Tachomanipulation beim Gebrauchtwagen
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Was sind ihre Rechte bei einer Tachomanipulation an ihrem Fahrzeug? In welchen Fällen können sie von ihrem Kaufvertrag zurücktreten und in welchen nicht?
Tachomanipulation bei Gebrauchtwagen - Ein verbreitetes Problem in Deutschland
Der Kauf eines Gebrauchtwagens kann eine heikle Angelegenheit sein, insbesondere wenn es um das Thema Tachomanipulation geht. In Deutschland wird geschätzt, dass etwa ein Drittel aller verkauften Gebrauchtfahrzeuge von diesem Problem betroffen sind, was die Relevanz und Dringlichkeit einer umfassenden Aufklärung für Käufer und Verkäufer unterstreicht. Dieser Leitfaden bietet Ihnen eine tiefgreifende Betrachtung der rechtlichen Aspekte, praktische Tipps zur Erkennung von Manipulationen und erläutert, wie Sie Ihre Rechte geltend machen können, sollte der Verdacht auf eine Tachomanipulation bestehen.
Die Tachomanipulation ist nicht nur eine unerlaubte Praxis, die den Wert eines Fahrzeugs ungerechtfertigt erhöht, sondern stellt auch ein ernstzunehmendes rechtliches Problem dar, das zu strafrechtlichen Konsequenzen führen kann. Als Käufer müssen Sie sich der Tatsache bewusst sein, dass die korrekte Laufleistung eines Fahrzeugs ein entscheidender Faktor für den Wert, die Sicherheit und die Lebensdauer des Fahrzeugs ist. Daher ist es von größter Wichtigkeit, sich gegen Betrug zu schützen und zu wissen, wie man im Falle eines Kaufs eines manipulierten Fahrzeugs vorgeht.
In den folgenden Abschnitten gehen wir auf die verschiedenen Facetten der Tachomanipulation ein, von den gängigen Methoden und Werkzeugen bis hin zu den Schritten, die Sie unternehmen können, um sich selbst zu schützen. Darüber hinaus werden wir die rechtlichen Rahmenbedingungen beleuchten, die sowohl beim Kauf von einem gewerblichen Händler als auch von einer Privatperson gelten, und welche Rechtsmittel Ihnen zur Verfügung stehen, um Ihre Interessen zu wahren.
Ausmaß und Methoden der Tachomanipulation
Die Tachomanipulation, eine illegale Praxis, bei der der Kilometerstand eines Fahrzeugs reduziert wird, ist in Deutschland ein weitverbreitetes Delikt. Es wird geschätzt, dass rund 30% der Gebrauchtwagen auf dem Markt betroffene Kilometerzähler aufweisen. Diese Statistik unterstreicht nicht nur die Verbreitung des Problems, sondern wirft auch ein Schlaglicht auf die Notwendigkeit erhöhter Achtsamkeit unter Käufern.
Die Methoden der Tachomanipulation sind vielfältig und reichen von simplen mechanischen Eingriffen bis hin zu ausgeklügelten elektronischen Manipulationen. Moderne Geräte, die in der Lage sind, digitale Tachometer innerhalb von Sekunden zu verändern, können bereits für wenige hundert Euro erworben werden. Diese Geräte, oft nicht größer als ein Handheld-Scanner, werden an den Diagnoseanschluss des Fahrzeugs angeschlossen und können so den Kilometerstand auf einen vom Manipulator gewünschten Wert ändern.
Solche Manipulationen sind nicht nur betrügerisch, sondern auch gesetzeswidrig. Sie führen dazu, dass die Fahrzeuge auf dem Markt zu einem höheren Preis angeboten werden, als es ihrem tatsächlichen Wert entspricht. Für Käufer bedeutet dies nicht nur einen finanziellen Verlust, sondern kann auch sicherheitsrelevante Risiken bergen, da ein falscher Kilometerstand oft eine unzureichende Wartung und mögliche versteckte Mängel verschleiert.
Zudem hat die Tachomanipulation eine breite Palette von Auswirkungen, die von Versicherungsbetrug bis hin zur Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit reichen. Für den Verkäufer kann die Manipulation, wenn sie aufgedeckt wird, ernsthafte rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen, einschließlich Strafverfahren und erheblichen Geldstrafen.
