Steuerhinterziehung – Strafe, Verjährung, Verteidigung

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Steuerhinterziehung ist die häufigste Steuerstraftat in Deutschland. Wenn der Verdacht der Steuerhinterziehung besteht, wird ein Steuerstrafverfahren eingeleitet. Das Steuerstrafverfahren wird in der Regel vom Finanzamt geführt.

Je nach Bundesland gibt es eigene Finanzämter für Steuerstrafverfahren oder es werden spezielle Abteilungen in einem oder mehreren Finanzämtern gebildet, die für Verfahren wegen Steuerhinterziehung zuständig sind. Diese werden z. B. als Bußgeld- und Strafsachenstelle bzw. als Steuerfahndung bezeichnet, wobei die Bezeichnungen je nach Bundesland leicht abweichen.

Die Bußgeld- und Strafsachenstelle übernimmt im Steuerstrafverfahren die Rolle der Staatsanwaltschaft, die Steuerfahndung hat ähnliche Aufgaben wie die Kriminalpolizei. 

Im Rahmen des Ermittlungsverfahrens wegen Steuerhinterziehung können durch diese Stellen zum Beispiel Vernehmungen des Beschuldigten und von Zeugen oder auch Durchsuchungen von Wohn- und Geschäftsräumen vorgenommen werden. Im Rahmen von Durchsuchungen werden zudem in Regel Unterlagen, Computer und Datenträger sowie ggf. größere Mengen Bargeld beschlagnahmt.

Die Zuständigkeit des Finanzamts für Strafverfahren wegen Steuerhinterziehung ist dadurch begründet, dass neben strafrechtlichen Kenntnissen vor allem eine steuerrechtliche Kompetenz erforderlich ist, um beurteilen zu können, ob eine Steuerhinterziehung vorliegt. Neben dem Finanzamt gibt es insbesondere für die Einfuhrumsatzsteuer sowie für Zölle und Verbrauchsteuern eine Zuständigkeit des Hauptzollamts bzw. der Zollfahndung für Verfahren wegen Steuerhinterziehung.

Umgekehrt sollte daher auch der Strafverteidiger über steuerrechtliche Kenntnisse verfügen, um dem Finanzamt auf Augenhöhe begegnen zu können. Dies gilt umso mehr, da in fast allen Verfahren wegen Steuerhinterziehung auch ein Steuerverfahren vom Finanzamt geführt werden wird, um durch entsprechende Steuerbescheide, die (angeblich) hinterzogene Steuer festzusetzen und einzutreiben.

Steuerhinterziehung – was ist der Vorwurf?

Steuerhinterziehung umfasst hauptsächlich einen Vorwurf der in zwei Varianten vorkommt.

Entweder geht es darum, dass jemand unrichtige oder unvollständige Angaben gegenüber dem Finanzamt gemacht haben soll oder dass er gegenüber dem Finanzamt keine Angaben gemacht hat, obwohl er dazu verpflichtet gewesen wäre.

Das Ergebnis dieser Handlung muss eine Steuerverkürzung sein.

Einfache Beispiel sind:

  • Abgabe einer Steuererklärung in der nicht alle Einnahmen oder zu hohe Ausgaben angegeben wurden (z. B. in Fällen von Schwarzeinnahmen oder gefälschten Rechnungen für Ausgaben, die tatsächlich gar nicht angefallen waren)  
  • Abgabe einer Umsatzsteuervoranmeldung, die zu einer ungerechtfertigten Steuererstattung führt (z. B. durch gefälschte Rechnungen, mit denen ein Vorsteuerabzug vorgenommen werden soll)
  • Keine Abgabe einer Steuererklärung, obwohl eine Pflicht dazu bestanden hätte (z. B. wenn man eine selbstständige Tätigkeit ausübt) mit der Folge, dass keine Steuer festgesetzt wird, obwohl eine   Steuerzahlung angefallen wäre

Es gibt aber auch andere Beispiele, die man bei dem Begriff der Steuerhinterziehung nicht gleich vermutet: 

  • Heimliche Einfuhr von Gegenständen über die Grenze nach Deutschland, auf die Einfuhrabgaben anfallen würden (z. B. Schmuggel von Zigaretten, Alkohol oder anderen Waren)
  • Herstellung von alkoholischen Getränken ohne Erlaubnis („Schwarzbrennerei“)

Für diese letzten Beispiele ist nicht das Finanzamt sondern das Hauptzollamt bzw. die Zollfahndung zuständig. Es handelt sich jedoch trotzdem um Verfahren wegen Steuerhinterziehung.

