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Schulrecht: § 97 Übergreifende Schulordnung (ÜSchO RLP) – Ordnungsmaßnahmen in Rheinland-Pfalz

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Erzieherische Einwirkungen und Ordnungsmaßnahmen in Rheinland-Pfalz

Schulen haben 2 wesentliche Aufgaben:

  • Wissensvermittlung
  • pädagogische Arbeit

Schulisches Fehlverhalten wird in Rheinland-Pfalz deshalb mit erzieherischen Einwirkungen für den niederschwelligen Bereich und bei gravierenderen Verstößen mit Ordnungsmaßnahmen geahndet.

Erzieherische Einwirkungen und Abgrenzung zu Ordnungsmaßnahmen

(gem. § 96 ÜSchO)

§ 96 Übergreifende Schulordnung RLP grenzt die bloßen Erzieherischen Einwirkungen von Ordnungsmaßnahmen ab und zählt diese beispielhaft auf. In § 96 Abs. 1 ÜSchO heißt es:

„Ordnungsmaßnahmen können nur ausgesprochen werden, wenn andere erzieherische Einwirkungen nicht ausreichen. Als erzieherische Einwirkungen kommen insbesondere in Betracht: Gespräch, Ermahnung, Verpflichtung zur Wiedergutmachung angerichteten Schadens, Verpflichtung zur Übernahme von Arbeiten für die Schul- oder Klassengemeinschaft, Nacharbeiten von Versäumtem, zeitweise Wegnahme von Gegenständen, Entschuldigung für zugefügtes Unrecht und Überweisung in eine andere Klasse oder in einen anderen Kurs derselben Klassen- oder Jahrgangsstufe der Schule.“

Daneben sind noch weitere erzieherische Einwirkungen denkbar, wobei dies nur der Aufzählung vergleichbare, niederschwellige Ahndungen sein dürfen.

Gravierendere pädagogische Ahndungen im grundrechtsrelevanten Bereich unterliegen nämlich dem Gesetzesvorbehalt und müssen als Ordnungsmaßnahmen geregelt werden. Diese Ordnungsmaßnahmen sind in Rheinland-Pfalz abschließend in § 97 Übergreifende Schulordnung geregelt:

Untersagung der Teilnahme am Unterricht der laufenden Unterrichtsstunde

(gem. § 97 Abs. 1 Nr. 1 ÜSchO)

Hierbei handelt es sich im Ergebnis um das „Vor-die-Tür-stellen“, wenn ein Schüler beharrlich den Unterricht stört.

Schriftlicher Verweis

(gem. § 97 Abs. 1 Nr. 2 ÜSchO)

Ein Verweis ist eine verschärfte Ermahnung und nur in einigen Bundesländern geregelt. Je nach Schule kann dies bereits die erste Stufe zu gravierenderen Ordnungsmaßnahmen darstellen, sodass zumindest dann Vorsicht geboten ist, wenn man zum wiederholten Male einen Schulleiterverweis erhält.

Untersagung der Teilnahme am Unterricht des laufenden Unterrichtstages

(gem. § 97 Abs. 1 Nr. 3 ÜSchO)

Ein Unterrichtsausschluss für den laufenden Schultag wird von Schulen in Rheinland-Pfalz vor allem für Schüler angewandt, die man als Problemfälle sieht. Oftmals nimmt ein solches Vorzeitig-nach-Hause-schicken regelrecht inflationäre Tendenzen an.

Ist dies der Fall, sollte man sich aber dagegen wehren, denn eigentlich ist diese Ordnungsmaßnahme für Fälle gedacht, an denen ein Schüler am laufenden Schultag nicht mehr beschulbar erscheint, weil er nicht mehr zur Ruhe kommt. Dies muss eine Ausnahme bleiben.

Untersagung der Teilnahme an sonstigen bis zu einwöchigen Schulveranstaltungen

(gem. § 97 Abs. 1 Nr. 3 ÜSchO)

Dies ist vor allem der Ausschluss von der Klassenfahrt.