Aufdeckung von Tachomanipulationen: Herausforderungen und Lösungsansätze
Die Identifikation einer Tachomanipulation stellt Käufer und Werkstätten gleichermaßen vor große Herausforderungen. Die fortschrittliche Technologie heutiger Fahrzeuge bedeutet, dass einfache visuelle Inspektionen nicht mehr ausreichen, um Manipulationen aufzudecken. Elektronische Diagnosegeräte und eine gründliche Analyse der Fahrzeughistorie sind erforderlich, um betrügerische Veränderungen des Kilometerstands zu entdecken.
Herausforderungen bei der Aufdeckung
Die primäre Schwierigkeit liegt in der Raffinesse der Manipulationsgeräte, die oft keine physischen Spuren hinterlassen. Selbst für Experten kann es eine Herausforderung sein, ohne spezifische Werkzeuge und Kenntnisse eine Manipulation zu erkennen.
Technische Inspektionen
Eine gründliche technische Überprüfung kann jedoch Hinweise liefern. Zuverlässige Kfz-Werkstätten nutzen fortschrittliche Diagnose-Software, die Unregelmäßigkeiten in den gespeicherten Fahrzeugdaten aufspüren kann. Wichtig ist dabei, dass nicht nur der Tachometer selbst, sondern auch andere Fahrzeugkomponenten, die Kilometerstandsdaten speichern, überprüft werden.
Prüfung der Fahrzeughistorie
Die lückenlose Nachverfolgung der Fahrzeughistorie ist ebenfalls ein entscheidender Schritt. Servicehefte, Reparaturrechnungen und TÜV-Berichte können die tatsächliche Nutzungsgeschichte eines Fahrzeugs offenlegen. Diskrepanzen zwischen den dokumentierten Wartungsarbeiten und dem angezeigten Kilometerstand sind oft eindeutige Indizien für eine Tachomanipulation.
Lösungsansätze
Um Betrug zu vermeiden, sollten Käufer vor dem Erwerb eines Gebrauchtwagens eine unabhängige Inspektion durchführen lassen. Zertifizierte Prüforganisationen und Fachwerkstätten sind hierbei die besten Anlaufstellen. Darüber hinaus kann die Einschaltung eines Kfz-Sachverständigen sinnvoll sein, der nicht nur die technischen Daten überprüft, sondern auch den allgemeinen Zustand des Fahrzeugs und seine Übereinstimmung mit der angegebenen Laufleistung beurteilen kann.
Digitale Servicehefte und Fahrzeugdatenbanken
Die zunehmende Verbreitung digitaler Servicehefte und nationaler sowie internationaler Fahrzeugdatenbanken ermöglicht eine genauere Prüfung der Fahrzeughistorie. Hier können Käufer die Einträge überprüfen und feststellen, ob alle Wartungsarbeiten ordnungsgemäß dokumentiert wurden.
Äußerlicher Allgemeinzustand des PKW als Indiz für Tachomanipulation
Wenn Sie der Meinung sind, dass eine Tachomanipulation bei ihrem Fahrzeug vorliegt und diese dem Vorbesitzer bzw. dem Verkäufer anhand des äußeren Allgemeinzustands hätte klar sein sollen, führt das nicht zwangsläufig zum Erfolg vor Gericht.
Der äußerliche Zustand eines Autos gibt nur wenige Informationen über den tatsächlichen Gesamtzustand und die Laufleistung des Fahrzeuges. Ohne eine genaue Messung des Motors kann eigentlich keine genaue Einschätzung gemacht werden.
Abgesehen davon ist der Gesamtzustand des Fahrzeugs, inklusive möglicher Gebrauchs- und Verschleißspuren, nicht nur abhängig von der Laufleistung des Autos. Auch das Alter des Autos muss beachtet werden, da bei älteren Fahrzeugen grundsätzlich gewisse Abnutzungsspuren entstehen.
