Tägliches Stoßlüften: Mehr als sechs Lüftungsvorgänge sind für den Mieter unzumutbar

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Die Schimmelbildung in der Mietwohnung ist sicherlich eins der häufigsten, aber auch schwierigsten Themen bezüglich Mietmängel.

Liegt Schimmel in der Mietwohnung vor, wird auf Vermieterseite schnell behauptet, dass dieser durch ein falsches Lüftungsverhalten seitens der Mieter entstanden sei.

Hierzu hat nun das Landgericht Berlin bereits im April letzten Jahres (nachzulesen unter Az. 65 S 400 / 15) eine für die Mietparteien hilfreiche Entscheidung getroffen. Im Leitsatz heißt es hierzu:

„Mietern ist es nicht zumutbar, täglich mehr als sechs Stoßüftungsvorgänge vorzunehmen. Dabei kommt es allein auf die Häufigkeit des Lüftens an. Diese ist nicht mit den in der Wohnung lebenden Personen zu multiplizieren“.

Der Sachverhalt ist relativ einfach: Der Mieter stellte Schimmel in der Wohnung und zwar in mehreren Zimmern fest. Daraufhin verlangte er von seinem Vermieter die Beseitigung des Schimmels. Diese wurde vom Vermieter verweigert unter Berufung auf ein falsches Lüftungsverhalten des Mieters. Ein bereits vom Amtsgericht eingeholtes Sachverständigengutachten kam zu folgendem Ergebnis: Bei der Bauweise des Hauses, in dem die streitbefangene Wohnung liegt, handelt es sich um eine dichte Bauart. Bauzeitbedingt ging es um ein Höchstmaß an Dichtigkeit. Die Frage der Entlüftung war damals zweitrangig. Nach Auffassung des Sachverständigen hat dies zur Folge, dass von den jeweiligen Mietern ein angepasstes Lüftungsverhalten gefordert ist um Schimmelbildung zu vermeiden. 6-8 Mal müsste der Mieter pro Tag stoßlüften, um eine Schimmelbildung zu vermeiden. Bereits in der ersten Instanz hatte das Amtsgericht ein solches Lüftungsverhalten für den Mieter als unzumutbar angesehen.

Die Entscheidung hat auch in der zweiten Instanz, vor dem Landgericht Berlin bestand:

Die Berliner Richter führen aus, dass aufgrund der ausgesprochen dichten Kunststofffenster in der Wohnung der erforderliche Luftaustausch zum Abtransport der beim Wohnen eingebrachten Feuchtigkeit ausschließlich durch das Lüftungsverhalten der Nutzer erfolgen kann. Nur mehr als sechs Lüftungsvorgänge, pro Tag, wohlgemerkt, führen zu einer sicheren Verhinderung von Schimmelbefall. Es muss immer stoßgelüftet werden, d.h. durch vollständiges Öffnen der Fenster. In der hier streitbefangenen Wohnung hat der Mieter gemeinsam mit seiner Ehefrau und drei Töchtern gewohnt.

Dies führt zu einem Lüftungsaufwand, der von einem Mieter weder als üblich vorhergesehen werden noch verlangt werden kann. Nach Auffassung der Berliner Richter ist es Aufgabe des Vermieters im Rahmen seiner Verpflichtung, dem Mieter ein vertragsgerechtes Wohnen zu ermöglichen. Das bedeutet aber auch, dass der Vermieter ein Raumklima zu schaffen hat, indem es ausreicht, die Wohnung dreimal täglich zu lüften. Ist dies nicht gewährleistet, hat der Vermieter unabhängig davon, dass das Anwesen keine baulichen Mängel im Sinne der Bauordnung aufweist, für entsprechende zusätzliche Entlüftungsvorrichtungen zu sorgen.

Fazit

Bereits andere Landgerichte haben entschieden, dass es auch für berufstätige Mieter durchaus zumutbar ist täglich 3-4 Mal stoßzulüften. Alles, was darüber hinausgeht, um die Schimmelbildung in der Wohnung zu vermeiden, ist jedoch überobligatorisch, sodass hier ein Mangel der Mietwohnung vorliegen kann. Dem Mieter muss durch ein normales Wohnverhalten möglich sein, Schimmel in der Wohnung zu vermeiden. Ist dies nicht möglich, wird es Sache des Vermieters sein, dieses herzustellen.


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