Steuerhinterziehung liegt in allen genannten Fällen nur dann vor, wenn die Tat vorsätzlich begangen wurde. Das heißt, wenn derjenige, dem Steuerhinterziehung vorgeworfen wird wusste, dass er z. B. falsche Angaben macht und dass dadurch weniger Steuern anfallen.

Bei nicht vorsätzlichem aber fahrlässigem Handeln kommt ein Bußgeld wegen leichtfertiger Steuerverkürzung in Betracht.

Strafbar ist auch die Anstiftung und Beihilfe zur Steuerhinterziehung.

Eine Beihilfe zur Steuerhinterziehung liegt zum Beispiel vor, wenn ein Steuerberater, weiß, dass sein Mandant mehr Einnahmen hatte, als in der Steuererklärung angegeben werden und er ihm trotzdem dabei hilft, die Steuererklärung abzugeben.

Anstifter zu einer Steuerhinterziehung kann derjenige sein, der einen anderen auf die Idee gebracht hat, Steuern zu hinterziehen.

Strafe bei Steuerhinterziehung

Steuerhinterziehung wird mit Geldstrafe oder mit Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren bestraft.

Zu einer Strafe wegen Steuerhinterziehung kommt es nur dann, wenn das Verfahren nicht bereits im Stadium des Ermittlungsverfahrens eingestellt wird. Die Einstellung des Verfahrens ist im Ermittlungsverfahren in der Regel das Ziel der Verteidigung. Im Bereich der Steuerstrafverfahren kommt es häufig zu Verfahrenseinstellungen.

Eine Strafe wird durch das Amtsgericht oder das Landgericht verhängt. Der Ausgangspunkt ist jeweils das von den Strafverfolgungsbehörden (z. B. Finanzamt) geführte Ermittlungsverfahren.

Die Strafe für Steuerhinterziehung kann im Wege eines Strafbefehls ausgesprochen werden. In diesem Fall findet keine Hauptverhandlung vor Gericht statt, es sei denn der Adressat des Strafbefehls oder sein Rechtsanwalt legt innerhalb von zwei Wochen Einspruch gegen den Strafbefehl ein. Der Erlass eines Strafbefehls kommt nur bei Fällen von geringerem Ausmaß in Betracht. Per Strafbefehl kann eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr auf Bewährung festgesetzt werden.

In anderen Fällen wird Anklage erhoben. Die Staatsanwaltschaft verfasst die Anklageschrift, auch wenn bis dahin das Finanzamt das Steuerstrafverfahren geführt hat.

Das Amtsgericht oder das Landgericht entscheidet zunächst darüber, ob das Verfahren eröffnet wird. Wenn das Verfahren eröffnet wird, findet eine Hauptverhandlung statt. Diese kann in einem aber auch in mehreren Terminen vor Gericht bestehen, in denen mündlich in Anwesenheit des Angeklagten verhandelt wird. Auch in diesem Stadium ist noch eine Einstellung des Verfahrens möglich.

Ergebnis der Verhandlung ist entweder ein Freispruch oder eine Verurteilung, in der auch die konkrete Strafe verhängt wird.

Ob eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe festgesetzt wird, hängt von der Schwere der Straftat ab. Insbesondere kommt es darauf an, in welcher Höhe Steuern hinterzogen worden sein sollen.

Eine Geldstrafe für Steuerhinterziehung wird in sogenannten Tagessätzen berechnet. Ein Tagessatz steht für das durchschnittliche Einkommen des Verurteilten pro Tag (also z. B. das Monatseinkommen geteilt durch 30 Tage oder das Jahreseinkommen geteilt durch 365 Tage).

Die Geldstrafe bewegt sich zwischen 5 und 360 Tagessätzen. Die Höhe eines Tagessatzes kann zwischen 1 und 30.000 EUR liegen.