Der äußere Allgemeinzustand eines Fahrzeuges hängt jedoch nicht nur von Laufleistung und Alter ab, sondern auch inwiefern das Auto genutzt und auch gepflegt wurde. Bei einer sportlicheren Fahrweise und wenig Pflege wird der Motor stärker abgenutzt, sodass es durchaus möglich ist, dass Autos oder Motoren mit gleichem Kilometerstand komplett unterschiedliche Gebrauchsspuren vorweisen. Daher gehend ist es äußerst schwierig, anhand des äußeren Zustands eines Fahrzeugs eine arglistige Täuschung des Verkäufers festzustellen. (LG Berlin, Urteil vom 01.12.2015)
Rechtliche Lage beim Kauf vom Händler: Was Sie wissen müssen
Wenn Sie ein Fahrzeug von einem gewerblichen Händler erwerben, genießen Sie als Käufer einen erweiterten Schutz durch das Verbraucherrecht. Gewerbliche Händler sind verpflichtet, Fahrzeuge zu verkaufen, die den im Kaufvertrag beschriebenen Eigenschaften entsprechen, und sind an strengere gesetzliche Vorgaben gebunden als private Verkäufer.
Sorgfalts- und Aufklärungspflichten eines Händlers
Ein gewerblicher Händler muss gewissenhaft prüfen, ob der Kilometerstand eines zum Verkauf stehenden Fahrzeugs korrekt ist. Falls der Händler Anlass zur Annahme hat, dass der Tachostand nicht der Realität entspricht, ist er verpflichtet, dies dem Käufer mitzuteilen. Unterlässt er diese Aufklärung, kann das als arglistige Täuschung ausgelegt werden und rechtliche Schritte nach sich ziehen.
Gewährleistung und Garantie
Händler müssen in der Regel eine Gewährleistung für die veräußerten Fahrzeuge übernehmen. Diese Gewährleistung schließt Mängel ein, die zum Zeitpunkt des Kaufs vorhanden waren, einschließlich einer Tachomanipulation. Entdeckt ein Käufer innerhalb der gesetzlichen Gewährleistungsfrist, in der Regel zwei Jahre, eine Tachomanipulation, kann er unter Umständen vom Kaufvertrag zurücktreten oder eine Minderung des Kaufpreises fordern.
Die Rolle der Beschaffenheitsvereinbarung
Besonders wichtig ist die im Kaufvertrag getroffene Beschaffenheitsvereinbarung hinsichtlich des Kilometerstands. Ist die Laufleistung ausdrücklich als Beschaffenheit des Fahrzeugs vereinbart, hat der Käufer bei einer Abweichung starke Rechte. Fehlt eine solche Vereinbarung oder ist sie nur schwammig formuliert, wird die Rechtslage komplizierter.
Auch beim Verkauf von privat an privat ist Vorsicht geboten beim Ausfüllen der üblichen Vertragsformulare. Das OLG Koblenz (Az: 2 U 496/17) entschied am 13.12.2017, dass ein Käufer eines Gebrauchtwagens vom Kaufvertrag zurücktreten kann, wenn die vereinbarte Laufleistung von der tatsächlichen erheblich abweicht. Der Kläger erwarb einen BMW mit einer im Vertrag festgehaltenen Laufleistung von 138.000 km. Später stellte sich heraus, dass das Fahrzeug bereits 197.000 km gelaufen war. Die Laufleistung stellte eine Beschaffenheitsvereinbarung dar, die von einem Gewährleistungsausschluss nicht erfasst wird. Der Beklagte konnte sich daher nicht auf Unwissenheit berufen. Das Gericht bestätigte die Rückabwicklung des Vertrags und berücksichtigte nur eine Nutzungsentschädigung von 4.440,79 Euro.
Wissensmitteilung versus Beschaffenheitsvereinbarung
Manche Händler versuchen, sich durch Formulierungen wie „Kilometerstand laut Vorbesitzer“ oder „laut Tacho“ abzusichern. Hier handelt es sich dann um eine Wissensmitteilung, keine feste Beschaffenheitsvereinbarung. Käufer sollten daher genau auf die Formulierungen im Vertrag achten und bei Unklarheiten Nachbesserung fordern.