Neben der Strafe für ein Fehlverhalten handelt es sich hier auch um präventive Gesichtspunkte, wenn ein Schüler für eine Klassenfahrt aufgrund seines Verhaltens als ungeeignet erscheint. Hier muss man sich sofort wehren, da ansonsten die Klassenfahrt schnell ohne das eigene Kind stattfindet.

Unterrichtsausschluss bis zu 3 Tage bzw. bis zu 6 Tage

(§ 97 Abs. 1 Nr. 4 ÜSchO bzw. § 97 Abs. 1 Nr. 5 ÜSchO)

Der Unterrichtsausschluss ist die häufigste Ordnungsmaßnahme in Rheinland-Pfalz.

Hierbei ist eine inflationäre Entwicklung zu beobachten, wonach inzwischen bei Vorfällen Unterrichtsausschlüsse angeordnet werden, die früher mit erzieherischen Einwirkungen geahndet wurden.

Einen Unterrichtsausschluss zu verhängen, hat ungeachtet dessen noch eine Hemmschwelle, d. h. wer einmal einen Unterrichtsausschluss erhält, bei dem gewöhnt sich die Schule schnell an weitere Ordnungsmaßnahmen. Wer in Rheinland-Pfalz also einen Unterrichtsausschluss erhält, sollte sich immer dagegen wehren, weil es ansonsten oftmals rasch weitergeht.

Androhung des Schulausschlusses

(gem. § 97 Abs. 1 Nr. 6 ÜSchO)

Die Androhung des Schulausschlusses bereitet in Rheinland-Pfalz einen Schulausschluss vor, ist also so eine Art Abmahnung.

Da Schulen aber oftmals nicht zimperlich sind und dazu neigen, auch bei kleineren Fehlverhalten einen Schulausschluss auszusprechen, sollte man sich gegen die Androhung des Schulausschlusses immer wehren. Auch hier ist eine inflationäre Entwicklung eingetreten, insbesondere in Abschlussjahrgängen verhängen Schulen die Androhung eines Schulausschlusses oftmals als Warnung.

Schulausschluss

(gem. § 97 Abs. 2 ÜSchO i. V. m. § 99 ÜSchO i. V. m. § 55 Schulgesetz Rheinland-Pfalz)

Durch Ausspruch eines Schulausschlusses muss der Schüler die Schule meist dauerhaft verlassen. Dies ist nur unter hohen Voraussetzungen denkbar. In § 99 ÜSchO heißt es:

„(1) Schülerinnen und Schüler, deren Verbleib in der Schule eine ernstliche Gefahr für die Erziehung, die Sicherheit oder die Unterrichtung der anderen Schülerinnen und Schüler bedeutet, können auf Zeit oder auf Dauer durch die Gesamtkonferenz von der bisher besuchten Schule ausgeschlossen werden.

(2) Ein Ausschluss kann nur erfolgen, wenn er angedroht war (§ 97 Abs. 1 Nr. 6), es sei denn, der durch die Androhung verfolgte Zweck kann nicht oder nicht mehr erreicht werden.“

Oftmals setzen sich Schulen aber darüber hinweg, wenn sie jemanden loswerden möchten. Aus diesem Grunde gibt es oftmals rechtswidrige Schulausschlüsse, wobei man sich rasch wehren muss, bevor eine Eigendynamik entsteht.

Anordnung von Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen

Die Anordnung der Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen erfolgt

  • durch den unterrichtenden Lehrer (Vor-die-Tür-stellen);
  • durch den Schulleiter alleine (schriftlicher Verweis, Unterrichtsausschluss für den laufenden Schultag und Ausschluss von Klassenfahrten);
  • durch die Klassenkonferenz (Unterrichtsausschluss bis zu 3 Tagen);
  • durch die Klassenkonferenz im Einvernehmen mit dem Schulleiter (Unterrichtsausschluss bis zu 6 Tagen, Androhung des Schulausschlusses);
  • durch die Gesamtkonferenz beim Schulausschluss.

