Sparkassen-Prämiensparen: BGH veröffentlicht Entscheidung

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Die Sparkasse Nürnberg hat mit der Kündigung tausender von Prämiensparverträgen unlängst für Aufsehen gesorgt. Nun hat die Sparkasse angekündigt weitere tausende Verträge kündigen zu wollen.

In den Kündigungsschreiben, welche zuletzt 21.000 Kunden erreicht hat, bezieht sich die Sparkasse Nürnberg zur Begründung der Kündigung auf eine Entscheidung des BGH vom 14.05.2019 – XI ZR 345/18. Bislang lag lediglich eine Pressemitteilung zu der Entscheidung vor, aus welcher nur eingeschränkt Schlüsse für die rechtliche Bewertung der Kündigung der Sparverträge gezogen werden konnten. Nunmehr hat der BGH seine vollständige Entscheidungsbegründung veröffentlicht.

Der BGH stellt klar, dass die Sparverträge nicht dem Darlehensrecht unterliegen, sondern als unregelmäßige Verwahrverträge rechtlich einzuordnen sind. Dies ist von Bedeutung, da sich die Sparkassen damit nicht auf Kündigungsregelungen aus dem Darlehensvertragsrecht berufen können, sondern die Kündigungsmöglichkeit auf die Sparkassen-AGB beschränkt ist.

Eine solche Kündigung hat der BGH in seiner Entscheidung in der ihm vorliegenden Vertragskonstellation für wirksam erachtet, da er zu dem Ergebnis gekommen ist, dass keine feste Laufzeit zwischen Kunden und Sparkasse vereinbart worden war und die Sparkassen-AGB wirksam in den Vertrag einbezogen worden sind. Dieser Vertragsart sei lediglich ein Versprechen der Sparkasse zur Prämienzahlung bis zum 15.Sparjahr sowie ein Verzicht auf das Recht zur Kündigung durch die Sparkasse bis dahin zu entnehmen. Dagegen könne der Sparer keine zeitlich unbegrenzte Sparmöglichkeit erwarten. Der Verzicht auf ein ordentliches Kündigungsrecht seitens der Sparkasse – zeitlich unbegrenzt – fände in den Vertragsvorschriften keinen Anhalt. 

Damit hat der BGH klare Kriterien aufgestellt, die allerdings unmittelbar nur eine von mehreren Vertragskonstellationen betrifft und eine Kündigung der Sparkasse möglich macht, wenngleich im Einzelfall auch in dieser Vertragskonstellation die Möglichkeit für den Kunden bestehen kann, sich dennoch erfolgreich gegen die Kündigung des Sparvertrages zur Wehr zu setzen. 

Der BGH nimmt in seiner Entscheidung zu der zweiten Vertragskonstellation, welche regelmäßig eine Vertragslaufzeit von 1188 Monaten und eine Prämienstaffelung über 99 Jahre vorsieht, keine direkte Stellung. Dies musste er auch nicht, da ein solcher Vertrag nicht Gegenstand des Verfahrens war. Jedoch kann den Entscheidungsgründen Wesentliches für die rechtliche Behandlung dieser zweiten Fallkonstellation entnommen werden.

Befasst man sich näher mit den Gedankengängen des BGH so verwundert es sehr, dass die Sparkasse Nürnberg mit dem Brustton der Überzeugung nicht nur einzelne, sondern eine große Anzahl auch solcher Verträge, die eine Laufzeit von 1188 Monaten vorsehen, innerhalb ihrer Kündigungswelle gekündigt hat.

So ist die einzige Vorschrift, auf welche sich die Sparkasse zur Begründung der Kündigung eines Sparvertrages beziehen kann, allenfalls Nr. 26 der AGB-Sparkassen. Eine Kündigung auf dieser Grundlage ist jedoch ausgeschlossen, wenn eine Laufzeit vereinbart worden ist oder eine anderweitige Kündigungsregelung getroffen worden ist.

Für einen solchen Kündigungsausschluss sprechen vertragliche Formulierungen wie

„Die am Ende des Vertrages aufgeführte Prämienstaffel ist für die gesamte Laufzeit des Vertrags fest vereinbart.“

oder

„Der Vertrag wird mit einer Laufzeit von 1188 Monaten abgeschlossen.“

Denn der BGH stellt in seiner Entscheidung klar, dass die Antragsformulare als AGBs zu behandeln sind und daher auf nach den Verständnismöglichkeiten eines rechtlich nicht gebildeten Durchschnittskunden auszulegen sind, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Kreise verstanden werden.

Ein durchschnittlicher Sparer wird insbesondere die vorstehenden Formulierungen so verstehen, dass der Vertrag eine feste Laufzeit von 1188 Monaten aufweist und er Anspruch auf die Prämien während der gesamten Laufzeit hat, so wie sie in der für einen Zeitraum von 99 Jahren abgedruckten Prämienstaffelung hinterlegt sind.

Insofern durfte der Sparer die berechtigte Erwartung haben – anders als in der vom BGH entschiedenen Konstellation – dass über die gesamte Vertragslaufzeit von 1188 Monaten die Prämien geschuldet sind.

Zwar ist diese zweite Fallkonstellation durch den BGH bislang nicht entschieden worden. Jedoch sprechen gewichtige Argumente auch nach Prüfung der Entscheidungsgründe des BGH dafür, dass diese Vertragsart grundsätzlich anderweitig zu behandeln ist und eine Kündigung durch die Sparkasse nicht ohne weiteres wirksam ist. Daher sollten Sparer mit einem Vertrag, der eine Laufzeit von 1188 Monaten aufweist, die Kündigung ihres Sparvertrages nicht unwidersprochen hinnehmen und sich von einem auf dem Gebiet des Bankrechts spezialisierten Rechtsanwalt über ihre rechtlichen Handlungsmöglichkeiten aufklären lassen.

Rechtsanwaltskanzlei KSR, Nürnberg. Wir beraten und vertreten als Fachanwaltskanzlei für Bank- und Kapitalmarktrecht seit mehr als 15 Jahren Mandanten im Zusammenhang mit der Vermittlung von Kapitalanlagen und der fehlerhaften Beratung von Kapitalanlegern in ganz Deutschland.


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