Vorsicht ist jedoch geboten, wenn der Händler die Manipulation offenlegt und bezüglich des wahren Kilometerstandes nur eine Schätzung angibt. Das Thüringer Oberlandesgericht (Az: 1 U 239/19) entschied am 29.08.2019, dass ein Käufer eines Gebrauchtwagens keinen Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrags hat, wenn er über die Tachomanipulation informiert war. Der Kläger erwarb den Audi mit einer angegebenen Gesamtlaufleistung von „ca. 195.000 km“ und dem Hinweis, dass der Tacho an die Laufleistung eines Austauschgetriebes von 125.000 km angepasst wurde. Tatsächlich lag die Gesamtlaufleistung des Fahrzeugs bei über 200.000 km. Die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung wies das Gericht zurück, da die Anfechtungsfrist abgelaufen war. Auch ein Rücktritt wegen Sachmangels wurde abgelehnt, da die Manipulation nicht als Mangel gilt, wenn sie offengelegt wurde.
Gleiche Vorsicht gilt für Angaben wie "Tachostand abgelesen". Das OLG Köln (Az: I-5 U 44/14) entschied am 09.09.2014, dass bei einem Gebrauchtwagenkauf die Angabe „Tachostand abgelesen 102.200 km“ im Kaufvertrag nicht als tatsächliche Laufleistung, sondern nur als aktueller Tachometerstand zu verstehen ist. Der Kläger verlangte die Rückabwicklung des Kaufvertrags, da die tatsächliche Laufleistung des Fahrzeugs höher war. Das Gericht wies die Klage ab, da die Beklagte als Privatperson die Haftung für Sachmängel wirksam ausgeschlossen hatte. Ein Mangel wurde nicht bewiesen, da die Klägerseite keine arglistige Täuschung nachweisen konnte und die Laufleistung eindeutig als Tachometerstand deklariert war.
Aufklärungspflicht des Händlers verneint (LG Berlin)
Im Mai 2011 ersteigerte die Käuferin einen Gebrauchtwagen, dessen Kilometerstand 113.748 km betrug, so auch im Kaufvertrag festgehalten.
Die Verkäuferin selbst kaufte das Fahrzeug bereits von einem anderen Verkäufer, in dem gemeinsamen Kaufvertrag war der Kilometerstand von 113.748 km ebenfalls vermerkt, zusätzlich ließ die Verkäuferin zu diesem Zeitpunkt den Fahrzeugschlüssel auslesen, der Kilometerstand lag auch in diesem Fall bei 113.744 km.
Die Käuferin behauptet, das Auto habe zum Erwerbszeitpunkt längst eine Laufleistung von mindestens 450.000 km gehabt. Diese Information habe die Käuferin direkt vom Hersteller, der bei einer Reparaturarbeit am Wagen bereits einen Kilometerstand von 347.975 km vermerkt habe.
Die Käuferin behauptet, sie sei von Seiten der Verkäuferin nicht über den wirklichen Kilometerstand des Fahrzeuges informiert und daher gehend getäuscht worden.
Die Klage der Käuferin hatte keinen Erfolg, da eine arglistige Täuschung der Verkäuferin nicht bewiesen werden konnte. Restliche Gewährleistungsansprüche der Käuferin waren zum Zeitpunkt der Klage bereits verjährt.
Zwar hat die Verkäuferin gegenüber der Käuferin die Pflicht über mögliche Tachomanipulationen aufzuklären, jedoch kann sie dieser Pflicht nur nachgehen, wenn sie daher gehend vom Vorbesitzer über solch mögliche Manipulationen informiert wurde. (LG Berlin, Urteil vom 01.12.2015)
Rücktritt vom Kaufvertrag: Unter welchen Bedingungen ist dieser möglich?
Der Rücktritt vom Kaufvertrag ist eine juristische Maßnahme, die es einem Käufer ermöglicht, sich von einem Kauf zu lösen, sollte sich herausstellen, dass wesentliche Informationen über das Fahrzeug, insbesondere der Kilometerstand, falsch waren. Dieses Recht ist in Deutschland im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelt und bietet dem Käufer Schutz bei arglistiger Täuschung.
Voraussetzungen für den Rücktritt
Ein Rücktritt vom Kaufvertrag ist in der Regel möglich, wenn der Verkäufer wichtige Fahrzeuginformationen, wie den Kilometerstand, bewusst falsch angegeben hat. Dabei muss dem Käufer nachgewiesen werden, dass der Verkäufer von der Tachomanipulation wusste oder zumindest hätte wissen müssen.
