschließen. Solange noch Probleme folgen können, solltest du dich nicht unter Druck setzen lassen. Lieber noch warten und auf Vorschüsse drängen, sodass du dir deine Rechte nicht abschneidest. Vor Abschluss eines endgültigen Vergleichs solltest du eher einen Anwalt einschalten, damit keine Ansprüche vergessen werden und du auf der sicheren Seite bist.
Die Versicherung bietet mir eine Vergleichssumme für das Schmerzensgeld an. Soll ich den Vergleich annehmen?
Das kommt darauf an, ob das Schmerzensgeld angemessen ist und ob eine zukünftige gesundheitliche Verschlimmerung eintreten kann. Gerade bei schweren Verletzungen versuchen die Versicherungen schnell, die Sache abzufinden. Hier können sich üblicherweise noch weit in der Zukunft negative gesundheitliche Folgen einstellen – ein sogenannter Verschlimmerungsschaden. Wenn also der Heilungsverlauf noch nicht abgeschlossen ist, solltest du sehr vorsichtig mit einem abschließenden Abfindungsvergleich sein.
Mein Anwalt verlangt zu wenig Schmerzensgeld – was soll ich tun?
Erst müsste man feststellen, ob er wirklich zu wenig verlangt. Möglicherweise wurden bei einem Polytrauma die einzelnen Verletzungen in einer Schmerzensgeldtabelle ermittelt und addiert. Dies wäre nicht sachgerecht. Hier wäre eine Zweitmeinung durch einen anderen Rechtsanwalt notwendig. Stellt sich dann heraus, dass der Anwalt tatsächlich zu wenig verlangt, solltest du diesen zur Rede stellen und notfalls das Mandat auf einen anderen Rechtsanwalt übertragen. Dabei entstehen meist doppelte Rechtsanwaltskosten. Aber wenn es wenigstens um 5.000,00 Euro mehr an Schmerzensgeld ginge, läge der Gewinn weit über den Kosten einer doppelten Beauftragung, sodass sich der Wechsel dann schon lohnen kann. Das sollte man sich ausrechnen lassen. Bei einem schweren Unfall brauchst du mehr Informationen. Vielleicht hilft dir der Artikel „Durchsetzung von Versicherungsleistungen für Schwerverletzte nach Verkehrsunfall“ weiter.
Ich bin durch einen Unfall schwerbehindert. Das Schmerzensgeld ist viel zu gering, um mein Leben zu finanzieren. Wieso bekommt man in Deutschland nur so wenig Schmerzensgeld?
In den USA zum Beispiel werden alle Schäden – auch der zukünftige Entgeltschaden – durch das Schmerzensgeld abgedeckt. Es wird quasi die entfallende Wirtschaftsleistung des Verletzten hinzugezählt. Bei uns ist das eigentlich nicht so viel anders. Denn in Deutschland haben Schwerverletzte neben dem Schmerzensgeld üblicherweise noch weitere Ansprüche, die auch weit über das Schmerzensgeld hinausgehen können. Hier hast du möglicherweise versäumt, weitere Ansprüche geltend zu machen. In erster Linie wären das der Entgeltschaden oder der Haushaltsführungsschaden. Das Schmerzensgeld soll ja auch nur ein Ausgleich für die erlittenen Beeinträchtigungen sein und dient nicht der Finanzierung des Lebens. Dafür wären dann der Entgeltschaden und der Haushaltsführungsschaden heranzuziehen.
Das Opfer war sofort tot - kann ich als Erbe Schmerzensgeld verlangen?
Das Schmerzensgeld ist vererbbar, so dass der Anspruch auf den Erben übergeht. Allerdings gab es für den sofortigen Tod durch Drittverschulden gemäß alter Rechtsprechung kein Schmerzensgeld, da der Tod selbst nicht Grundlage für den Anspruch sein kann, sondern nur die erlittenen Schmerzen und Beeinträchtigungen vor dem Tod. Heute meint die Rechtsprechung, dass selbst für einen sofortigen Tod noch ein Schmerzensgeldanspruch entsteht, da es vom Augenblick der Verletzung bis hin zum klinischen Gehirntod eine relevante Zeit des Leidens gibt. Auch für bereits in einem Koma befindlichen Patienten, der dann durch einen Arztfehler verstirbt, wurden bereits Schmerzensgeldbeträge ausgeurteilt. Die Höhe ist allerdings aufgrund der kurzen Leidenszeit eher gering. Entscheidend ist der Einzelfall.
Erhält man bei Tod eines nahen Angehörigen Schmerzensgeld?
