Schufa darf nur verkürzt speichern

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Die Frage, wie lange die Schufa Holding AG und andere Auskunfteien die Daten von Schuldnern speichern dürfen, ist immer wieder Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen.

Bei einem nun vom OLG Schleswig entschiedenen Fall (Urteil v. 03.06.2022, Az.: 17 U 5/22) ging es um die Frage, wie lange Daten über ein Insolvenzverfahren gespeichert werden dürfen.

Sechs Monate oder drei Jahre?

Der Schuldner wollte eine Löschung nach sechs Monaten erreichen, die Schufa berief sich auf ihre Verhaltensregeln und wollte drei Jahre lang speichern.

Das OLG Schleswig gab dem Schuldner recht.

Maßgeblich war für das Gericht die Interessenabwägung gemäß Art.6 Abs.1 S.1 f) DSGVO.

Letztlich ließ sich das Gericht bei seiner Interessenabwägung von der Speicherfrist in § 3 Abs. 1 InsoBekV (Verordnung zu öffentlichen Bekanntmachungen in Insolvenzverfahren im Internet) leiten, der eine Löschung nach sechs Monaten vorsieht.

Verhaltensregeln nicht maßgeblich

Das Gericht stellt ausdrücklich fest, dass Art.6 Abs.1 S.1 f) DSGVO, der grundsätzlich für alle Auskunfteien gilt, eine umfassende Interessenabwägung im Einzelfall erfordert.

Die Auskunfteien machen es sich in diesen Fällen leicht und verweisen gerne auf ihre Verhaltensregeln (Code of Conduct - Verhaltensregeln für die Prüf- und Löschfristen von personenbezogenen Daten durch die deutschen Wirtschaftsauskunfteien).

Diese Verhaltensregeln enthalten standardisierte Speicherfristen, eine Einzelfallabwägung erübrigt sich damit aus Sicht der Auskunfteien.  

Dies ist aber aus Sicht des OLG Schleswig nicht in Ordnung, aaO, Rn:61:

„Die notwendige Abwägung ist zunächst selbständig durchzuführen und lässt sich zur Überzeugung des Senats nicht durch einen Verweis auf die Speicher- und Löschungsfristen in den Verhaltensregeln der Wirtschaftsauskunfteien ersetzen.“

Enge Maßstäbe

In diese Einzelfallabwägung ist einzustellen, dass die Daten des Schuldners bei der Auskunftei nur auf Vorrat gespeichert werden, d.h. es nicht absehbar, ob und ggf. wer auf den Datenbestand zugreift. Das OLG Schleswig greift dabei in seiner Begründung auf die vom Bundesverfassungsgericht entwickelte Rechtsprechung zur Vorratsdatenspeicherung zurück.

Im Ergebnis ist daher die Datenverarbeitung nur unter engen Voraussetzungen rechtmäßig.

Im konkreten Fall hieß das, dass die Datenverarbeitung nur dann rechtsmäßig wäre, wenn in der Person des Schuldners besondere Umstände erkennbar sind, welche ausnahmsweise dazu führen, dass ein überwiegendes Interesse an einer längeren Speicherdauer zu bejahen ist.

Ergebnis

Diese besonderen Umstände lagen aber nicht vor, weshalb die Daten gelöscht werden mussten.

Der Schuldner hatte daher sowohl einen Anspruch auf Löschung der betreffenden Daten als auch auf Neuberechnung seines Score-Wertes. D.h. bei zukünftigen Anfragen werden die gelöschten Daten bei der Score-Wert-Berechnung außen vor gelassen.

Wichtiges Urteil zu Auskunfteien

Das Urteil hält ein paar wichtige Erkenntnisse bereit.

Zunächst ist festzuhalten, dass die Verhaltensregeln der Branche nach Ansicht des Gerichts das Ergebnis der Einzelfallabwägung nicht vorwegnehmen dürften. Damit ist die grundsätzliche Relevanz dieser Verhaltensregeln in Frage gestellt.

Zweitens darf von der Schufa und anderen Auskunfteien erwartet werden, dass sie diese Einzelfallabwägung auch wirklich vornehmen, ggf. müssen sie dazu gedrängt werden. Durch entsprechende Darstellung der Umstände des Einzelfalls kann ggf. - mit anwaltlicher Unterstützung - außergerichtlich schon die Lösung der Daten erreicht werden.

Insgesamt bleibt abzuwarten, inwieweit die Branche die Rechtsprechung von sich aus umsetzt.

Es besteht ein Spannungsfeld: Die Branche der Auskunfteien möchte möglichst standardisierte Verfahren und Fristen; das Datenschutzrecht schreibt eine Einzelfallabwägung vor. Beides ist nur schwer unter einen Hut zu bringen.

Robert Nebel, M.A.

Rechtsanwalt

Licenciado en Derecho



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