Die Bedeutung der Beweislast
Innerhalb der ersten sechs Monate nach dem Kauf liegt die Beweislast beim Verkäufer. Dies bedeutet, dass der Verkäufer beweisen muss, dass das Fahrzeug zum Zeitpunkt des Verkaufs nicht manipuliert war. Nach diesen sechs Monaten kehrt sich die Beweislast um, und der Käufer muss nachweisen, dass die Manipulation bereits vor dem Kauf vorhanden war.
Prozess des Rücktritts
Der Prozess beginnt in der Regel mit einer Mängelanzeige an den Verkäufer, in der der Käufer die Entdeckung der Tachomanipulation mitteilt und den Verkäufer auffordert, den Mangel zu beheben. Reagiert der Verkäufer nicht oder verweigert die Behebung des Mangels, kann der Käufer offiziell vom Kaufvertrag zurücktreten.
Kaufvertragliche Formulierungen
Die konkrete Formulierung im Kaufvertrag spielt eine entscheidende Rolle beim Rücktritt. Ausdrückliche und uneingeschränkte Angaben zum Kilometerstand können als Beschaffenheitsgarantie interpretiert werden, die dem Käufer stärkere Rechte einräumt.
Bedeutung von Garantien und Online-Anzeigen
Im digitalen Zeitalter spielt das Internet eine zentrale Rolle beim Kauf und Verkauf von Gebrauchtwagen. Online-Anzeigen bieten eine Plattform, auf der Verkäufer Fahrzeuginformationen bereitstellen, die für potenzielle Käufer von entscheidender Bedeutung sind. Hierbei ist die Angabe des Kilometerstands ein wesentliches Element, das besondere Aufmerksamkeit verdient.
Garantien beim Online-Kauf
Ein Gebrauchtwagenhändler, der in einer Online-Anzeige spezifische Angaben zum Kilometerstand macht, kann sich damit selbst rechtlich binden. Diese Angaben können als Garantie im rechtlichen Sinne aufgefasst werden, selbst wenn der später unterzeichnete Kaufvertrag keine oder abweichende Angaben zur Laufleistung enthält. Im Streitfall kann der in der Anzeige angegebene Kilometerstand als zugesicherte Eigenschaft geltend gemacht werden, was dem Käufer das Recht einräumt, bei einer Abweichung entsprechende Ansprüche zu stellen.
Bedeutung der Internetanzeige
Die Bedeutung der Internetanzeige kann nicht unterschätzt werden, da sie oft die erste Informationsquelle ist, auf die sich ein Käufer verlässt. Die korrekte Darstellung des Kilometerstands ist daher nicht nur eine Frage der Transparenz, sondern auch des Vertrauens zwischen Käufer und Verkäufer.
Risiken für den Verkäufer
Für den Verkäufer bergen falsche Angaben in Internetanzeigen ein hohes Risiko. Eine bewusste Falschangabe kann als arglistige Täuschung ausgelegt werden und den Verkäufer zu Schadensersatz verpflichten oder den Käufer zum Rücktritt vom Kaufvertrag berechtigen.
Erwerb über Internetanzeige eines Händlers (OLG Düsseldorf)
Nachdem der Käufer über eine Internetanzeige ein Fahrzeug erworben hatte, bemerkte er, dass der Tachostand manipuliert worden war. Der Gebrauchtwagenhändler hatte in der Verkaufsanzeige einen Kilometerstand von 137.800 km angegeben, obwohl das Fahrzeug einen Kilometerstand von 270.000 aufzeigte. Nach der Ansicht des Oberlandesgerichts Düsseldorfs müsse sich der Verkäufer an den Angaben, die er in der Internetanzeige machte, festhalten lassen, selbst dann, wenn im Kaufvertrag selbst keine Angaben mehr zur Laufleistung gemacht werden würden. Mit der Angabe der Laufleistung mache der Verkäufer eine Beschaffenheitserklärung, so der Richter. Dies gelte vor allem bei einem Internetkauf, da der Käufer in diesem Fall keine Möglichkeit hätte das Fahrzeug selbst zu untersuchen oder untersuchen zu lassen. (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 15.11.2012)
Abweichungen beim angezeigten Kilometerstand und wirklicher Laufleistung des Fahrzeugs (LG Bielefeld)
Im Februar 2013 erwarb ein Käufer nach kurzer Besichtigung einen Porsche 996 Carrera 4 über ein Internetportal. In der Anzeige wurde das Fahrzeug als scheckheftgepflegt beschrieben. Im Kaufvertrag wurde ein Kilometerstand von 62.000 km vereinbart. Zusätzlich erwarb der Käufer eine Sportauspuffanlage, die später angebracht wurde.
