Schmerzensgeldansprüche von Opfern bzw Hinterbliebenen von Opfern von Gewalttaten / Adhäsionsverfahren

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Seit Mitte November 2015 gilt eine neue europaweit harmonisierte Regelung zur Stärkung der Rechte von Opfern in Gesamteuropa: Nunmehr gelten diese Rechte unabhängig von der Staatsangehörigkeit des Opfers für jeden, der in der EU eine Straftat erlitten hat. Familienangehörige von Personen, die durch eine Straftat ums Leben gekommen sind, haben zudem nunmehr die Rechtsposition wie die Opfer selbst, können also gleichfalls von den Behörden Informationen, Entschädigung und Unterstützungsleistungen verlangen. Zu diesen Leistungen sind die Behörden nunmehr gesetzlich verpflichtet, sobald sich die Opfer bzw Hinterbliebenen an sie wenden. Weiterhin hat dieser Personenkreis das Recht, einen eventuellen Verzicht auf Strafverfolgung durch die Behörden überprüfen zu lassen. All das, was ja durch die Umsetzung der Opferschutzrichtlinie automatisch quasi Gesetzeskraft erlangt hat, wird gleichwohl durch das 3. Opferrechtsreformgesetz demnächst nochmals „formgültig“ in die deutschen Gesetze integriert, aber berufen können sich Opfer darauf bereits jetzt.

Wie nun werden Ansprüche am besten und unkompliziertesten durchgesetzt? Die Antwort bietet das schon viele Jahrzehnte aber weitgehend unbekannte Adhäsionsverfahren!

Der bequemere Weg, sofern möglich, ist der die Verfolgung dieser Ansprüche im Strafverfahren. Dies geschieht dann durch das sogenannte Adhäsionsverfahren. Dieses Verfahren ist in der StPO, also in der Strafprozessordnung, geregelt (403 bis 406 c) und ermöglicht es dem Opfer einer Straftat, seine Schadensersatz- bzw. Schmerzensgeldansprüche gegen den Täter bereits im laufenden Strafverfahren geltend zu machen. Auch wenn es dieses Instrument schon mehr als 70 Jahre in der StPO gibt, so ist es erst vor wenigen Jahren durch das Opferrechts-Reformgesetz zu größerer Bedeutung gekommen, wird aber vielfach seitens der Anwälte nicht oder unzureichend betrieben. So wurden in den letzten Jahren 2008 bis 2010 an den hessischen Amtsgerichten im Durchschnitt nur 0,0015 % der erledigten Straf-prozesse mit Adhäsionsverfahren abgeschlossen. An den hessischen Landgerichten waren es in diesen drei Jahren im Durchschnitt 0,026 % (kleine Anfrage der Abg. Heinz, Honka, Klein (Freigericht), Pentz, Wallmann (CDU) vom 18.01.2011 betreffend Adhäsionsverfahren in Hessen). Sicherlich auch wieder ein Argument, sich des Spezialisten in Form eines Opferanwalts zu bedienen. Ausgelöst werden kann dieses Verfahren durch den Verletzten, also das Opfer, oder dessen Erben. Auch muss das Strafverfahren noch laufen, wobei das Adhäsionsverfahren auch unabhängig von einem Nebenklageverfahren angestoßen werden kann. Kommt es nicht zu einer Verurteilung, bzw. kommt es nur zu einer Verurteilung im schriftlichen Verfahren im Wege des Strafbefehls, so kommt das Adhäsionsverfahren nicht zum Tragen. Für dieses Verfahren, wie auch für die Geltendmachung dieser Ansprüche außerhalb des Adhäsionsverfahrens, kann das Opfer stets Prozesskostenhilfe beantragen, wenn es die Voraussetzungen erfüllt.



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