Ja, mit Wirkung zum 17.07.2017 wurde der § 844 Absatz 3 BGB eingeführt. Danach reicht ein besonderes persönliches Näheverhältnis für den Schmerzensgeldanspruch aus. Natürlich muss dabei dem Hinterbliebenen ein seelisches Leid zugefügt worden sein, was üblicherweise der Fall sein wird. Leider scheint das neue Gesetz weder bei den meisten Anwälten noch bei den Anbietern von Schmerzensgeldtabellen Beachtung gefunden zu haben. Denn vor dem 17.07.17 gab es nur für nahe Angehörige die Möglichkeit ein eigenes Schmerzensgeld über den Schockschaden zu erhalten. Allerdings mussten psychische Beeinträchtigungen durch längere psychische Behandlungen nachgewiesen werden. Der Schock musste also zu einer Behandlungsbedürfigkeit geführt haben. Der Nachweis eines seelischen Leidens muss heute auch noch geführt werden, die Anforderungen sind aber geringer, so dass das Schmerzensgeld wegen Tod eines nahen Angehörigen leichter durchsetzbar ist.
Welche Ansprüche habe ich außer dem Schmerzensgeldanspruch?
Bist du Arbeitnehmer, kommt der Entgeltschaden hinzu, wenn die Zeit der Arbeitsunfähigkeit über 6 Wochen dauerte. Bei schwerer Verletzten entstehen Ansprüche aus vermehrten Bedürfnissen, welche in Form von Haushaltsführungsschaden, Pflegeschaden, behindertengerechten Umbaukosten, Kosten einer Begleitung, Fahrtkosten, Zuzahlungen und Weiterem anfallen. Bei einer rund um die Uhr zu betreuenden pflegebedürftigen Person können hohe Ansprüche, oft über eine Million Euro, zusammenkommen. Bei Selbstständigen heißt der Entgeltschaden „entgangener Gewinn“.
Kann ich eine Schmerzensgeldrente verlangen?
Eine Schmerzensgeldrente wird von den Gerichten eher selten zugesprochen. Voraussetzung wäre ein erheblicher Dauerschaden, unter dem du bis zum Lebensende leiden würdest und ein Antrag auf eine solche Rente. Allerdings liegen die monatlichen Beträge dann eher zwischen 50,00 Euro und 400,00 Euro, je nachdem wie schwerwiegend der Dauerschaden ist. Beträge darüber hinaus sind selten. Außergerichtlich wird eine Schmerzensgeldrente von den Versicherungen freiwillig nicht bezahlt. Diese streben immer eine Abfindungssumme an. Nicht zu verwechseln ist die Schmerzensgeldrente mit dem Ersatz von Entgeltschaden oder dem Haushaltsführungsschaden. Diese werden üblicherweise auch monatlich in Form einer Rentenzahlung geltend gemacht.
Muss ich das Schmerzensgeld versteuern oder Angst haben, dass es auf meine Leistungen nach dem SGB angerechnet wird?
Nein. Schmerzensgeld ist zweckgebunden und soll ausschließlich dem Ausgleich der Verletzungen dienen. Es wird weder bei Sozialhilfeansprüchen angerechnet noch muss es versteuert werden.
Was passiert, wenn die Versicherung das Schmerzensgeld nicht bezahlen will?
Dann muss man gerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen. Das bedeutet, dass eine Klage erstellt werden muss, die man beim zuständigen Gericht einzureichen hat. Der vollständige Sachverhalt muss aufgearbeitet und Urteile zur Höhe des Schmerzensgelds müssen zitiert werden. Ferner müssen die übrigen Ansprüche geltend gemacht werden. Spätestens hierfür solltest du einen Anwalt einschalten.
Wie lange würde so ein Gerichtsverfahren dauern?
Das ist sehr unterschiedlich. Üblich sind ein bis zwei Jahre. Unter Umständen auch länger oder kürzer. Muss ein Gutachten erstellt werden, dauern die Verfahren in der Regel über ein Jahr. Sind viele Tatsachen streitig, führt die Klärung derselben zur Verlängerung des Verfahrens. Ist der Sachverhalt einfach gelagert und nur noch die Höhe strittig, sind die Verfahren eher kürzer.
Wie finde ich einen guten Rechtsanwalt in Schmerzensgeldsachen?
Schau dir seine Webseite genau an. Er sollte Spezialist sein auf diesem Gebiet, am besten Fachanwalt für Verkehrsrecht und/oder Fachanwalt für Medizinrecht. Der Fachanwalt bedeutet jedenfalls, dass er schon etwas Erfahrung hat. Bei Großkanzleien sollte man vorsichtig sein, dass man nicht durchgereicht wird an den unerfahrenen Neuling. Auch sollte der Anwalt nur Patienten und Opfer vertreten haben und keine Versicherungen. Wenn noch weitere Rechtsgebiete angeboten werden, die mit Personenschäden überhaupt nichts zu tun haben, dann eher weitersuchen. Je höher die Spezialisierung, desto besser ist das.
An dieser Stelle verweise ich auf meine eigene Kanzlei. Wir sind hochspezialisiert auf das Personenschadensrecht auf der Opferseite. Wir übernehmen keine Angelegenheiten auf anderen Rechtsgebieten und können uns individuell um den Mandanten kümmern. Wir sind Fachanwälte für Medizinrecht und Verkehrsrecht. Wir sind eine Kanzlei mit zwei Rechtsanwälten und beide über 12 Jahre tätig. Wir kennen die Verhandlungstaktiken der einzelnen Haftpflichtversicherungen.
Aktualisiert: 21.02.2019
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