Der Käufer tankte gelegentlich Super-Kraftstoff statt des empfohlenen Super-Plus. Kurz darauf traten Getriebeprobleme und ein kaputter Katalysator auf. Der Käufer stellte dem Verkäufer eine Rechnung über 2.142 Euro für einen neuen Katalysator. Er behauptete, der Porsche sei entgegen der Anzeige nicht scheckheftgepflegt und wies zudem Unfallspuren wie frische Lackierungen und unprofessionell angebrachte Radläufe auf.
Eine Überprüfung ergab zudem einen tatsächlichen Kilometerstand von 77.208 km. Die Klage des Käufers hatte Erfolg: Der Verkäufer muss 33.353 Euro gegen Rückgabe des Fahrzeugs zahlen. Der Wagen war bereits bei Übergabe mangelhaft, unter anderem wegen der nicht offengelegten Kilometerstandabweichung und reparierter Lack- und Blechschäden. (LG Bielefeld, Urteil vom 23.12.2014)
Privatkauf und die Schwierigkeit des Gewährleistungsausschlusses
Beim Kauf eines Gebrauchtwagens von einer Privatperson gestaltet sich die rechtliche Situation anders als beim Kauf von einem gewerblichen Händler. Oftmals wird beim Privatkauf die Gewährleistung im Kaufvertrag ausgeschlossen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass der Verkäufer in jedem Fall von der Haftung für Mängel befreit ist, insbesondere wenn es um Tachomanipulation geht.
Gewährleistungsausschluss beim Privatkauf
Ein standardmäßiger Gewährleistungsausschluss im Kaufvertrag schließt in der Regel Sachmängel aus, die nach dem Kauf entstehen. Sollte jedoch der Verkäufer den Käufer über den Zustand des Fahrzeugs getäuscht haben, insbesondere bei einer vorsätzlichen Tachomanipulation, kann der Gewährleistungsausschluss unwirksam sein.
Beweisführung und Nachweis
Die Herausforderung beim Privatkauf besteht darin, dass der Käufer beweisen muss, dass der Verkäufer von der Tachomanipulation wusste. Dies kann durch die Kontaktaufnahme mit früheren Besitzern, die Prüfung der Servicehistorie oder durch technische Untersuchungen geschehen.
Rechtliche Schritte bei Täuschung
Wird eine Tachomanipulation nachgewiesen und kann dem Verkäufer eine arglistige Täuschung nachgewiesen werden, so sind rechtliche Schritte wie der Rücktritt vom Kaufvertrag oder Schadensersatzansprüche möglich. Dies kann jedoch ein komplexes und langwieriges Unterfangen sein, weshalb rechtlicher Beistand empfohlen wird.
Strafrechtliche Konsequenzen von Tachomanipulation
Tachomanipulation stellt nicht nur ein zivilrechtliches, sondern auch ein strafrechtliches Delikt dar, das ernsthafte Konsequenzen für den Täter nach sich ziehen kann. In Deutschland wird die vorsätzliche Manipulation des Kilometerstandes eines Fahrzeugs gemäß § 263 StGB als Betrug gewertet und kann mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafen geahndet werden.
Strafrechtliche Verfolgung
Die Strafverfolgungsbehörden nehmen Fälle von Tachomanipulation sehr ernst, da diese das Vertrauen in den Gebrauchtwagenmarkt untergraben und Käufer finanziell schädigen. Bei Verdacht auf Tachomanipulation ist es daher wichtig, dass Käufer Anzeige erstatten, damit die Behörden ermitteln und die Verantwortlichen zur Rechenschaft ziehen können.
Auswirkungen auf den Verkäufer
Für den Verkäufer eines manipulierten Fahrzeugs bedeutet dies ein hohes Risiko. Selbst wenn der Verkäufer nicht der Urheber der Manipulation ist, kann er bei Kenntnis davon und ohne dies dem Käufer mitzuteilen, als Mittäter oder Gehilfe belangt werden.