Anhörung und Beteiligung von Schülern und Eltern

(gem. § 98 ÜSchO)

Unter rechtsstaatlichen, aber auch pädagogischen Gesichtspunkten hat eine Anhörung zu erfolgen, bevor eine Ordnungsmaßnahme ergeht. In § 98 Abs. 2 & 3 ÜSchO heißt es:

„(2) Bevor eine Ordnungsmaßnahme ausgesprochen wird, ist die Schülerin oder der Schüler zu hören […].

(3) In den Fällen des § 97 Abs. 1 Nr. 4, 5 und 6 sowie bei der Untersagung der Teilnahme an sonstigen mehrtägigen Schulveranstaltungen (§ 97 Abs. 1 Nr. 3) sind die Eltern und auf Wunsch der Schülerin oder des Schülers ein Beistand zu hören. Als Beistand können der Schule angehörende Lehrkräfte, Schülerinnen und Schüler sowie Eltern von Schülerinnen und Schülern gewählt werden.“

Die aus der Anhörung gewonnen Erkenntnisse muss die Schule dann für eine weitere Aufklärung verwenden. In der Praxis zeigt sich oftmals eine Voreingenommenheit der Schule und eine Ignoranz hinsichtlich dieser Rechte, sodass es oftmals anwaltlicher Unterstützung bedarf, um überhaupt gehört zu werden.

Voraussetzungen für Ordnungsmaßnahmen

(gem. § 95 ÜSchO & § 99 ÜSchO)

Die Voraussetzungen für Ordnungsmaßnahmen sind in § 95 ÜSchO nur sehr dünn geregelt:

„(1) Bei Verstößen gegen die Ordnung in der Schule können Ordnungsmaßnahmen ausgesprochen werden.

(2) Verstöße gegen die Ordnung in der Schule liegen insbesondere vor bei Störungen des Unterrichts oder sonstiger Schulveranstaltungen, bei Verletzungen der Teilnahmepflicht, bei Handlungen, die das Zusammenleben in der Schule oder die Sicherheit der Schule oder der am Schulleben Beteiligten gefährden, sowie bei Verletzung der Hausordnung.“

Für Schulausschlüsse gibt es in § 99 ÜSchO höhere Anforderungen:

„(1) Schülerinnen und Schüler, deren Verbleib in der Schule eine ernstliche Gefahr für die Erziehung, die Sicherheit oder die Unterrichtung der anderen Schülerinnen und Schüler bedeutet, können auf Zeit oder auf Dauer durch die Gesamtkonferenz von der bisher besuchten Schule ausgeschlossen werden.“

In der Praxis hängt die Angemessenheit einer Ordnungsmaßnahme von den konkreten Gegebenheiten ab. Aufgrund meiner langjährigen Tätigkeit als Anwalt für Schulrecht kann ich Ihnen hierbei gerne weiterhelfen.

Rechtsschutz gegen Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen:

Rheinland-Pfalz gehört zu den wenigen Bundesländern, bei denen ein Widerspruch gegen die Anordnung von Ordnungsmaßnahmen aufschiebende Wirkung hat. Dies wird in der Praxis aber meist umgangen, indem die Schule mit der Ordnungsmaßnahme den Sofortvollzug anordnet.

Hierdurch werden gezielt Einwände der Eltern umgangen und ist die Ordnungsmaßnahme erst einmal vollzogen, dann hat sich der Widerspruch erledigt.

Aus diesem Grunde muss man schauen, dass die Ordnungsmaßnahme erst gar nicht angeordnet wird bzw. man muss sich gegen eine erlassene Ordnungsmaßnahme oftmals mit einem gerichtlichen Eilantrag wehren. Beides bedarf regelmäßig anwaltlicher Unterstützung, wenn man ernst genommen werden möchte.

Schulische Ordnungsmaßnahmen behandle ich deshalb fast immer als Eilmandat, das sofort bearbeitet werden muss!

Weitere Informationen erhalten Sie auf meiner Website www.ordnungsmassnahmen-schule.de.

Rechtsanwalt Andreas Zoller

Anwalt für Schulrecht


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