Sind Sie als Teilzeitkraft bei der Zahlung von Überstundenzuschlägen benachteiligt?
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Wenn Sie in Teilzeit arbeiten, haben Sie möglicherweise festgestellt, dass Ihnen für Überstunden weniger Zuschläge gezahlt werden als Ihren vollzeitbeschäftigten Kollegen. Dies könnte auf eine Regelung in Ihrem Arbeits- oder Tarifvertrag zurückzuführen sein, die besagt, dass Überstundenzuschläge nur gezahlt werden, wenn Ihre geleisteten Stunden über die Arbeitszeit eines vergleichbaren Vollzeitbeschäftigten hinausgehen.
Auf den ersten Blick scheint dies fair zu sein, aber der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat kürzlich entschieden, dass eine solche Praxis eine unzulässige Diskriminierung darstellt.
Warum ist diese Regelung diskriminierend?
Laut dem EuGH (EuGH Urt. v. 29.7.2024 – C-184/22) liegt eine unzulässige Ungleichbehandlung von Teilzeitkräften vor, wenn ihnen Überstundenzuschläge verweigert werden, die sie für jede Stunde, die über ihre vertragliche Arbeitszeit hinausgeht, eigentlich erhalten sollten. Diese Benachteiligung ist zudem oft eine mittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts. Warum? Weil ein großer Teil der Teilzeitbeschäftigten Frauen sind, die dadurch unverhältnismäßig stärker benachteiligt werden.
Das bedeutet konkret: Wenn Sie in Teilzeit arbeiten und Ihnen Überstundenzuschläge nur gewährt werden, wenn Sie mehr arbeiten als ein Vollzeitbeschäftigter, haben Sie möglicherweise Anspruch auf eine Entschädigung wegen Diskriminierung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG).
Ihre Rechte als Teilzeitkraft
Nach der Entscheidung des EuGH haben Sie das Recht, Überstundenzuschläge für jede Stunde zu fordern, die über Ihre vertraglich vereinbarte Arbeitszeit hinausgeht – und nicht nur für die Stunden, die über die Arbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten hinausgehen. Sollten Sie in der Vergangenheit benachteiligt worden sein, können Sie zudem eine Entschädigung verlangen. Dies könnte finanzielle Ansprüche für zurückliegende Zeiträume umfassen, in denen Ihnen Überstundenzuschläge vorenthalten wurden.
Was sollten Sie jetzt tun?
Wenn Sie das Gefühl haben, dass Sie in Bezug auf Überstundenzuschläge diskriminiert wurden, sollten Sie schnell handeln. Ein Anwalt kann Ihnen helfen, Ihre Ansprüche durchzusetzen und sicherzustellen, dass Ihr Arbeitgeber die gesetzlichen Bestimmungen einhält.
- Überprüfen Sie Ihren Arbeitsvertrag: Schauen Sie nach, welche Regelungen es zu Überstundenzuschlägen gibt. Werden Ihnen diese nur dann gewährt, wenn Sie über die Stunden eines Vollzeitbeschäftigten hinaus arbeiten?
- Dokumentieren Sie Ihre Überstunden: Notieren Sie alle Überstunden, die Sie geleistet haben, und vergleichen Sie sie mit den Regelungen Ihres Vertrags.
- Lassen Sie sich rechtlich beraten: Ein Anwalt kann prüfen, ob Ihre Überstundenregelung diskriminierend ist und ob Sie Anspruch auf Nachzahlungen oder Entschädigungen haben.
Welche Konsequenzen hat das EuGH-Urteil für Arbeitgeber?
Das Urteil des EuGH hat weitreichende Konsequenzen für viele Unternehmen. Tarifverträge und betriebliche Regelungen, die Teilzeitkräfte in Bezug auf Überstundenzuschläge benachteiligen, müssen nun überdacht und angepasst werden. Andernfalls drohen Unternehmen nicht nur hohe Nachzahlungen, sondern auch Klagen auf Entschädigung wegen Diskriminierung.
Für Arbeitgeber könnte es ratsam sein, ihre Teilzeitverträge zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen, um finanziellen Belastungen vorzubeugen. So kann zum Beispiel durch eine Mindestarbeitszeit oder durch individuelle Vereinbarungen die Anzahl der anfallenden Überstunden reduziert werden.
Fazit: Teilzeitkräfte müssen sich nicht benachteiligen lassen!
Das Urteil des EuGH ist ein wichtiger Schritt hin zu mehr Gerechtigkeit für Teilzeitkräfte. Wenn Sie das Gefühl haben, dass Sie benachteiligt wurden, zögern Sie nicht, Ihre Rechte in Anspruch zu nehmen.
Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit im Anhang der RL 97/81/EG § 4 Nr. 1 u. 2; AEUV Art. 157; RL 2006/54/EG (Richtlinie zur Verwirklichung des Grundsatzes der Chancen-gleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen) Art. 2 Abs. 1 b)nEuGH Urt. v. 29.7.2024 – C-184/22- Vorinstanz: BAG – 8 AZR 370/20 (A)
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