Zivilrechtliche vs. Strafrechtliche Konsequenzen
Es ist wichtig, zwischen zivilrechtlichen und strafrechtlichen Konsequenzen zu unterscheiden. Während zivilrechtliche Ansprüche auf Schadensersatz oder Rücktritt vom Kaufvertrag abzielen, zielen strafrechtliche Sanktionen darauf ab, den Täter zu bestrafen und als Abschreckung zu dienen.
Verbot der Manipulations-Geräte
Die Produktion und auch der Handel der Tachomanipulations-Geräte sind in Deutschland bisher erlaubt. Ein Verbot der Geräte würde in Deutschland nichts bringen, da die Anbieter häufig im Ausland sitzen. Direkte Werbung für die Manipulation von Kilometerständen ist sowohl in Zeitungen und Internet verboten. Trotzdem wird dieses Verbot oftmals umgangen, so dass dennoch Anzeigen für Tacho-Manipulation zu finden sind.
Tachomanipulation beim Gebrauchtwagen: Häufig gestellte Fragen (FAQ)
1. Was versteht man unter Tachomanipulation? Tachomanipulation bezeichnet die illegale Veränderung des Kilometerstandes eines Fahrzeugs, um es jünger und wertvoller erscheinen zu lassen.
2. Wie häufig tritt Tachomanipulation in Deutschland auf? Schätzungen zufolge sind etwa 30% der in Deutschland verkauften Gebrauchtwagen von Tachomanipulation betroffen.
3. Welche Methoden werden zur Tachomanipulation eingesetzt? Sowohl mechanische Eingriffe als auch elektronische Manipulationen mit speziellen Geräten werden verwendet, um den Kilometerstand zu reduzieren.
4. Wie kann ich erkennen, ob der Kilometerstand manipuliert wurde?Anzeichen können ein abgenutzter Innenraum trotz niedriger Laufleistung, fehlende oder unvollständige Servicehefte und Unstimmigkeiten in Wartungsdokumenten sein.
5. Welche rechtlichen Konsequenzen drohen bei Tachomanipulation?Tachomanipulation ist in Deutschland strafbar und kann mit Geldstrafen oder Freiheitsstrafen geahndet werden.
6. Welche Rechte habe ich als Käufer bei entdeckter Tachomanipulation? Sie können vom Kaufvertrag zurücktreten, den Kaufpreis mindern oder Schadensersatz fordern.
7. Wie gehe ich vor, wenn ich Tachomanipulation vermute? Kontaktieren Sie einen Sachverständigen zur Begutachtung und ziehen Sie rechtlichen Beistand in Betracht.
8. Kann ich den Verkäufer haftbar machen? Ja, insbesondere wenn der Verkäufer von der Manipulation wusste oder sie selbst durchgeführt hat.
9. Wie kann ich mich vor Tachomanipulation schützen? Kaufen Sie bei seriösen Händlern, prüfen Sie Fahrzeugdokumente sorgfältig und lassen Sie das Fahrzeug von einem Fachmann inspizieren.
10. Ist Tachomanipulation bei Privatverkäufen häufiger? Tachomanipulation kann sowohl bei privaten als auch bei gewerblichen Verkäufen vorkommen; Vorsicht ist in beiden Fällen geboten.
11. Welche Rolle spielt das Serviceheft bei der Aufdeckung von Tachomanipulation? Ein lückenlos geführtes Serviceheft kann Hinweise auf die tatsächliche Laufleistung geben und Manipulationen aufdecken.
12. Kann eine Fahrzeughistorie im Internet bei der Aufdeckung helfen? Ja, Online-Dienste bieten oft Informationen zur Fahrzeughistorie, die Unstimmigkeiten im Kilometerstand aufzeigen können.
13. Welche technischen Möglichkeiten gibt es, um Tachomanipulation festzustellen? Diagnosegeräte können Steuergeräte auslesen und so Hinweise auf Manipulationen liefern.
14. Welche gesetzlichen Regelungen existieren gegen Tachomanipulation? In Deutschland ist Tachomanipulation gemäß § 22b des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) verboten und strafbar.
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