Die Freiheitsstrafe kann bis zu 5 Jahren betragen. Eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr ist in der Regel zu Bewährung auszusetzen. Eine Freiheitsstrafe bis zu 2 Jahren kann zur Bewährung ausgesetzt werden.

Als (nicht verbindliche) Faustregel gilt, dass ab einer Steuerhinterziehung in Höhe von 100.000 EUR in der Regel eine Freiheitsstrafe verhängt wird und ab einer Hinterziehung eines Betrages von 1.000.000 EUR die Freiheitsstrafe nicht mehr zu Bewährung ausgesetzt wird.

In besonders schweren Fällen der Steuerhinterziehung beträgt die Freiheitsstrafe mindestens 6 Monate und bis zu 10 Jahre.

Ein besonders schwerer Fall liegt z. B. dann vor, wenn Steuern in hohem Ausmaß hinterzogen wurden. Ein hohes Ausmaß wird in der Regel bei 50.000 EUR Steuern angenommen.

Weitere Beispiele sind die fortgesetzte Steuerhinterziehung durch nachgemachte oder verfälschte Belege oder beim Handeln als Bande (mindesten 3 Leute) zur Verkürzung von Umsatzsteuer oder Verbrauchsteuer (z. B. Tabaksteuer, Alkoholsteuer oder Energiesteuer).

Gegen eine Verurteilung wegen Steuerhinterziehung kann Berufung oder Revision eingelegt werden.

Steuerhinterziehung und Verjährung – wann verjährt Steuerhinterziehung?

Steuerhinterziehung verjährt grundsätzlich innerhalb von 5 Jahren ab Beendigung der Tat.

Die Tat ist dann beendet, wenn die Steuerhinterziehung „erfolgreich“ abgeschlossen wurde. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn z. B. aufgrund der falschen Angaben in einer Steuererklärung ein Steuerbescheid erlassen wird, in dem eine zu niedrige Steuer festgesetzt wird.

In den Fällen, in denen es gar nicht zu einem Steuerbescheid kommt, z. B. weil das Finanzamt aufgrund der Nichtabgabe einer Steuererklärung gar keine Kenntnis von dem Fall hat, kann der Zeitpunkt der Beendigung der Steuerhinterziehung und damit der Beginn des Verjährungszeitraums nicht generell sondern nur im Einzelfall bestimmt werden.

Eine Sonderregelung gibt es wiederum für die bereits genannten besonders schweren Fälle von Steuerhinterziehung (großes Ausmaß von 50.000 EUR oder mehr, nachgemachte oder verfälschte Belege und die Hinterziehung vom Umsatzsteuer und Verbrauchsteuer als Bande). In diesen besonders schweren Fällen beträgt die Verjährungsfrist 10 Jahre.

Durch bestimmte Verfahrenshandlungen des Finanzamts, der Staatsanwaltschaft oder des Gerichts wird die Verjährung jedoch unterbrochen. Das bedeutet, dass die 5 Jahre bzw. die 10 Jahre vom Zeitpunkt dieser Verfahrenshandlung erneut zu laufen beginnen.

Solche Verfahrenshandlungen sind z. B. die Vernehmung eines Beschuldigten, ein richterlicher Durchsuchungsbeschluss, ein Erhebung der Anklage oder die Anberaumung einer Hauptverhandlung.

Steuerhinterziehung – Strafverteidiger und Steuerberater

Wenn Sie Unterstützung im Steuerstrafverfahren wegen Steuerhinterziehung oder sonst im Streit mit dem Finanzamt oder der Staatsanwaltschaft benötigen, können Sie sich gerne an mich wenden.

Als Rechtsanwalt, Steuerberater, Fachanwalt für Steuerrecht, Fachanwalt für Strafrecht und Zertifizierter Berater für Steuerstrafrecht (Fernuni Hagen) habe ich mich auf die Verteidigung in Steuerstrafverfahren spezialisiert und arbeite gerne mit Ihnen zusammen.

Rufen Sie mich an, schreiben Sie mir eine E-Mail oder hinterlassen Sie mir gleich hier eine Nachricht.


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